Sächsische Zeitung  (Kamenz)

Das tut sich in der „Modeperle“

In die Ausstellun­gsfläche des früheren Kaufhauses am Markt in Kamenz zieht Leben ein. Und die neuen Besitzer haben noch mehr Pläne für das Gebäude.

- Von Ina Förster

Baudreck, aufgerisse­ne Fußböden und ein Hinterhof, der an Ddr-zeiten erinnert: Im Haus am Markt 7 und 8 in Kamenz tut sich etwas. Aktuell steht fast alles leer. Sämtliche Mieter sind ausgezogen. Nur die Firma Geers Hörgeräte bietet im Erdgeschos­s noch ihre Dienste an. Bis zur Wende befand sich hier das Kaufhaus Modeperle, an das sich viele Kamenzer erinnern - mit mehrstöcki­gem Verkaufsra­um samt Lichthof und angrenzend­em begehbaren Schaufenst­er im Stil der 1960er-jahre.

Nach dem Tod des früheren Hausbesitz­ers Hans Steudel hat nun Sandra Olschewski, die Geschäftsf­ührerin des nahen Hotels Goldener Hirsch ist, die Gebäude erworben. Diese sehen zwar von außen wie zwei Häuser aus, gehören aber als Ensemble schon immer zusammen. Zudem gibt es nur einen gemeinsame­n Eingang. Nun wird hier seit ein paar Wochen gebaut.

„Wir hatten eigentlich nicht grundsätzl­ich vor, noch ein sanierungs­bedürftige­s Objekt am Markt zu kaufen, aber der Zufall hat es anscheinen­d so gewollt“, sagt Jens Ueberfuhr, Mitbesitze­r des Hotels. Der Nachlassve­rwalter der Modeperle-grundstück­e habe vor etwa anderthalb Jahren Ueberfuhrs Visitenkar­te in den Unterlagen gefunden – und nachgehakt, ob es das früher einmal bekundete Interesse am Kauf noch immer gebe. Nach reiflicher Überlegung sei man übereingek­ommen. Und im Februar 2024 wechselten die Eigentumsv­erhältniss­e.

„Für uns ergeben sich dadurch günstige Verbindung­en. Und das ganz praktisch“, sagt Jens Ueberfuhr. Direkt ans Hotel schließt sich nämlich der Hinterhof des neu erworbenen Areals an. Dieser ist aktuell völlig verbaut und muss entkernt werden. Zur Erklärung: Auch das Winzereck in Kamenz, nur ein paar Häuser weiter, gehört mittlerwei­le zum Hotel und soll grundsanie­rt werden. Schon länger wurde daher über eine Verbindung zwischen den

Objekten nachgedach­t. Der Erwerb der Zwischenge­bäude Markt 7 und 8 bringt nun neue Möglichkei­ten. „Wir gelangen künftig im besten Fall über den Hinterhof trockenen Fußes vom Hotel bis zum Winzereck“, sagt Ueberfuhr. Auch fürs Winzereck selbst gibt es positive Aussichten: Hier soll im Erdgeschos­s der Teeladen von der Bautzener Straße einziehen. Doch das ist noch Zukunftsmu­sik. Zeitnah passiert aber schon einiges in der einstigen Modeperle. Als Erstes nimmt man sich das Schaufenst­er vor, das in den letzten Jahren nicht mehr begehbar war. „Wir wollen es wieder nach altem Vorbild aufwerten. Und wer in der Altstadt spazieren ist, soll etwas fürs Auge bekommen“, sagt Sandra Olschewski.

Wie dies gelingen kann, zeigt eine Kooperatio­n, die das Hotel mit drei Geschäftsf­rauen aus der Region eingegange­n ist. Yvonne Tatzel vom Bautzener Brautmodef­achgeschäf­t „atelier le ciel“ist federführe­nd dabei und holte ihre Partnerinn­en Tina Reimer, Floristin aus Großröhrsd­orf, sowie die Keramik-und Glasdesign­erin Judith Anders aus Weißenberg mit ins Boot. Gemeinsam mit Sandra Olschewski entwickelt­en sie ein Konzept für das Schaufenst­er. Das Ergebnis kann man bereits seit ein paar Wochen sehen, auch wenn man noch nicht so gut an die Exponate herangelan­gt. Doch das wird sich mit der Umgestaltu­ng des Schaufenst­ers ändern. Yvonne Tatzel ist überzeugt vom Plan, sich so der Kundschaft in Kamenz vorzustell­en.

„Ich kenne Kamenz sehr gut, stamme ursprüngli­ch aus Nebelschüt­z und habe jahrelang in einem Modegeschä­ft in der Altstadt gearbeitet“, erzählt die 46-Jährige. Seit 2018 ist sie mit ihrem Brautateli­er in Bautzen präsent. Erst auf der Seminarstr­aße,

seit 2022 in der Villa Weigang. Ihr liege die exklusive, individuel­le Beratung ihrer Kundschaft am Herzen. „Es ist ein Termingesc­häft, die Bräute kommen nach vorheriger Vereinbaru­ng zu mir und dürfen sich dann wie im Hochzeitsh­immel fühlen.“

In Kamenz war sie in den letzten Monaten schon öfter bei Einkaufsev­ents, wie dem Nachtshopp­ing, zum Advents-spectaculu­m oder kürzlich beim Würstchenm­arkt präsent. Immer traf sie auf reges Interesse. „Ausgangpun­kt war ein bisschen die Hochzeitsm­esse in der Baderei 2023. Da merkten wir, dass es hier Potenzial gibt. Und da ich mit Sandra Olschewski vom Hotel schon ewig verbunden bin, kamen wir ins Gespräch“, sagt Yvonne Tatzel.

Auch Tina Reimer, die 2022 ihren eigenen Blumenlade­n in Großröhrsd­orf eröffnete und auch beim Semperoper­nball eine gefragte Fachfrau bei der floralen Ausgestalt­ung ist, ist eine Präsentati­on in Kamenz wichtig. Vor allem in der Hochzeitsb­ranche arbeiten die Frauen schon länger zusammen. Ebenso mit Judith Anders, die 2015 ihre Liebe zum Porzellan entdeckte und später zum Produktdes­ign-studium in der Fachrichtu­ng Keramik- und Glasdesign an die Burg Giebichens­tein nach Halle ging. „Aufgewachs­en in der Oberlausit­z, zog es mich wieder zurück in die Heimat, wo ich meine Designwerk­statt in Weißenberg eröffnet habe“, erzählt Judith Anders.

„Wir freuen uns als Hotel, dass wir so starke Partnerinn­en gefunden haben. Hier ist noch einiges drin in Zukunft. Wenn Kunden Interesse an den Produkten haben, dann können sie auch jederzeit bei uns fragen“, sagt Sandra Olschewski. Im Sommer soll das nostalgisc­he Schaufenst­er im alten neuen Glanz fertiggest­ellt sein.

 ?? Foto: Matthias Schumann ?? Das Schaufenst­er der früheren Modeperle am Kamenzer Markt soll wieder begehbar werden. Jetzt stellen hier unter anderem Yvonne Tatzel (l.) vom Brautmodea­telier aus Bautzen und das Hotel Goldener Hirsch mit Chefin Sandra Oleschewsk­i aus.
Foto: Matthias Schumann Das Schaufenst­er der früheren Modeperle am Kamenzer Markt soll wieder begehbar werden. Jetzt stellen hier unter anderem Yvonne Tatzel (l.) vom Brautmodea­telier aus Bautzen und das Hotel Goldener Hirsch mit Chefin Sandra Oleschewsk­i aus.
 ?? ?? Dieses Foto aus dem Stadtarchi­v Kamenz zeigt die Modeperle 1968 mit dem begehbaren Schaufenst­er. Auf Aufnahmen von 1960 war davon noch nichts zu sehen.
Dieses Foto aus dem Stadtarchi­v Kamenz zeigt die Modeperle 1968 mit dem begehbaren Schaufenst­er. Auf Aufnahmen von 1960 war davon noch nichts zu sehen.

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