„Wir haben die Schnauze voll“
Am Ende des Spiels kippt die Stimmung. Die Dynamo-fans stellen erst die Gesänge ein, dann brennt es auf den Rängen.
Die Stimmung war gespenstisch. Im-kblock brannte es nach der Niederlage gegen Viktoria Köln, Dynamo-fans hatten Teile der beeindruckenden Choreografie, die vor dem Anpfiff an den Zweitliga-aufstieg vor 20 Jahren erinnerte, angezündet. Ordner versuchten mit Feuerlöschern, die Flammen zu ersticken. Der Qualm breitete sich über die Tribünen aus. Unter den mehr als 30.000 im Harbig-stadion feierten nur die 38 mitgereisten Fans aus Köln. Der Rest schwieg. Als die Dynamo-mannschaft Richtung K-block schlich, setzte ein Pfeifkonzert ein. Bereits vorher hatten die Anhänger „Wir haben die Schnauze voll“skandiert, den Rauswurf des Trainers forderten sie jedoch nicht.
Die Geduld war bei einigen Stadionbesuchern bereits nach knapp einer Stunde aufgebraucht, als sie die teils unbeholfenen
Angriffsbemühungen mit Pfiffen begleiteten. Nach dem zweiten Gegentor in der 80. Minute stellte die organisierte Fanszene geschlossen die Gesänge ein.
Auch die Spieler konnten kaum in Worte fassen, was passiert war. „Ich bin gerade sprachlos“, sagte Verteidiger Lars Bünning, bevor er die Partie doch noch in drei knappen Sätzen zusammenfasste: „Schlechter Auftritt. Wir können uns nur entschuldigen. Ende.“Das Ende von Anfang meinte er aber wohl nicht. Mit jeder Spielminute, die verstrich, so wirkte es, wuchs bei den Dresdnern die Verunsicherung. Das erste Mal aufs Tor schossen sie nach 33 Minuten. „Es reicht nicht. Das waren nicht wir, so wollen wir nicht auftreten“, sagte Bünning.
Als komplettes Gegenteil präsentierten sich die Kölner. „Ich habe die Jungs vorher gefragt, ob wir etwas defensiver spielen wollen“, erzählte Trainer Olaf Janßen und hatte dabei wohl die 1:5-Niederlage im Hinspiel im Kopf. „Wollten sie aber nicht, sondern um ihr Leben rennen und das Spiel genießen.“Das konnte man sehen. Janßen war in der Saison 2013/14 Trainer von Dynamo und mit der Mannschaft abgestiegen. Zehn Jahre später konnte er mit Viktoria in Dresden „den Klassenerhalt perfekt machen. Darüber bin ich stolz und glücklich.“Und Janßen sorgte zumindest indirekt für die Entlassung von Anfang.
Dass der Treffer zum 0:1 nach einer Fehlentscheidung des Schiedsrichters fiel, war am Ende dieses denkwürdigen Nachmittags nicht mehr als eine Randnotiz. Der Kölner Stefano Russo hatte in der Entstehung Tom Zimmerschied zu Fall gebracht, Schiri Max Burda zögerte erst, pfiff jedoch nicht. Simon Handle verwandelte die Eingabe zum 1:0 (67.). „Es war meiner Meinung nach ein Foul“, sagte Zimmerschied, dieser Sicht schloss sich selbst Janßen an. In der 80. Minute schloss Andre Becker schließlich einen schönen Konter zum 2:0Endstand ab. Und für Anfang war es das Ende bei Dynamo. (Sz/dk)