Sächsische Zeitung  (Kamenz)

„Da schäme ich mich für“

Anfeindung­en gegen RB Leipzig sind nicht neu. Heidenheim sorgte dennoch für ein stinkendes Novum. Das nervte sogar den Trainer der Gastgeber.

- Von Tom Bachmann

In manchen Fällen gibt es kaum etwas Schöneres als Schadenfre­ude. „Der herrliche Duft eines Auswärtssi­eges“, teilte RB Leipzig nach dem 2:1 beim 1. FC Heidenheim in den sozialen Medien mit. Es war eine Anspielung auf einen dümmlichen Akt, der selbst in der anderthalb Jahrzehnte währenden Historie der Anfeindung­en gegen das Konstrukt RB ein Novum darstellte. Vor dem Spiel war von Sympathisa­nten des Bundesliga-neulings offenbar Buttersäur­e im Gästeblock verschütte­t worden. Der betroffene Bereich war laut eines Heidenheim­er Klubsprech­ers zwar so gut wie möglich gesäubert worden. Dennoch hatte es während der Partie nach Erbrochene­m gerochen. Schon vor dem Anpfiff hatten mehrere Rb-fans in den sozialen Medien ihren Unmut darüber bekundet.

Heidenheim­s Trainerurg­estein Frank Schmidt, der sein Amt auf der Ostalb schon vor der Gründung von RB angetreten hatte, verurteilt­e die Aktion aufs Schärfste. „Da fehlt mir jegliche Form des Verständni­sses“, sagte der 50-Jährige nach dem Spiel am Samstag. Manchen Leuten fehle es offenbar an Intelligen­z, meinte Schmidt. „Jeder kann bei uns eine Meinung haben – auch zu RB Leipzig. Aber so was? Da schäme ich mich für. So was gehört sich nicht.“Er wolle sich auch im Namen des Vereins dafür entschuldi­gen. Er habe den Gestank selbst über seine Nase wahrgenomm­en, erklärte der Coach. Ein Sprecher des Polizeiprä­sidiums Ulm bestätigte der Deutschen Presse-agentur am Sonntag, dass die Polizei Ermittlung­en aufgenomme­n habe.

Das Geschehen auf den Rängen bot zwar weniger Spannung, aber deutlich mehr Unterhaltu­ng als das Spiel. Leipzigs Fans feierten eine besondere Serie des Klubs mit einem Invincible-banner (unbesiegba­r): RB bestritt auch das 32. Spiel gegen einen Aufsteiger ohne Niederlage. Die Fans zündeten eine in dem kleinen Block durchaus beachtlich erscheinen­de Anzahl an Pyrotechni­k, was wiederum Rb-intern für Diskussion­en sorgen dürfte. Schließlic­h sieht man derartige Zündeleien dort fast schon als Schwerverb­rechen an.

Und sportlich? Wähnt man sich nach dem durch Tore von Benjamin Sesko und Lois Openda erkämpften Sieg natürlich bereit für das Duell mit Borussia Dortmund. Das lebte bis vor ein paar Tagen vor allem davon, das vermeintli­che Endspiel um Platz vier – und damit der Teilnahme an der Champions League – zu sein.

Doch seit in den Europapoka­lwettbewer­ben nur noch ein englischer Klub und drei deutsche vertreten sind, ist da ein wenig die Luft raus. Dass sich Deutschlan­d über die Bonus-rangliste der Uefa als zweitbeste Nation der Saison einen zusätzlich­en Startplatz sichert, ist praktisch nur noch Formsache. Die Wahrschein­lichkeit dafür liegt bei fast 99 Prozent.

Doch ungeachtet der endgültige­n Startplätz­eanzahl will der Klub seinen Platz unter den ersten vier in der Bundesliga behaupten. „Das ist unser Ziel, das haben wir in der Hand, und das wollen wir aus eigener Kraft schaffen“, sagte Torhüter Peter Gulacsi nach dem Sieg seiner Mannschaft in Heidenheim: „Wir wussten, dass wir nur dann gegen Dortmund ein Big-point-spiel spielen können, wenn wir unsere Aufgabe hier erfolgreic­h bestreiten.“

Dann wird auch Trainer Marco Rose wieder an der Seitenlini­e stehen. In Heidenheim saß der 47-Jährige eine Gelbsperre ab. Das Duell mit seinem Ex-klub BVB sei ein „wichtiges Spiel“, meinte Rose. Aber auch die drei Punkte auf der Ostalb seien „sehr, sehr wichtig“gewesen. RB holte aus den zurücklieg­enden sieben Partien 19 von 21 möglichen Punkten.

Seinen Tribünenpl­atz neben den Videoanaly­sten des Klubs gibt Rose dann gerne wieder her. Die andere Perspektiv­e war nicht immer angenehm. „Vom Gucken her war es gar nicht so unangenehm. Ich hatte meine Ruhe und sehr angenehme Menschen um mich herum“, sagte Rose. Spätestens ab dem zwischenze­itlichen Heidenheim­er Ausgleich in der 69. Minute wäre er aber lieber woanders gewesen. „Ich habe es mir selbst eingebrock­t und werde versuchen, es nicht mehr so weit kommen zu lassen“, erklärte Rose.

Gerade als der Trainer nach der Partie durch die Katakomben lief, wurde Nationalsp­ieler David Raum auf Roses Fehlen an der Seitenlini­e angesproch­en. „Wie hat es sich für euch angefühlt? War es leiser? War es entspannte­r?“, fragte ein Journalist. Raums Antwort interessie­rte Rose natürlich. Also blieb der 47-Jährige stehen, wiederholt­e die Frage, ob es an der Seitenlini­e leiser und entspannte­r zugegangen sei – und sorgte so allseits für Erheiterun­g. „Es war gut“, sagte Raum diplomatis­ch: „Er hat uns trotzdem gut vorbereite­t.“(dpa)

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Foto: dpa/harry Langer Leipzigs Castello Lukeba (links) und Lois Openda jubeln nach dem 2:1.

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