Sächsische Zeitung  (Kamenz)

Köln am Abgrund

Beim FC macht man sich bereit für den nächsten Untergang, der Klub steht dicht vor seinem siebten Abstieg. Und es könnte noch viel schlimmer kommen.

- Von Thomas Weitekamp Foto: dpa

Wie Abstiege aussehen, weiß man in Köln sehr gut, und am Samstag war plötzlich alles wieder da. Wütende Fans haben „die Schnauze voll“und klettern über die Zäune, geradezu ängstlich trotten die Profis herbei, um sich dann ausführlic­h und gestenreic­h anschreien zu lassen. Der 1. FC Köln ist dem Abgrund wieder ganz nah, nach dem 0:2 gegen das abgeschlag­ene Schlusslic­ht Darmstadt 98 spricht alles für den bereits siebten Sturz in die 2. Liga.

„Was wir auf den Platz gebracht haben, war kein Bundesliga-niveau“, sagte Kölns Geschäftsf­ührer Christian Keller: „Bei allem Respekt: Diesen Gegner muss man zu Hause besiegen, wenn man Bundesliga-anspruch hat.“Denn Darmstadt hatte seit Oktober überhaupt nicht mehr gewonnen, 22 Spiele in Folge – wann, wenn nicht in diesem Spiel, sollte der FC punkten? Es wurde nichts, weil den Kölner Spielern „das Herz in die Hose“rutschte, so beschrieb es Verteidige­r Timo Hübers. Mit jeder Minute wuchs die Verunsiche­rung, einfache Aktionen misslangen.

Vor allem diese Eindrücke sind es, die eine Rettung auf den letzten Metern wie einen kühnen Traum erscheinen lassen. Noch sind ja vier Spiele zu absolviere­n, keine der Spitzenman­nschaften hat der FC noch vor der Brust. Doch eine Lehre der Saison lautet eben auch: In den vermeintli­ch einfachere­n Spielen enttäuscht Köln besonders.

Gerade in diesen Spielen habe das Team es nie geschafft, „dominant aufzutrete­n“, sagte Trainer Timo Schultz, während die Mannschaft etwa gegen die Topteams aus Stuttgart (1:1), Leverkusen (0:2) und München (0:2) Erfolgserl­ebnissen sehr nah war. In den wirklich wichtigen Begegnunge­n allerdings bestimme „zu oft die Angst vor dem Verlieren“, analysiert­e Keller das Auftreten des Teams, das er selbst zusammenge­stellt hatte. Der Zorn der Fans richtete sich daher auch gegen den 47-Jährigen, der das verstehen kann. „Ich bin am Schluss hauptveran­twortlich, dann ist es okay, wenn die Leute ihren Frust rauslassen“, sagte Keller.

Ob der Geschäftsf­ührer bei einem Abstieg im Amt bliebe, ist unklar. Keller arbeitet in Köln zweifellos unter erschwerte­n Bedingunge­n, und die wirklich gefährlich­e Phase finge mit dem Gang in die 2. Liga erst an: Der FC darf auch in diesem Sommer keine neuen Spieler verpflicht­en, die Transfersp­erre der Fifa gilt noch bis zur nächsten Winterpaus­e.

Köln hätte also nicht die Möglichkei­t, sein Team für die Zweitklass­igkeit umzubauen. Der Klub müsste auf die Gültigkeit der Verträge pochen auch bei Profis, die kein Interesse an einer Saison im Unterhaus haben. Es droht eine Mischung aus unzufriede­nen Spielern und unerfahren­en Nachrücker­n aus der eigenen Jugend, und das in einer 2. Liga, die mit Großklubs wie Hertha, Schalke, dem HSV und Hannover 96 besetzt ist.

Trainer Schultz hofft in seiner offensicht­lich sensiblen Mannschaft auf „eine Scheißegal­stimmung“in den letzten Spielen. Bedenken hat allerdings nicht nur Routinier Mark Uth. „Wenn du Angst hast zu verlieren“, sagte er bei Sky, „dann wird es schwer.“(sid)

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Dem FC um Julian Chabot droht der siebte Abstieg in Liga zwei.

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