Sächsische Zeitung  (Kamenz)

Olympiasta­rts trotz Dopingverg­ehen

Chinesisch­e Top-schwimmer wurden vor den Spielen in Tokio mit einer verbotenen Substanz erwischt. Doch die Wada stellte die Ermittlung­en einfach ein.

- Von Gerald Fritsche

Nach Recherchen der Ard-dopingreda­ktion und der New York Times sowie einem Bericht der australisc­hen Zeitung Daily Telegraph waren 23 Top-schwimmeri­nnen und -Schwimmer bei einem nationalen Wettkampf in China Anfang 2021 positiv auf das Herzmittel Trimetazid­in getestet worden. Bei Olympia in Tokio gewann das 30-köpfige chinesisch­e Team 2021 sechs Medaillen, darunter dreimal Gold.

Die Wada hatte die Ermittlung­en nach eigenen Angaben mit der Begründung eingestell­t, dass den Sportlern nach einem „mehrwöchig­en Überprüfun­gsprozess“weder Verschulde­n noch Fahrlässig­keit anzulasten sei. Strafen seien nicht verhängt worden. Der chinesisch­en Anti-dopingagen­tur Chinada zufolge sind die positiven Doping-tests auf Verunreini­gungen in einer Hotelküche zurückzufü­hren.

„Wenige Monate vor den Olympische­n Spielen muss der im Raum stehende Verdacht des Wegschauen­s oder gar Vertuschen­s schnellste­ns umfassend aufgeklärt werden. Wenn ein so schwerwieg­ender Dopingverd­acht besteht, dann muss dieser unabhängig durch die Wada geprüft werden“, erklärte Nancy Faeser. Sollte sich bestätigen, dass die Schwimmeri­nnen trotz zuvor nachgewies­ener Dopingmitt­el in Tokio Olympiasie­gerinnen werden konnten, dann wäre das ein Desaster für den Weltsport, sagte die deutsche Innenminis­terin.

Die Wada nannte die Berichte in einer am Samstag veröffentl­ichten Stellungna­hme „irreführen­d und möglicherw­eise diffamiere­nd“und kündigte gegebenenf­alls rechtliche Schritte an. Man sei im Juni 2021 von der chinesisch­en Anti-doping-agentur Chinada informiert worden, dass die Schwimmeri­nnen und Schwimmer positiv auf TMZ getestet worden seien, nachdem sie der Substanz durch Kontaminat­ion versehentl­ich ausgesetzt gewesen seien. Aufgrund von damaligen Corona-einschränk­ungen sei es der Wada allerdings nicht möglich gewesen, die Untersuchu­ngen vor Ort in China durchzufüh­ren.

Nach Prüfung aus der Ferne sah sich die Anti-doping-organisati­on nicht in der Lage, die China-theorie zu widerlegen. „Wir haben sogar neue Informatio­nen zur Pharmakoki­netik und zum Stoffwechs­el von TMZ beim Hersteller eingeholt und mehrere Hypothesen getestet“, erklärte Olivier Rabin, Medizin-direktor der Wada.

Trimetazid­in hilft dabei, die Sauerstoff­zufuhr zum Herzmuskel zu verbessern und die Herzfunkti­on zu unterstütz­en – so kann die Ausdauer gesteigert werden. Seit 2014 steht der sogenannte Stoffwechs­elmodulato­r auf der Verbotslis­te der Wada.

Vor dem Dopingskan­dal um die russische Eiskunstlä­uferin Kamila Walijewa bei Winter-olympia in Peking 2022 war der bekanntest­e Fall mit Trimetazid­in der von Chinas Schwimmsta­r Sun Yang im Mai 2014 – kurz nach dem Wada-verbot – mit einer Sperre von drei Monaten. Wegen anderer Doping-vergehen ist der dreimalige Olympiasie­ger mittlerwei­le rückwirken­d von 2020 an für vier Jahre gesperrt. (dpa)

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23 Chinesinne­n und Chinesen sollen vor Tokio gedopt gewesen sein.

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