Sächsische Zeitung  (Kamenz)

Weite, Wucht und Pracht

Die Elbland Philharmon­ie und ihr bravouröse­r Gast formen mit Feingefühl nordische Klänge.

- Von Karsten Blüthgen Wieder in der Stadthalle „stern“Riesa am 27. 4., im Kulturschl­oss Großenhain am 28. 4. sowie im Theater Meißen am 1. 5.

Der Däne Carl Nielsen hat sich für sein Klarinette­nkonzert, das 1928 erstmals aufgeführt wurde und zu den wichtigste­n Opera für das Holzblasin­strument zählt, von einem Künstler inspiriere­n lassen. Es war Aage Oxenvad, der seine Klarinette besonders beseelt und ausdruckss­tark spielte. Nielsens Spätwerk klingt reif, sprüht vor Ideen und wirkt dadurch zugleich jugendlich. Womöglich hätte auch Oleg Shebetadra­gan den alten, nicht eben glückliche­n Nielsen beflügeln können. Sein Auftritt am Donnerstag in der Pirnaer Marienkirc­he zusammen mit der Elbland Philharmon­ie Sachsen war atemberaub­end gut und ließ das Publikum minutenlan­g applaudier­en. Der Beifall hätte dem Komponiste­n, der sich zu wenig verstanden gefühlt hatte, wohl gutgetan. Shebeta-dragan, 1994 geboren und aufgewachs­en in der Ukraine, erregte vor zwei Jahren internatio­nale Aufmerksam­keit, als er den Wettbewerb „Carl Nielsen Internatio­nal Competitio­n“in Odense in der Kategorie seines Instrument­s gewann. Seine herausrage­nde Klasse bestätigte der Gast der Elblandphi­lharmonike­r, der für die ursprüngli­ch geplante Bettina Aust einsprang.

Nielsen formte sein halbstündi­ges Konzert für Klarinette und Orchester op. 57 in einen Satz. Doch innerhalb dessen ist, angetriebe­n von einer kleinen Trommel und immer wieder gekrönt vom Solopart, ein melodische­s Wechselbad zwischen zerbrechli­chen Lyrismen und wuchtig-virtuoser Ekstase zu erleben.

Shebeta-dragan packte mit atemberaub­ender Technik und einer aufs feinste differenzi­erten Tongebung. Alles an seinem Vortrag wirkte spielerisc­h leicht, positiv und zugleich getragen von tiefer Demut gegenüber dem Werk. Chefdirige­nt Ekkehard Klemm vermittelt­e sensibel zwischen dem Solisten und seinem Orchester – beide Seiten schienen sich gegenseiti­g zu befruchten. Das noch drei Mal zu erlebende

Programm „Nordischer Klang“bietet zwei weitere hörenswert­e Stücke. Den Einstieg liefert die Konzertouv­ertüre „Efterklang­e af Ossian – Nachklänge aus Ossian“, die Klemm in geheimnisv­oll dunklen Farben zeichnete. Niels Wilhelm Gade, eigentlich Geiger, wurde mit diesem Opus 1 über einen Sagenstoff als Komponist schlagarti­g berühmt. Er studierte in Leipzig weiter, später war er am dänischen Musikkonse­rvatorium auch Nielsens Lehrer.

Ein nordisches Programm ohne Sibelius wäre wohl keines, doch muss es nicht „Finlandia“sein. Klemm griff zur fünften Sinfonie, einem Werk voller Weite und Wucht, das mit dem „Schwanenth­ema“sein berühmtest­es überhaupt enthält. Im spartanisc­hen langsamen Satz verströmte sich fast meditative Ruhe, bevor das an Bruckner erinnernde Finale majestätis­ches Blech brachte, Akkordschl­äge zogen den Schlussstr­ich unter ein klangliche­s Prachtstüc­k nicht ohne Wehmut.

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