Prostituierte und Nonne
Kurze rote Haare und ein selbstbewusster Blick: Seit ihrem Hit „Irma La Douce“ist Shirley Maclaine ein Star. Die Schauspielerin wird 90.
Shirley Maclaine entsprach nie dem Muster der klassischen Hollywoodschönheit. Eher war sie ein Mädchen von nebenan – nett und kampfbereit. Und das ist aus ihrer Sicht ein Plus: „Da ich nie eine von diesen betörenden Hollywood-beautys war, habe ich mich sehr schnell darauf besonnen, gute Rollen an Land zu ziehen. Und so bin ich wohl das geworden, was man eine Charakterschauspielerin nennt“, sagte sie vor einigen Jahren. Am Mittwoch wird die Schauspielerin 90 Jahre. In ihrer langen Karriere schlüpfte sie in viele Rollen. In Billy Wilders „Das Mädchen Irma la Douce“(1963) ist sie eine Prostituierte, in „Ein Fressen für die Geier“(1970) eine Nonne an der Seite von Clint Eastwood. Ihre Fahrstuhlführerin Fran in Wilders Komödie „Das Appartement“(1960) gestaltet sie als anrührende Figur: Maclaine mischt wunderbar Schwermut mit Witz. Das gelingt ihr auch in William Wylers Schwarzweiß-drama „Infam“(1961), in dem sie als Lehrerin an der Seite von Audrey Hepburn gegen üble Nachrede kämpft – bis zum Suizid.
1983 beeindruckt sie in „Zeit der Zärtlichkeit“, einer Komödie mit tragischen Zügen, als eigensinnige Mutter von Debra Winger. Dafür wird sie mit einem Oscar ausgezeichnet.
Shirley Maclean Beaty kommt 1934 in Richmond in Virginia zur Welt, ihre Mutter war Schauspiellehrerin. Früh ändert sie den Nachnamen Maclean zu Maclaine, während ihr drei Jahre jüngerer Bruder Warren sich Beatty mit zwei „t“nennt. Auch er ist ein Schauspielstar.
Schon als Dreijährige bekommt Shirley Ballettstunden, mit 18 Jahren geht sie als Tänzerin nach New York. Als sie am Broadway in dem Musical „The Pajama Game“auf der Bühne steht, wird Alfred Hitchcock auf sie aufmerksam, und er setzt sie in seiner schrillen Komödie „Immer Ärger mit Harry“(1955) ein. Mit Erfolg, Maclaine bekommt einen Golden Globe als beste Nachwuchsdarstellerin. Unzählige Auszeichnungen sollten folgen, darunter ein Oscar, sechs Golden Globes, eine Goldene Kamera und zwei Silberne Bären.
Mit 20 heiratet sie den Produzenten Steve Parker, wird 1956 Mutter einer Tochter, Stephanie Sachiko Parker, die beim Vater aufwächst. Shirley Maclaines Liebesaffären sind legendär. Politisch engagiert sie sich in den 1960er-jahren für Bürgerrechte und gegen den Vietnamkrieg. Auch in der Frauenbewegung ist sie aktiv.
Shirley Maclaine steht zu ihrem Alter und übernimmt gern Rollen, die dazu passen. In der Fantasy-komödie „Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“(2013) glänzt sie als Mutter von Hauptdarsteller Ben Stiller. In „Bernie – Leichen pflastern seinen Weg“(2011) mimt sie eine reiche Witwe und in „Valentinstag“eine glücklich Großmutter.
Sichtlich Spaß hat sie in der Komödie „Zu guter Letzt“: Shirley Maclaine ist die Witwe Harriet, die noch zu Lebzeiten einen Nachruf auf sich in Auftrag gibt. Das Problem der Journalistin: Niemand spricht positiv über die harsche Dame.
Seit den 1970er-jahren schreibt Shirley Maclaine Bücher. Ihre Autobiografie trägt den Titel „Raupe mit Schmetterlingsflügeln“. Viele ihrer mittlerweile 16 Werke behandeln spirituelle und esoterische Themen. Maclaine gilt als exzentrisch, mit einer intensiven Neigung zur Spiritualität. Sie glaubt fest an die Reinkarnation. „Ich bin dem Schicksal gegenüber frei von Furcht“, sagte sie einmal: „Solange es Hunde und gute Komödien in meinem Leben gibt, solange bin ich glücklich.“(epd) verliebte