Bergretter versorgen verletzte Kameradin
Eine Wanderin bleibt mit dem Fuß in einer Wurzel hängen, bricht sich beide Unterschenkelknochen. Glück im Unglück: Zwei ihrer Begleiter sind Bergretter.
Mit dick umwickeltem und geschientem Fuß ging für Halina Heinrich aus Oderwitz am 1. Mai ein Kletter- und Wanderurlaub in der polnischen Berggruppe Góry Sokole (Falkenberge) zu Ende. Beim Abstieg rutschte sie auf einem steilen, mit leichtem Split belegten Weg aus, verfing sich mit einem Fuß in einer Wurzel und stürzte. Der Fuß schmerzte stark, Heinrich konnte kaum auftreten. An einen selbstständigen Abstieg bis zum Auto war nicht mehr zu denken. Doch die 70-Jährige hatte Glück, denn zwei ihrer Begleiter sind ausgebildete Bergretter: Gunter Zimmer und Mike Hultsch engagieren sich ehrenamtlich für die Bautzener Bergwacht und waren selber in dem polnischen Gebiet, zwölf Kilometer östlich von Jelenia Góra nicht weit vom Dreiländereck entfernt, klettern.
„Als Bergretter haben wir immer eine gewisse Grundausrüstung dabei, auch auf privaten Ausflügen“, erklärt Gunter Zimmer. Dazu gehört neben Verbänden und Pflastern auch ein sogenannter Sam-splint, das ist ein Alublech mit Schaumstoff vorne und hinten, mit dem sich verletzte Arme oder Beine vorübergehend schienen lassen.
Zimmer und Hultsch legten Halina Heinrich den Splint an und fixierten ihn mit einer Binde. „Es war wichtig, dass wir den Fuß erst einmal ruhigstellen und Schmerzfreiheit gewährleisten“, erklärt Zimmer. Bergwanderer, die keine derartige Ausrüstung haben, hätten in dieser Situation nur die Möglichkeit gehabt, die polnische Bergrettung zu rufen. Immerhin: Hat der zu Rettende tatsächlichen körperlichen Schaden erlitten, zahle den Einsatz in der Regel die Krankenkasse. Anders ist das, wenn verirrte, aber unverletzte Wanderer sich retten lassen: Dann droht eine Teilbeteiligung an den Rettungskosten.
In diesem Fall mussten die Retter nicht erst herbeigerufen werden. Gunter Zimmer und Mike Hultsch bauten eine provisorische Trage, indem sie einen starken Ast durch die Tragegurte ihrer Rucksäcke steckten und die Verletzte darauf sitzend einen Kilometer bis zur Waldschranke trugen. Dort wartete ihr Mann Volker Heinrich,
Inhaber des Sportgeschäftes in Oderwitz, bereits mit dem Auto. „Wir mussten dann im Auto dafür sorgen, dass der Fuß nicht aufstößt“, erklärt Bergretter Gunter Zimmer weiter. Halina Heinrich kam auf direktem Wege ins Zittauer Krankenhaus.
Die Ärzte stellten fest: Die beiden Unterschenkelknochen Schienbein und Wadenbein waren gebrochen – eine heftige Verletzung, die auch den Kreislauf der Frau stark belastet hatte. Zimmer und Hultsch gaben ihr deshalb bei der Rettungsaktion auch regelmäßig zu trinken. Die Operation fand am nächsten Tag statt, knapp eine Woche später wurde Halina Heinrich entlassen.
Im Landkreis Bautzen sind Bergrettungseinsätze eher die Ausnahme, erklärt Gunter Zimmer. Die sechs aktiven beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) in Bautzen angesiedelten Retter übernehmen aber jährlich drei Wochenenddienste für den Drk-kreisverband Sebnitz in Kurort Rathen in der Sächsischen Schweiz und sind dort tags wie nachts bereit zur Alarmierung. Eine Zukunft habe die Bautzener Bergwacht allerdings kaum, denn es fehle der Nachwuchs. Bislang haben die Bautzener aber schon so manchen Kletterer und Wanderer in der Sächsischen Schweiz gerettet. Beispielsweise eine tschechische Sportlerin, die sich am Kletterfelsen Onkel im Gebiet der Schrammsteine das Knie verletzt hatte und mit dem Rettungshubschrauber an den Fuß der Schrammsteine transportiert wurde.