Wann zieht er endlich aus?
Junge Männer lösen sich schwerer von ihren Müttern als Töchter. Irgendwann wird das zum Problem. Und dann?
Eigentlich möchte sich Katharina verkleinern. Sie hat ein hübsches Haus mit Garten im Südwesten Berlins. Doch der 60Jährigen wird das alles zu viel. „Ich würde mir gern eine kleinere Wohnung suchen“, sagt sie, „aber was soll ich mit Andreas machen?“Andreas ist Ende 20 und wohnt wieder bei der Mutter. Er hat einige Semester außerhalb Berlins studiert. Corona hat ihn in sein Elternhaus zurückgetrieben. Seit drei Jahren wohnt und arbeitet er nun von zu Hause aus. Die Tochter ist längst ausgezogen. Vater und Mutter leben getrennt. Katharina – die wie alle Mütter und Söhne in diesem Text in Wirklichkeit anders heißt – wünscht sich, dass auch Andreas endlich auf eigenen Beinen steht. „Jeden Tag denke ich, wann zieht er endlich aus?“, sagt sie.
Eigentlich gehören junge Bundesbürger im Eu-vergleich zu denen, die ihr Elternhaus vergleichsweise früh verlassen. Nach Schätzungen der Eu-statistikbehörde Eurostat sind junge Deutsche im Schnitt 23,8 Jahre alt, wenn sie ausziehen. In Italien liegt das Durchschnittsalter bei 30 Jahren. Was auffällt: Auch in Deutschland werden Töchter eher flügge als ihre Brüder. Während junge Frauen im Schnitt mit 23 Jahren einen eigenen Haushalt gründen, passiert das bei jungen Männern erst mit 24,5 Jahren. In Berlin ist die Nesthocker-quote höher. Im vergangenen Jahr wohnten fast 30 Prozent der 18- bis 30-Jährigen noch bei ihren Eltern. Auch hier betrifft das deutlich mehr junge Männer als Frauen. In Brandenburg waren es sogar über 40 Prozent der jungen Erwachsenen.
Erwachsene Söhne rechtfertigen das Zusammenleben mit sachlichen Argumenten. „Meine Mutter hat eine große Wohnung“, sagt Chris. „Da wäre es doch Quatsch, wenn ich mir eine eigene Bude suche“. Chris ist 26. Vor 13 Jahren ist der Vater gestorben. Seitdem leben er und seine Mutter Sandra allein in einem großen alten Fachwerkhaus im Ruhrgebiet. Sandra ist Ärztin und hat viel zu tun. „Ich helfe Mutter“, sagt Chris. „Sie soll sich nicht um alles kümmern müssen.“Er kauft ein und kocht. Doch ganz so einfach ist das nicht. „Ich werde niemals sagen können: Geh weg“, sagt die 62-Jährige. Würde ihr Mann noch leben, wäre Chris wahrscheinlich längst ausgezogen. Aber jetzt ist das anders. Sandra will dem Sohn nicht wehtun. „Nach dem Tod des Vaters hat er Angst, mich auch noch zu verlieren.“
Natürlich gebe es externe Faktoren, warum junge Männer noch oder wieder bei der Mutter leben, weiß Claus Koch. In der Pandemie seien viele Studenten wieder zu ihren Eltern gezogen. Hinzu kämen die hohen Mieten in den Städten. Und auch Bequemlichkeit könne eine Rolle spielen, warum sich Söhne im Hotel Mama einquartieren. Doch so richtig überzeugt keines der Argumente den Diplom-psychologen.
„Eigentlich haben Kinder das Bedürfnis, sich ein eigenes Leben aufzubauen“, gibt Koch zu bedenken. Er ist Mitbegründer des Pädagogischen Instituts Berlin und hat ein Buch über das Leben und die Bindung junger Menschen zwischen 18 und 30 Jahren geschrieben. „Und auch wenn äußere Zwänge für ein Zusammenleben sprechen, muss man den Absprung schaffen“, mahnt er. Denn nur in seltenen Fällen funktioniert das Zusammenleben reibungslos. Voraussetzung ist, dass sich Eltern und Kinder auf Augenhöhe begegnen. Aber häufiger ist es, dass Eltern und Kinder wieder in alte Rollen zurückfallen.
Eine Studie der London School of Economics zeigt, dass Eltern leiden, wenn Kinder nach einem Auszug wieder bei ihnen einziehen. Die „Bumerang-generation“schränke die Lebensqualität der Eltern massiv ein. „Wenn Kinder das Elternhaus verlassen, verbessern sich die ehelichen Beziehungen und die Eltern finden ein neues Gleichgewicht“, berichtet Marco Tosi, einer der Studienautoren. Sie genießen diese Lebensphase und finden neue Hobbys. „Wenn erwachsene Kinder wieder bei ihnen einziehen, ist das eine Verletzung dieses Gleichgewichts.“
Genervte Eltern? Das Thema trifft einen wunden Punkt. Hollywood hat das Nesthocker-problem aufgegriffen und gibt im Blockbuster „Zum Ausziehen verführt“mit Starbesetzung mehr oder weniger hilfreiche Tipps.
Die enge Bindung schränkt nicht nur die Mutter ein. Sie kann auch dem Sohn schaden. „Ein junger Mann, der mit 30 noch zu Hause wohnt, hat Schwierigkeiten, selbstständig zu werden und eine Partnerschaft aufzubauen“, warnt Koch. Kinder durchlaufen normalerweise zwei Phasen auf dem Weg, selbstständig zu werden. Die erste Phase beginnt in der Pubertät, die zweite mit dem Auszug aus dem Elternhaus. Kinder bauen dann oft eigene Partnerschaften auf, stehen auf eigenen Füßen. „Verpasst der Sohn diesen Moment, kann das den Prozess der Verselbstständigung stören“, warnt Psychologe Claus Koch. Wie löst man das Problem? Man sollte ehrlich miteinander sprechen, rät Koch. „Es war schön mit dir. Du kannst jederzeit vorbeikommen, aber du musst dein Leben selbst in die Hand nehmen“, wäre eine Möglichkeit, das Gespräch zu beginnen.
Der Antrag des schwer kranken Schauspielers Heinz Hoenig (72) zur Aufnahme in die gesetzliche Krankenkasse ist abgelehnt worden. Das sagte seine Ehefrau Annika Hoenig (39) in der Rtl-sendung Stern TV am Sonntag. Die Voraussetzungen seien nicht gegeben. Sie wisse nun nicht, wie es weitergehen solle, sagte sie. Fans und Kollegen hatten im Rahmen einer Spendenaktion mehr als 150.000 Euro für Hoenig gespendet, um die Kosten für bevorstehende Operationen zu decken. Seine Ehefrau zeigte sich dankbar: „Er hat früher gutes Geld verdient und hätte Vorsorge treffen können, ja“, sagte Annika Hoenig. Er habe immer alles selbst zahlen müssen – und irgendwann seien die Reserven aufgebraucht. Nach Medienberichten hat bei Hoenig eine bakterielle Entzündung einen Stent im Herz beschädigt, die Aorta müsse ausgewechselt werden. (dpa)