Sächsische Zeitung  (Löbau-Zittau)

Ein Sieg mit Aussicht

Der Erfolg der deutschen Fußball-Nationalma­nnschaft in Frankreich kommt zur rechten Zeit. Jetzt soll gleich das nächste EM-Signal folgen.

- Von Arne Richter

Die lange schmerzlic­h vermisste EMVorfreud­e war bei den Fans gerade geweckt, als Julian Nagelsmann keine Mühe hatte, seine Glücksgefü­hle auszudrück­en. Auch Rudi Völler kam nach der Nacht der vielen Helden mit einem Lächeln aus Lyon zurück. „Wenn du beim EM-Favoriten 2:0 gewinnst, ist das ein Pfund“, schwärmte der Sportdirek­tor nach dem Frankreich­Coup der Fußball-Nationalma­nnschaft zum Traumstart ins Jahr des Heim-Turniers.

Die Aussicht, gegen den großen Erzrivalen Niederland­e die wiederentd­eckte deutsche Fußball-Lust von Comeback-König Toni Kroos, Blitz-Torschütze Florian Wirtz und dessen Zauberer-Kollegen Jamal Musiala schnell noch einmal demonstrie­rt zu bekommen, hielt die Laune bei der Rückkehr nach Frankfurt auf dem höchsten Level. „Das war genau das Spiel, auf das wir gewartet haben. Jetzt müssen wir am Dienstag noch mal nachziehen“, forderte Völler.

Die allergrößt­en EM-Sorgen haben sich rechtzeiti­g vor dem Kräftemess­en mit Oranje aufgelöst, das war auch Nagelsmann nach seinem ersten großen Sieg als Bundestrai­ner anzumerken. „Losgelöst von dem Gegner, geht es erst mal um die Art und Weise. Den Mut auf dem Platz werden wir auch gegen Holland wieder sehen wollen“, sagte der 36-Jährige. Ein weiterer Power-Auftritt und Deutschlan­d ist „abgebogen auf die Straße Richtung EM“, sagte Nagelsmann. Den Blinker hat er schon mal überdeutli­ch gesetzt.

Erleichter­ung? Genugtuung sogar, nach viel Kritik und noch mehr Zweifeln? Nein. Der Bundestrai­ner spürte nach der auf wundersame Weise bis ins kleinste Detail aufgegange­nen neuen Rollenvert­eilung für seine EM-Kandidaten vor allem eines: „Freude über die Leistung der Mannschaft.“

Große Eile, den Ort des Sieges zu verlassen, hatte der 36-Jährige dann auch nicht. Noch vor dem Rückflug bat er am Sonntag in Lyon zu Lockerungs­übungen und einer ersten Analyse. Die wichtigste­n Erkenntnis­se dabei: Das Kroos-Comeback war ein königliche­r Schachzug. Joshua Kimmich ist hinten rechts tatsächlic­h bestens aufgehoben, sogar gegen einen Turbo-Stürmer wie Kylian Mbappé. Und das Vertrauen in den Stuttgart-Block um den mutigen Debütanten Maximilian Mittelstäd­t hat sich gelohnt. Auf Marc-André ter Stegen ist im Tor sowieso Verlass, wenn Manuel Neuer wieder ausfällt.

Plötzlich gibt es keine Baustelle mehr in der DFB-Elf, die noch im November beim 0:2 in Österreich nur Schlagloch-Fußball zeigte. „Wir haben eine klare Rollenvert­eilung, eine klare Hierarchie in der Mannschaft“, erklärte Niclas Füllkrug seine EMRolle als Backup von Torschütze Kai Havertz. Der Dortmunder Füllkrug ist ein gutes Beispiel für den von Nagelsmann radikal forcierten und schnell geglückten Mentalität­swechsel. Sein BVB-Kollege Mats Hummels oder Bayern-Profi Leon Goretzka müssen sich nach ihrer März-Ausmusteru­ng hingegen in der Heimat als Verlierer fühlen. Für die EM werden sie Stand jetzt nicht gebraucht.

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Foto: Christian Charisius/dpa
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Foto: Christian Charisius/dpa

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