Sächsische Zeitung (Löbau-Zittau)
Rückkehrerin aus Berlin eröffnet Ergotherapie in Löbau
Tina Wnetrzak hat 16 Jahre in Berlin gelebt und ist mit ihrer Tochter nach Löbau zurückgekommen. Ihr früherer Chef hat ihr den Neustart möglich gemacht.
Tina Wnetrzak ist wieder „zu Hause“angekommen. In Löbau. „Ich habe 16 Jahre in Berlin gelebt und wollte immer – irgendwann – zurück“, erzählt die 40-Jährige. Und jetzt ist dieses Irgendwann tatsächlich da. Eine echte Großstadtpflanze sei sie ohnehin nie geworden. Vor rund einem halben Jahr hat sie den Schritt zurück gewagt. Nach einer Zeit erneut als angestellte Ergotherapeutin führt sie nun eine eigene Praxis – mitten im Löbauer Zentrum.
Nach Ostern hat Wnetrzak ihre Ergotherapie in der Inneren Zittauer Straße eröffnet – gleich über einer Sicherheitsfirma im 1. Stock. Selbst eine eigene Praxis führen, das sei eigentlich gar nicht so richtig der Plan gewesen, sagt sie. Aber jetzt ist sie froh über die eigenen Räume und Gestaltungsfreiheiten. Diese Freiheiten hat sie vor allem deshalb, weil sie sich um Abrechnungs-Bürokratie nicht komplett allein kümmern muss. Sie hat nämlich eine „Filiale“ihres Berliner Arbeitgebers in Löbau eröffnet. „Als ich damals meinem Chef gesagt habe, dass ich nach Löbau zurückgehen möchte, war er nicht begeistert und hat zunächst nur so aus Spaß gesagt, ich könne ja eine Niederlassung dort gründen“, erzählt Tina Wnetrzak. Am Ende ist es – über Umwege – dann tatsächlich so gekommen. Insgesamt acht Jahre hat die Ergotherapeutin in der Berliner Praxis gearbeitet, dort auch Verantwortung übernommen. „Es war ein kleines Team, aber wir haben uns sehr gut verstanden – am Ende waren es vor allem die Kollegen, die mich in Berlin gehalten haben“, sagt sie. Aber der Wunsch, wieder näher zu den Verwandten nach Löbau zu ziehen, war nicht nur bei ihr, sondern auch bei ihrer Tochter groß und so fasste sie im vergangenen Herbst den Entschluss und brach ihre Zelte in der Hauptstadt ab. „Wir waren bisher einmal im Monat hier in Löbau – jetzt machen wir es mit Berlin so“, erklärt Tina Wnetrzak.
Dass es in Löbau Bedarf an Ergotherapeuten gibt, hat sie bei ihren Vorstellungsbesuchen bei Ärzten, in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen rasch herausgehört. Und so hofft sie, dass sich ihr Terminkalender rasch füllt – mit Kassenpatienten, aber auch mit Privatpatienten. Die Chance ist hoch, denn Ergotherapie ist viel mehr als das Klischee von der „Bastel-Therapie“, das wohl vielen aus früheren Zeiten noch im Kopf herumschwirrt: „Ergotherapie hilft den Menschen, größtmögliche Selbstständigkeit wiederzuerlangen“, sagt sie. Dabei geht es zum einen um das Neu-Erlernen von Bewegungsmustern. Das betrifft Kinder, die motorische Entwicklungsverzögerungen haben oder nicht wissen, ob sie Links- oder Rechtshänder sind, ebenso wie
Erwachsene, die nach Schlaganfällen oder durch Parkinson oder Demenz Wichtiges verlernt haben. „Gerade in Berlin war ich viel in Pflegeheimen unterwegs“, erzählt Tina Wnetrzak.
Ein anderer, wichtiger Aspekt sind Konzentrationstrainings, die ebenfalls nicht nur für Kinder mit Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom eine Rolle spielen. Hinzu kommt die Handbehandlung, die Wnetrzak anbietet: Menschen mit Arthrose oder Patienten nach einer OP, einem Hundebiss oder einem Knochenbruch müssen Bewegungen und Beweglichkeit wieder erlernen, die Hand muss mobilisiert werden. Um Tinnitus, Depressionen oder Ängste oder auch Konzentrationsstörungen zu behandeln, bietet Wnetrzak zudem auch Neurofeedback an. Dabei wird der Patient „verkabelt“, um auch kleinste Hirnaktivitäten anzuzeigen und den Patienten damit zu helfen, gezielter und motivierter an einer Verbesserung zu arbeiten.
„Ergotherapie ist so vielseitig“, sagt die Löbau-Rückkehrerin, deshalb habe sie sich damals nach der Schule auch dafür entschieden. „Aber Anfang der 2000er Jahre, als ich fertig war mit der Ausbildung, gab es hier einfach keine Jobs“, erinnert sie sich und ergänzt mit einem Augenzwinkern: „Und mit Anfang 20 war Löbau sowieso langweilig.“Das würde sie so heute nicht sagen: Nach einer Zeit, in der „ich das Gefühl hatte, dass Löbau immer mehr einschläft“, tue sich seit ein, zwei Jahren etwas, hat sie festgestellt: Neue Geschäfte oder Dienstleister eröffnen – auch Bekannte von ihr sind dabei. Den Stadtsport-Gründer von der anderen Seite der Inneren Zittauer Straße kennt Tina Wnetrzak aus der Schulzeit. „Das hat mich ermutigt“, sagt sie. Und über Facebook, Instagram & Co. ist sie jetzt auch mit anderen Neugründerinnen in Löbau vernetzt.