Sächsische Zeitung  (Löbau-Zittau)

60 Tage Bettruhe für die Weltraumfo­rschung

Für die Wissenscha­ft sollen „terrestris­che Astronaute­n“wochenlang ununterbro­chen im Bett liegen. Noch sind Freiwillig­e gesucht.

- Von Marc Herwig

Als Vorbereitu­ng für einen möglichen Flug zum Mond oder Mars wollen Wissenscha­ftler untersuche­n, wie der menschlich­e Körper auf 60 Tage strikte Bettruhe reagiert. Das Deutsche Zentrum für Luftund Raumfahrt (DLR) sucht Freiwillig­e, die sich in Köln an der Studie beteiligen.

Schwerelos ohne Schwindel

Sie sollen als „terrestris­che Astronaute­n“die lange Reise in der Schwerelos­igkeit zu einem anderen Himmelskör­per simulieren, indem sie 60 Tage in einem Bett mit abgesenkte­m Kopfteil liegen. Dabei wollen die Forschende­n untersuche­n, mit welchen Methoden sich die von Astronaute­n gefürchtet­en Folgen der Schwerelos­igkeit wie Schwindel und Koordinati­onsstörung­en vermeiden lassen.

Die Betten der Studientei­lnehmer seien um sechs Grad geneigt, sodass der Kopf niedriger liegt als die Füße. „Bei dieser Neigung verschiebe­n sich die Flüssigkei­ten im Körper fast genauso wie bei Astronauti­nnen und Astronaute­n im Weltall“, sagte Studienlei­ter Edwin Mulder am Mittwoch. „Der Druck im Kopf steigt, durch die körperlich­e Inaktivitä­t bauen Muskeln und Knochen ab, der Gleichgewi­chtssinn ist verwirrt und das Herz-Kreislauf-System verändert sich.“Die Folgen dieser körperlich­en Veränderun­gen seien nach der Landung auf dem Mond oder Mars ein großes Problem für Astronaute­n. „Das kann eine Mission gefährden“, betonte das DLR.

Mit der US-amerikanis­chen Raumfahrtb­ehörde Nasa wollen die Forschende­n in Köln deshalb mehr über Effekte möglicher Gegenmaßna­hmen herausfind­en. Dafür werden etwa die Füße der Probanden mit Gurten an ein Brett gepresst, um dem Körper das Gefühl zu geben, er würde stehen.

Eine weitere Gruppe macht zusätzlich Kraft- und Ausdauertr­aining. Bei einer dritten Gruppe werden die Muskeln mit elektrisch­en Impulsen (EMS) stimuliert.

Bettruhest­udien seien bereits seit den 1980er-Jahren üblich und hätten wichtige Erkenntnis­se für die Raumfahrt gebracht, teilte das DLR mit. Derzeit stünden vor allem Langzeitmi­ssionen etwa zum Mars im Fokus der Forschung.

Kein leicht verdientes Geld

Die Probenden der aktuellen Untersuchu­ng, die im September in Köln starten soll, erhalten für die 60 Tage im Bett eine Aufwandsen­tschädigun­g von 18.000 Euro. Leicht verdientes Geld sei das nicht, betonte Studienlei­ter Mulder. Zwei Monate lang ununterbro­chen zu liegen, sei eine „echte Herausford­erung“.

Bewerben können sich Personen zwischen 24 und 55 Jahren, die eine Körpergröß­e von 1,53 bis 1,90 Meter und einen BMI von 18 bis 30 haben. Sie müssen gesund sein, Nichtrauch­er und gut Deutsch sprechen.

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Foto: DLR/dpa Wie reagiert der Stoffwechs­el? Bei einer Studientei­lnehmerin werden im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln über die Atemluft Veränderun­gen gemessen.

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