Sächsische Zeitung (Löbau-Zittau)
„Ich bin Putin-Unterstützer“
Der rechtsextreme Journalist Jürgen Elsässer tritt bei einer Kundgebung auf dem Markt offen für den Kriegsverbrecher ein – unter dem Jubel der Menschen, die „Frieden“fordern.
Ein in der Initiative rechtsextremer Protest nahm am Sonnabendnachmittag den Zittauer Stadtring und den Markt in Beschlag. Unter dem Motto „Oberlausitz für den Frieden – gemeinsam für die Freiheit“hatten sich laut Polizei rund 500 Personen erst um 15 Uhr an der Schauburg versammelt, zogen um den Stadtring und versammelten sich anschließend auf dem Markt.
Initiiert hatte das die Aktion „Blaue Welle“des als rechtsextrem eingestuften „Compact-Magazins“. Dessen Chefredakteur Jürgen Elsässer war auch Hauptredner auf der Bühne. Und der ließ keinen Zweifel daran, wie man die „Friedensforderungen“und Friedenstaube-Fahnen in dem Aufzug zu verstehen hatte. Er propagierte den Überfall Putins auf die Ukraine als nützlich für Deutschland. „Ich bin kein Putinversteher – ich bin ein Putin-Unterstützer“, rief Elsässer von der Bühne. Ihm gefalle die Außenpolitik Putins, sich von Nato und Amerikanern nichts gefallen zu lassen. Dann folgte Reichsbürger-Rhetorik: „Deutschland ist ein besetztes Land. Und die Amerikaner sind unsere Besatzer.“Daher sei Deutschland kein souveränes Land, diesem Umstand abzuhelfen aber sei Putin gerade auf dem besten Weg. „Jeder Kilometer, den Putin in der Ukraine vorankommt, bringt uns weiter zu einem souveränen Deutschland“, rief Elsässer unter Jubel.
Weiterer „prominenter“Redner: der rechtsextreme Politiker André Poggenburg, einst AfD-Landeschef Sachsen-Anhalt. Er sprach von einer „Demonstration gegen eine verhasste Regierung“, forderte: „Weg mit der rot-grünen Bagage!“. Im Superwahljahr fahre das „Altparteienkartell“gerade „eine Hetzkampagne nach der anderen.“„Wenn die da oben nicht so Angst vor den Wahlen hätten, würden die nicht so durchdrehen“, so Poggenburg. Auf der Rednerliste stand ursprünglich auch der Zittauer Stadtrat Jörg Gullus (FDP-Mandat), als Quereinsteiger auch Lehrer an einer Zittauer
Oberschule. Gullus war zwar zu Beginn der Versammlung auf dem Markt, trat aber nicht als Redner auf. Gullus war auch, wenngleich nicht namentlich genannt, Gegenstand einer Erklärung, die die Vorstände von Zittau kann mehr e.V., CDU, SPD, FDP sowie B‘90/Grüne aus Zittau im Vorfeld zu der Versammlung abgegeben hatten. „Einschlägig bekannte rechtsextreme Redner werden von ebensolchen Musikern unterstützt das Programm gestalten“, heißt es da, und eben: „Dazwischen hat sich sogar ein aktuell noch amtierender Zittauer Stadtrat und Lehrer verirrt, dessen politische Zugehörigkeit seit Jahren mäandert.“
Unter der Überschrift „Europa statt Hetze!“stand diese Erklärung auch vor dem Hintergrund des 20. Jahrestages der EU-Osterweiterung,
der am Sonnabend am Dreiländerpunkt gefeiert wurde. „Unser schönes Zittau hat als Hochschul- und Forschungsstadt am Dreiländereck mitten im Herzen Europas im Jahr 2024 allen Grund zu feiern“, heißt es in der Erklärung. In dieser riefen die Parteien ausdrücklich zur Teilnahme an der Gegen-Demonstration auf, die zeitgleich auf dem Rathausplatz organisiert worden war. Dort versammelten sich nach Angaben der Polizei bis zu 230 Personen.
Etwa 120 der Teilnehmer waren zuvor in einem Demonstrationszug vom Bahnhof kommend an der Rechts-Kundgebung auf dem Markt vorbeigezogen. Aus den Lautsprechern eines Begleitfahrzeugs ertönte dabei das Lied „Ich find dich Scheiße“der Mädchenband „Tic Tac Toe“.
Als Redner bei der Gegendemo trat neben Oberbürgermeister Thomas Zenker (Zkm) auch CDU-Landtagskandidat und Staatssekretär Conrad Clemens auf. Der betonte: „Wir brauchen mehr Migration in der Oberlausitz – nicht Re-Migration“und „Die Reichsbürger & Co fühlen sich viel zu wohl in Sachsen. Wir sind ein Freistaat, keine Freak-Show.“Laut Polizei kam es zwischen den Teilnehmern der beiden Versammlungen vereinzelt zu verbalen Auseinandersetzungen. Die Polizisten griffen ein und schlichteten. Drei Demonstranten vom Markt versuchten mehrfach die Versammlung auf dem Rathausplatz zu stören. Beamte schlossen die zwei 16-Jährigen und den 18-Jährigen von der Versammlung aus. Die drei Deutschen kamen dem Platz nach.
Die Erklärung im Wortlaut, mehr Bilder und ein Video finden Sie online unter www.sz-link.de/blaue-welle