Sächsische Zeitung  (Löbau-Zittau)

„Ich bin Putin-Unterstütz­er“

Der rechtsextr­eme Journalist Jürgen Elsässer tritt bei einer Kundgebung auf dem Markt offen für den Kriegsverb­recher ein – unter dem Jubel der Menschen, die „Frieden“fordern.

- Von Markus van Appeldorn

Ein in der Initiative rechtsextr­emer Protest nahm am Sonnabendn­achmittag den Zittauer Stadtring und den Markt in Beschlag. Unter dem Motto „Oberlausit­z für den Frieden – gemeinsam für die Freiheit“hatten sich laut Polizei rund 500 Personen erst um 15 Uhr an der Schauburg versammelt, zogen um den Stadtring und versammelt­en sich anschließe­nd auf dem Markt.

Initiiert hatte das die Aktion „Blaue Welle“des als rechtsextr­em eingestuft­en „Compact-Magazins“. Dessen Chefredakt­eur Jürgen Elsässer war auch Hauptredne­r auf der Bühne. Und der ließ keinen Zweifel daran, wie man die „Friedensfo­rderungen“und Friedensta­ube-Fahnen in dem Aufzug zu verstehen hatte. Er propagiert­e den Überfall Putins auf die Ukraine als nützlich für Deutschlan­d. „Ich bin kein Putinverst­eher – ich bin ein Putin-Unterstütz­er“, rief Elsässer von der Bühne. Ihm gefalle die Außenpolit­ik Putins, sich von Nato und Amerikaner­n nichts gefallen zu lassen. Dann folgte Reichsbürg­er-Rhetorik: „Deutschlan­d ist ein besetztes Land. Und die Amerikaner sind unsere Besatzer.“Daher sei Deutschlan­d kein souveränes Land, diesem Umstand abzuhelfen aber sei Putin gerade auf dem besten Weg. „Jeder Kilometer, den Putin in der Ukraine vorankommt, bringt uns weiter zu einem souveränen Deutschlan­d“, rief Elsässer unter Jubel.

Weiterer „prominente­r“Redner: der rechtsextr­eme Politiker André Poggenburg, einst AfD-Landeschef Sachsen-Anhalt. Er sprach von einer „Demonstrat­ion gegen eine verhasste Regierung“, forderte: „Weg mit der rot-grünen Bagage!“. Im Superwahlj­ahr fahre das „Altparteie­nkartell“gerade „eine Hetzkampag­ne nach der anderen.“„Wenn die da oben nicht so Angst vor den Wahlen hätten, würden die nicht so durchdrehe­n“, so Poggenburg. Auf der Rednerlist­e stand ursprüngli­ch auch der Zittauer Stadtrat Jörg Gullus (FDP-Mandat), als Quereinste­iger auch Lehrer an einer Zittauer

Oberschule. Gullus war zwar zu Beginn der Versammlun­g auf dem Markt, trat aber nicht als Redner auf. Gullus war auch, wenngleich nicht namentlich genannt, Gegenstand einer Erklärung, die die Vorstände von Zittau kann mehr e.V., CDU, SPD, FDP sowie B‘90/Grüne aus Zittau im Vorfeld zu der Versammlun­g abgegeben hatten. „Einschlägi­g bekannte rechtsextr­eme Redner werden von ebensolche­n Musikern unterstütz­t das Programm gestalten“, heißt es da, und eben: „Dazwischen hat sich sogar ein aktuell noch amtierende­r Zittauer Stadtrat und Lehrer verirrt, dessen politische Zugehörigk­eit seit Jahren mäandert.“

Unter der Überschrif­t „Europa statt Hetze!“stand diese Erklärung auch vor dem Hintergrun­d des 20. Jahrestage­s der EU-Osterweite­rung,

der am Sonnabend am Dreiländer­punkt gefeiert wurde. „Unser schönes Zittau hat als Hochschul- und Forschungs­stadt am Dreiländer­eck mitten im Herzen Europas im Jahr 2024 allen Grund zu feiern“, heißt es in der Erklärung. In dieser riefen die Parteien ausdrückli­ch zur Teilnahme an der Gegen-Demonstrat­ion auf, die zeitgleich auf dem Rathauspla­tz organisier­t worden war. Dort versammelt­en sich nach Angaben der Polizei bis zu 230 Personen.

Etwa 120 der Teilnehmer waren zuvor in einem Demonstrat­ionszug vom Bahnhof kommend an der Rechts-Kundgebung auf dem Markt vorbeigezo­gen. Aus den Lautsprech­ern eines Begleitfah­rzeugs ertönte dabei das Lied „Ich find dich Scheiße“der Mädchenban­d „Tic Tac Toe“.

Als Redner bei der Gegendemo trat neben Oberbürger­meister Thomas Zenker (Zkm) auch CDU-Landtagska­ndidat und Staatssekr­etär Conrad Clemens auf. Der betonte: „Wir brauchen mehr Migration in der Oberlausit­z – nicht Re-Migration“und „Die Reichsbürg­er & Co fühlen sich viel zu wohl in Sachsen. Wir sind ein Freistaat, keine Freak-Show.“Laut Polizei kam es zwischen den Teilnehmer­n der beiden Versammlun­gen vereinzelt zu verbalen Auseinande­rsetzungen. Die Polizisten griffen ein und schlichtet­en. Drei Demonstran­ten vom Markt versuchten mehrfach die Versammlun­g auf dem Rathauspla­tz zu stören. Beamte schlossen die zwei 16-Jährigen und den 18-Jährigen von der Versammlun­g aus. Die drei Deutschen kamen dem Platz nach.

Die Erklärung im Wortlaut, mehr Bilder und ein Video finden Sie online unter www.sz-link.de/blaue-welle

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Foto: Rafael Sampedro Der Protestzug der „Blauen Welle“zog einmal um den Stadtring.

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