Sächsische Zeitung (Löbau-Zittau)
Großschönauer Talent auf Erfolgskurs
Der zwölfjährige Emil Richter sammelt Goldmedaillen. Zur Sportschule will er aber nicht.
Beim „Horst-Seifert-Meeting“glänzte Emil Richter wieder einmal in Bestform und machte deutlich, dass er weiterhin auf Gold-Kurs ist. Bei diesem Wettkampf, zu dem die HSG Turbine Zittau die besten Leichtathleten der Oberlausitz zur Saisoneröffnung in das Weinaustadion eingeladen hatte, gewann der junge Großschönauer souverän alle fünf Disziplinen, in denen er an den Start gegangen war. Bereits bei den Sächsischen Hallenmeisterschaften Anfang des Jahres in Chemnitz, wo er Landesmeister im leichtathletischen Mehrkampf wurde, konnte er sich eindrucksvoll in Szene setzen und bewies, dass er zu den besten Nachwuchssportlern Sachsens gehört.
Der 12-Jährige sieht das gelassen. „Auch wenn ich natürlich bestimmte Ziele im Visier habe, setze ich mich nicht unter Druck. Das würde mir den Spaß an der Sache verderben“, lässt der Großschönauer mit verschmitztem Lächeln wissen. Seine Mutter Jana erinnert sich, dass Emil schon als Kleinkind durch besonderen Bewegungsdrang auffiel: „Man konnte ihn einfach nicht bremsen. Er lief nicht normal, er rannte. Immerzu und am liebsten vorneweg.“Irgendwann nahm ihn sein Vater Maik, der beim TSV Großschönau die Leichtathleten trainiert, mit auf den Sportplatz. Eine gute Entscheidung, denn Emil gefiel es, mit anderen Kindern zu sporteln. Von seinem ersten Wettkampf kam das Vorschulkind im Frühjahr 2018 überglücklich mit drei Silbermedaillen nach Hause. Ein Erfolg, der das kleine Ausnahmetalent anspornte, noch schneller zu werden sowie weiter und höher zu springen.
Heute ist Emil mit Größe 44 den Kinderschuhen entwachsen und von der Statur her ein Modellathlet, der mit 1,77 Metern die meisten seiner Altersgenossen um fast eine Haupteslänge überragt. Die Frage, ob angesichts seiner Größe und sportlichen Erfolge nicht manchmal etwas Frust bei seinen Konkurrenten aufkäme, beantwortet er mit Kopfschütteln und versichert, dass er so etwas wie Neid oder Missgunst auf dem Sportplatz noch nicht erlebt habe. Im Gegenteil. „Man trifft sich oft bei Wettkämpfen und kennt sich inzwischen. Jeder freut sich mit, wenn Einer Erfolg hat oder
persönliche Bestleistungen erzielt“, versichert der Großschönauer und erzählt begeistert von den gemeinsamen Trainingscamps der Oberlausitzer Vereine, wo manche Freundschaft geschlossen wird. Über Ostern fand ein solches Trainingslager in Jablonec statt, an dem auch Jugendliche aus Tschechien teilnahmen.
Sein Vater Maik Richter lobt in diesem Zusammenhang die gute Kooperation der hiesigen Verbände und erklärt: „Im kameradschaftlichen Miteinander entwickeln die Sportler nicht nur Teamgeist, sondern lernen auch voneinander, spornen sich gegenseitig an und respektieren die Leistung anderer.“
Dass sein Vater zugleich sein Trainer ist, stört Emil nicht. Er meint, dass dies sogar Vorteile habe. Neben gegenseitigem Vertrauen sei es gut, den Vater bei wichtigen Wettkämpfen dabeizuhaben, der ihm vor Ort den einen oder anderen Tipp zur Verbesserung der Technik geben kann. Der Junge ist seinen Eltern für deren Unterstützung
dankbar. Manchmal begleitet auch seine Mutter die Sportler vom TSV Großschönau. Mit Rat und Tat unterstützt die Physiotherapeutin dann nicht nur den Sohn, sondern auch dessen Trainingskameraden, wenn sich diese eine leichte Sportverletzung zugezogen haben. Nach anstrengenden Wettkämpfen wird Emil von ihr mit einer entspannenden Massage belohnt, was er besonders liebt.
Noch schafft es Emil Richter problemlos, den Sport und die Schule unter einen Hut zu bekommen. Derzeit besucht er die 6. Klasse am OGS in Seifhennersdorf und ist zufrieden mit seinen dortigen Leistungen. Doch er gesteht, dass die Hausaufgaben mittlerweile anspruchsvoller geworden sind und mehr Zeit erfordern würden. Wenn Wettkämpfe am Wochenende anstehen, müssen alle schulischen Arbeiten bis spätestens Sonnabend erledigt sein. „Nicht selten komme ich dann am Sonntag völlig kaputt erst abends nach Hause. In solchen Momenten darf ich gar nicht daran denken,
dass ich am nächsten Tag früh zur Schule muss“, gibt der Gymnasiast zu.
Sein Ziel ist es, in diesem Jahr den Sprung in die Landesauswahl der Leichtathletikelite Sachsens zu schaffen. Obwohl er mit 8,15 Sekunden über 60 Meter in seiner Altersklasse zu den zehn schnellsten Sprintern in ganz Deutschland gehört, weiß er, dass dies nicht einfach sein wird. Dennoch ist der Wechsel auf eine Sportschule für ihn keine Option. „Jetzt trainiere ich zwei- bis dreimal in der Woche und habe hier meine Freunde. In der Sportschule ist täglich hartes Training angesagt. Der dortige Leistungsdruck würde mir den Spaß am Sport verderben“, stellt Emil klar, der viel lieber in einer Umgebung auf dem Lande bei seiner Familie wohnt als im städtischen Internat.
In den nächsten Wochen wird er wieder auf Medaillenjagd gehen, auch um seinen 36 goldenen bei wichtigen Leistungsvergleichen auf Kreis- und Landesebene weitere hinzuzufügen.