Sächsische Zeitung (Löbau-Zittau)
Wie viel Arbeit darf es sein?
Die Debatte über Lebensarbeitszeit, Vier-Tage-Woche, Teilzeit und New Work hat in den vergangenen Monaten weiter Fahrt aufgenommen. Eine Lösung, die allen gerecht wird, dürfte kaum zu finden sein.
Zeit ist, neben Gesundheit, das höchste Gut. 52.662 Stunden davon verbringen Menschen in Deutschland im Durchschnitt bei der Arbeit. Das hat das Roman Herzog Institut (RHI) herausgefunden und die europäischen Vergleichszahlen gleich mitgeliefert. Demnach arbeitet man fast überall länger als hierzulande. Der Durchschnitt innerhalb der EU liegt bei reichlich 57.000 Stunden. Besonders rege sind die Estländer, die es auf mehr als 70.000 Stunden Arbeit bringen. Große Unterschiede gibt es bei der jährlichen beziehungsweise der Lebensarbeitszeit. Schaut man auf die Jahrzehnte, die ein Mensch durchschnittlich im Job verbringt, liegt Deutschland mit reichlich 39 Jahren im oberen Drittel. Andererseits ist der Untersuchung zufolge die jährliche Arbeitszeit in Deutschland mit geschätzt 1.340 Stunden besonders niedrig. Was die ganzen Zahlen bringen? Vor allem neue Bewegung in ein Thema, das in den vergangenen Monaten über Parteien hinweg immer wieder für intensive Debatten gesorgt hat – die Arbeitszeit. Ist die Vier-Tage-Woche nun Fortschritt und Segen oder nur ein Hemmnis für die wirtschaftliche Entwicklung im Land? Fragt man Politiker,
Gewerkschafter, Wissenschaftler und nicht zuletzt deutsche Arbeitnehmer selbst, erhält man ebenfalls ein vielschichtiges Bild. 42 Prozent der Befragten gaben bei einer Studie des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag des Karriereportals Xing an, dass das Angebot der Vier-Tage-Woche einen Arbeitgeber auf jeden Fall attraktiver macht. Dass das Modell mit reduzierter Wochenarbeitszeit und vollem Lohnausgleich funktionieren kann, halten rund 30 Prozent der 3.200 Befragten für realistisch. Die Mehrheit sieht allerdings eine zu große Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit.
Der Hauptkritikpunkt: Wird die Arbeitszeit bei gleichem Pensum reduziert, steigen Stress und Druck an den verbleibenden Arbeitstagen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund verweist in diesem Zusammenhang gern darauf, dass das Ganze so ja auch nicht gedacht sei. „Wenn Gewerkschaften über die 4-Tage-Woche reden, dann heißt das erst einmal: reduzierte Arbeitszeit ohne steigende Arbeitsbelastung bei gleichem Lohn. Denn am Ende darf es nicht so sein, dass Beschäftigte weniger Arbeitszeit bezahlt bekommen, aber den gleichen Output liefern müssen. Das
An der Vier-Tage-Woche scheiden sich die Geister. Wunsch und Wirklichkeit liegen hier oft noch weit auseinander.