Sächsische Zeitung (Löbau-Zittau)
Umzug mit Schafen und Bibel: Kittlitzer Pfarrerin wechselt in Touristenregion
Elisabeth Süßmitt war elf Jahre Pfarrerin für den Löbauer Norden. Warum sie jetzt geht, was sich in der Zeit verändert hat und wie es weitergeht.
Rund anderthalb Monate sind es noch, dann ist für Elisabeth Süßmitt das Dutzend voll: Ihr zwölfter Umzug steht vor der Tür – für ihren Mann Marco ist es sogar der 16. – und diesmal spürt die 43-Jährige doch sehr deutlich, dass sie der Abschied schmerzt. „Vor allem wegen der vielen Kontakte, die über die Jahre gewachsen sind“, sagt die Pfarrerin mit den hellen langen Haaren und dem offenen Gesicht. Für Elisabeth Süßmitt war Kittlitz ihre erste richtige Pfarrstelle. „Wir sind aneinander gewachsen“, sagt sie salomonisch zu den Herausforderungen, mit denen sie allein wegen des riesigen Gemeindegebietes immer wieder zu tun hatte. Aber sie hat sich eingefuchst und mit der Zeit in der Gemeinde einiges verändert.
Damit sind allerdings nicht nur die Schafe gemeint, die seit einigen Jahren im Pfarrhof in Kittlitz grasen und zum einen gemeindliche Rasenmäher, zum anderen die heimlichen Stars auf dem Hof sind. „Mein Mann hat immer Lust, einmal etwas Neues auszuprobieren“, erzählt die Pfarrerin lachend. Jetzt ziehen eben auch ein Hund und fünf der acht Schafe an den neuen Arbeitsort der Pfarrerin – Lohmen in der Sächsischen Schweiz – mit um. „Am 8. Juli ist Abreise für uns“, sagt Süßmitt mit ein bisschen Wehmut.
Was bleibt, ist eine Kirchgemeinde mit rund 800 Gemeindegliedern, die sich in den vergangenen Jahren neu aufgestellt hat: „Wir haben zuletzt viele Immobilien verkauft, weil wir nicht die Kraft haben, alles aufrechtzuerhalten und wir auch nicht alles brauchen“, erklärt sie und denkt an Kirchschule und Pfarrhaus in Nostitz oder auch das Diakonat. Geblieben sind die Kirchen in Nostitz und Kittlitz sowie der Pfarrhof in Kittlitz, der wie eine Burg gleich in der Nähe des Schlosses liegt. „Der Pfarrhof ist ein absolut geborgener Ort“, schwärmt die Pfarrerin. Er ist grün und mit dicken Mauern umgeben. Der Kirchturm schaut auf das Ensemble mit Pfarrhaus und der ausgebauten Scheune herunter. „Die Pfarrscheune, die wir sanieren konnten, dient als Sommerraum und hat uns über die Coronazeit gerettet“, erinnert sie sich an die Zeit, als Abstandsgebote schwierig einzuhalten waren und auch in der Gemeinde die Meinungen auseinandergingen.
Aber auch ohne solche Herausforderungen, wie die Pandemie es war, ist das Gemeindegebiet, in dem Elisabeth Süßmitt tätig war, abwechslungsreich. „Jedes Dorf ist anders – Georgewitz ist anders als Bellwitz und auch Zoblitz hat eine eigene Art zu leben“, erklärt sie und fügt ganz selbstverständlich noch Großdehsa, Eiserode oder auch Breitendorf an. All diese Orte im Grenzgebiet der Landkreise Görlitz und Bautzen, die zum Teil über Jahrzehnte hinweg für Schulwege, Verwaltung, Arbeitsstellen unterschiedliche Bezugsorte hatten, gehören kirchlich zu einer Einheit. „Was mir Hoffnung macht, ist, dass es immer und fast überall Leute gibt, die diese Dorfgrenzen überwinden“, sagt sie. Mit Festen an immer anderen Orten in ihrem Gebiet – zu Himmelfahrt oder zum Johannistag – hat sie immer wieder versucht, gemeinsame Höhepunkte zu schaffen.
Wie ihr Nachfolger oder ihre Nachfolgerin das angehen werden? Elisabeth Süßmitt kann das nicht sagen – auch nicht, wie die Arbeit künftig organisiert sein wird. „Der Pfarrerberuf ändert sich“, erklärt sie. Zusammengefasst zu größeren Einheiten, wie Kirchspielen oder Kirchgemeindebünden teilen sich die dort zuständigen Pfarrer die Aufgaben mancherorts schon heute anders ein. Dann ist eben nicht mehr nur ein Geistlicher für die vielen Dinge von der
Wiege bis zur Bahre zuständig, es muss auch nicht der gleiche Pfarrer sein, der im Ort tauft und die Senioren betreut. „Ich habe das immer genossen, die Biografien in meiner Gemeinde selbst zu begleiten“, sagt Süßmitt. Aber sie weiß auch, dass das nicht mehr überall umzusetzen sein wird, dass Veränderungen anstehen.
Auch das ist ein Grund, warum sich die Pfarrerin für einen Stellenwechsel entschieden hat, der ohnehin nach eigentlich zehn Jahren Pflicht ist. „Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, denn unsere Tochter wechselt an eine weiterführende Schule und mein Mann und ich wollen wieder näher bei unseren Eltern sein, jetzt, wo sie älter werden“, erklärt sie. Ihr Mann, der als Sozialarbeiter tätig ist, kommt aus Pirna, sie aus Dresden. Was sie in Lohmen erwartet, kann sie noch nicht sagen. Aber was die Gemeindemitglieder erwarten können, das ist doch recht klar: Elisabeth Süßmitt sagt von sich selbst, sie sei ein verbindender Mensch und habe ein „weites Herz“, was den Glauben angehe. „Gott begegnet jedem Menschen so, dass man ihn findet – und das kann sehr unterschiedlich sein“, meint sie. Ihre Aufgabe sei es, die Menschen auf ihrem Weg zu Gott und zum Glauben zu begleiten und eine Tür aufzumachen, durch die jeder hindurchgehen kann, wann er möchte.