Sächsische Zeitung (Löbau-Zittau)
Traum erfüllt: Thailänderin eröffnet Massage-Studio in Zittaus Innenstadt
Juntagon Oberndorfer ist der Liebe wegen nach Zittau gezogen und hat sich nun mit einem Geschäft an der Brüderstraße selbstständig gemacht. Doch für immer bleiben wollen sie und ihr Mann Wolfgang nicht.
Sie hat die Hände zueinander gefaltet und ein Lächeln im Gesicht. In traditionell thailändischer Art begrüßt Juntagon Oberndorfer ihre Kunden an der Zittauer Brüderstraße 3. Dort öffnete die 44-Jährige vor wenigen Tagen das Massage-Studio „Cana-an“, wobei sie Ehemann Wolfgang unterstützte. „Wir sind überwältigt von den Buchungen“, berichtet er. Das zeigt ihnen, wie groß der Bedarf in Stadt und Umland ist. „Es war die richtige Entscheidung“, so der 49-Jährige.
Juntagon Oberndorfer stammt aus Thailand. Als eine von zehn Geschwistern ist sie auf der Farm ihrer Eltern im Ort Sadek in der Provinz Buri Ram aufgewachsen, wo die Familie sich seit Generationen mit Reis-Anbau und Wasserbüffeln selbst versorgt und den Lebensunterhalt bestreitet. „Eine harte Arbeit“, sagt die 44-Jährige. Später zog die Thailänderin in die gleichnamige Hauptstadt der Provinz, machte dort einen College-Abschluss und wollte ihr Geld fortan leichter verdienen.
Mit Tochter und Sohn lebte Juntagon Oberndorfer in einer Zwei-Raum-Wohnung und „einfachen Verhältnissen“. Um die Kinder und sich versorgen zu können, verkaufte die Mutter an Ständen zunächst Kaffee und Kleidung, war danach im Sozialamt beschäftigt. Doch die Büroarbeit mochte sie nicht. Als die Regierung 2019 ein Ausbildungsprogramm für Masseure anbot, bekam die Thailänderin einen der 80 Plätze. Ihr Beweggrund: „Den Menschen zu helfen, sich besser zu fühlen.“
In jenem Jahr traf Juntagon Oberndorfer auf ihren Mann Wolfgang. Er stammt aus Bregenz in Österreich. Der studierte Sozialarbeiter nahm sich damals eine Auszeit von seinem Beruf und reiste durch Asien. „Um Länder und Leute kennenzulernen“, wie der 49-Jährige sagt. So auch seine Frau, die er am Busbahnhof Buri Ram ansprach. Daraus entwickelte sich schließlich mehr. Schon im Juli 2019 heirateten beide kirchlich in Thailand, denn die 44Jährige kommt aus einer christlichen Gemeinde.
Im August 2019 zog der Österreicher nach Zittau, wo er einen Job als Erzieher für eine Kinder- und Jugendwohngruppe begann und seither Betroffene in ein selbstständiges Leben begleitet. Seine Frau, deren Tochter und Sohn holte er nach. „Wegen der Zukunftsaussichten“, meint Wolfgang Oberndorfer mit Blick auf die finanziell und familiär bessere Situation in Deutschland. In Großschönau heirateten die Thailänderin und der Österreicher 2020 noch standesamtlich, um als Ehepaar rechtlich anerkannt zu sein.
Buddha-Figuren fehlen
Juntagon Oberndorfer war zunächst als Masseurin in Görlitz angestellt. Doch sie wollte lieber unabhängig arbeiten, ihre eigenen Ideen umsetzen können. Im Frühjahr schaute sie sich mit ihrem Mann mehrere Geschäfte in Zittau an – der Laden sollte fußläufig von ihrer Wohnung über dem Kronenkino erreichbar sein. Die Wahl fiel schließlich auf die Brüderstraße 3: Die 50 Quadratmeter große Fläche bietet zwei Räume im Erdgeschoss. Im vorderen warten die Kunden, im hinteren ruhiger gelegenen werden sie behandelt. „Um die Privatsphäre zu gewährleisten und entspannen zu können“, sagt die 44-Jährige. Darin steht eine Massage-Liege in ihrer Höhe. Die stammt ebenso aus Thailand wie die Materialien. Zur Einrichtung gehört auch eine Sitzecke, Bar sowie Küche für Tee und Kaffee. Die sonst typischen Buddha-Figuren finden sich nicht in ihrem Studio, wegen des christlichen Glaubens. Der zeigt sich im Namen des Geschäfts „Cana-an“. Der biblische Begriff steht für eine Stadt im alten Testament.
Ob Schulter- oder Nackenbereich, Rücken oder Füße: Juntagon Oberndorfer bietet verschiedene Massagen an, die zwischen 30 und 120 Minuten dauern. Gebucht werden können diese bei ihr per Telefon, E-Mail oder über die Internetseite. Eine Hürde für sie ist noch die deutsche Sprache, aber auch keine allzu große. „Ich sehe und fühle den Schmerz“, sagt die 44Jährige. Und während der Behandlung wird ohnehin kaum geredet.
In Zittau fühlen sich Juntagon und Wolfgang Oberndorfer wohl. „Es ist alles da, was wir brauchen“, meint er. Auch die Kinder der Thailänderin sind in der Fremde „angekommen“: Die Tochter macht eine Ausbildung zur Masseurin, der Sohn zum Zerspanungsmechaniker. Trotzdem will das Ehepaar irgendwann wieder zurück nach Thailand, spätestens mit seinem Rentenbeginn. „Die Menschen sind freundlich, das Wetter ist fast immer schön, das Leben einfach und entspannt“, begründet der Österreicher den Wunsch.
So haben sich beide schon ein rund 1.600 Quadratmeter großes Grundstück im „Land des Lächens“angesehen. Das liegt abseits der touristischen Gegenden. Und mit dem Rad brauchen Juntagon und Wolfgang Oberndörfer nur zehn Minuten zum Strand. Auf dem Grundstück könnten sie später ein landestypisches Holzhaus errichten mit Schlaf- und Wohnzimmer. Die Küche befände sich dann außerhalb. „Mehr braucht es nicht“, sagt der 49-Jährige.