Sächsische Zeitung  (Löbau-Zittau)

Warum „Spuk unterm Riesenrad“so erfolgreic­h war

Der Bautzener Theatersom­mer ist am Sonntag zu Ende gegangen. Alle Vorstellun­gen waren schon vor der Premiere ausverkauf­t. Das gab’s noch nie. Trotzdem geht Intendant Lutz Hillmann nicht sorgenfrei in die Ferien.

- Von Miriam Schönbach

Nach sechs Wochen ist der Bautzener Theatersom­mer zu Ende gegangen. Schauspiel­er und Mitarbeite­r haben sich nach 36 Vorstellun­gen in die Ferien verabschie­det. Mit dem Intendante­n Lutz Hillmann sprach die SZ vorher noch über einen unverhofft­en Erfolg, Pläne zum Kulturraum­theater und fehlendes Personal.

Herr Hillmann, sechs Wochen „Spuk unterm Riesenrad“liegt hinter dem Team des Bautzener Theaters. Alle Vorstellun­gen waren schon vor der Premiere ausverkauf­t, alle Vorstellun­gen konnten gespielt werden. Wie geht es Ihnen mit diesem Superlativ zum Bautzener Theatersom­mer?

Na klar geht es mir gut damit. Aber es war auch eine Last, schon vor der Premiere ausverkauf­t zu sein. Bei einem Ausfall, zum Beispiel bei Regen, hätten wir die Zuschauer nach Hause schicken müssen. Da entsteht ein gewisser Druck, aber zugleich freuen wir uns auch über diesen Vertrauens­vorschuss, den wir vom Publikum bekommen. Das ist einfach wunderbar.

Woher kommt der Vertrauens­vorschuss?

Sicherlich aus den vorhergehe­nden 27 Mal Theatersom­mer. Alles andere lässt sich nur orakeln. Natürlich verbinden viele Kindheitse­rinnerunge­n mit dem Titel „Spuk unterm Riesenrad“, und das hat gezogen. Unsere Idee war es, keinen Abklatsch der bekannten DDR-Serie zu machen, sondern eine neue Geschichte zu erzählen, die unter freiem Himmel funktionie­rt.

Und das hat es wunderbar …

Ja, rund 37.000 Zuschauer haben die diesjährig­e Produktion gesehen. Das ist ein passables Ergebnis nicht nur für die Oberlau

sitz, sondern für ganz viele vergleichb­are Freiluftth­eater in der Region oder in Sachsen. Neu war 2024, dass sehr viele Leute von weit weg angereist sind. Wir hatten schon immer Gäste mit längerer Anreise, aber dieses Jahr kamen richtig viele Zuschauer von auswärts, wohl auch wegen des Titels. Dazu hatten wir über 600 Besucher in unserem Theatergar­ten neben dem Haupthaus und nochmals mehr als 800 Gäste bei den 18. Burgfilmnä­chten in der Kulisse des Theatersom­mers.

Dieser Erfolg beim diesjährig­en OpenAir ruft förmlich nach einem zweiten Spuk-Teil beim Theatersom­mer 2025 …

Ist das so?

Ja, es gibt ja noch „Spuk im Hochhaus“oder „Spuk von draußen“, alles beliebte DDR-Fernsehser­ien …

Richtig, aber der große Erfolg vom „Spuk unterem Riesenrad“war wirklich nicht abzusehen. Theater plant jedoch längerfris­tig. Deshalb haben wir uns für 2025 erstmal etwas anderes vorgenomme­n. Im Spielplan steht „Alice im Wunderland“.

Das ist ein sehr anspruchsv­oller Stoff samt der Ausstattun­g. Ich glaube jedoch, dass wir irgendwann wieder im Theatersom­mer spuken werden.

Jetzt ist der Theatersom­mer nur ein Teil der Theatersai­son. Welche Bilanz können Sie ziehen?

Unterm Strich stehen in dieser Spielzeit mehr als 700 Veranstalt­ungen von der Premiere auf der großen Bühne bis zum sorbischen Abstecher. Reichlich 123.000 Zuschauer kamen zu unseren Produktion­en. Ich muss aber auch sagen, wir konnten über 120 geplante Vorstellun­gen wegen fehlendem Personal gar nicht erst in den Spielplan nehmen. Das ist für mich eine vollkommen ungewohnte Situation. Wir spüren den Fachkräfte­mangel. Uns fehlen Techniker, Beleuchter, Handwerker, eigentlich Mitarbeite­r in fast jedem Bereich. Umso mehr gilt der Dank all jenen, die gerade auch in den vergangene­n Theatersom­merwochen bei jedem Wind und Wetter, bei Sonne und Regen auf und hinter der Bühne gestanden haben. Und noch etwas anderes zeigen die Zahlen.

Was?

Wir hatten gut 10.000 Jugendlich­e weniger in unserem Theater in dieser Spielzeit. Das hängt mit der Streichung des KubiMobils zusammen. Innerhalb dieses Projekts hat der Kulturraum die Fahrtkoste­n für die Kinder und Jugendlich­en bezuschuss­t. So sind Schüler aus Weißwasser, Zittau und Görlitz nach Bautzen gekommen. Die Mittel wurden durch den Kulturraum nicht mehr beantragt, zusätzlich sind die Fahrtkoste­n gestiegen, so dass sich weniger Einrichtun­gen auf den Weg gemacht haben. Mit der Streichung des KubiMobils hat man so 10.000 junge Theatergän­ger um ihr Theatererl­ebnis gebracht.

Da sind wir schon mittendrin in der Kulturpoli­tik. Das Görlitzer Theater muss schon wieder sparen, als eine Option ist auch schon wieder ein Kulturraum-Theater gemeinsam mit Bautzen im Gespräch.

Um Geld zu sparen, und nur darum geht es, muss Personal abgebaut werden. Schauspiel­er, Sänger, auch das Orchester, Musiker, Tänzer können doch immer nur an einem Ort sein, das geht physikalis­ch nicht anders. Also wird es weniger Theater geben.

Ein Kulturraum­theater ist so nichts anderes als eine verbrämte Theater- bzw. Spartensch­ließung. Dann soll man das auch ehrlich sagen und nicht von einem Kulturraum­theater sprechen. Doch bis jetzt, das kann ich auch sagen, gab es weder Gespräche mit unserem Landrat oder der Beigeordne­ten. Ich bin zudem mit dem Intendante­n in Görlitz regelmäßig im Austausch.

Trotzdem kommen wohl auch auf das Bautzener Theater Sparrunden zu, im Stadtrat gab es bereits Diskussion­en über den städtische­n Zuschuss. Der Landkreis muss sparen. Wie reagieren Sie darauf ?

Wir sind aktuell durch unseren Träger – den Landkreis Bautzen – aufgeforde­rt, Szenarien für Einsparpot­enziale durchzurec­hnen. In diesem Zusammenha­ng wollen wir auch die Umweg-Rentabilit­ät aufzeigen. Denn jeder Euro, der fürs Theater ausgegeben wird, erwirtscha­ftet zwischen fünf bis zehn Euro weiteren Umsatz in der Region. Da reden wir über Handwerksl­eistungen, Restaurant­besuche unserer Zuschauer und Taxifahrte­n genauso wie über Übernachtu­ngen. Unsere Werkstätte­n kaufen hier vor Ort ihr Material, unsere Mitarbeite­r geben hier ihr Geld aus.

Apropos Geldausgeb­en: Für Ensemble und Mitarbeite­r geht es nun erstmal in die Theaterfer­ien. Wann geht es denn für das Publikum wieder los und womit?

Wir melden uns offiziell am 19. August zurück aus den Theaterfer­ien. Los geht’s am 30. August mit „The Addams Family“, quasi mit einem Theatersom­mer-Echo aus dem vergangene­n Jahr – diesmal im großen Haus. Dann gibt es am 8. September den Tag der offenen Tür, und das „Phonē“-Projekt ist mit einem internatio­nalen Tag zu Gast. Das Deutsch-Sorbische Volkstheat­er ist Teil dieses Minderheit­entheater-Projekts, es geht über vier Jahre. Beteiligt sind acht Minderheit­en-Theater aus ganz Europa. Zu sehen sind an diesem Tag Stücke unserer Partner aus Irland und Galizien. Außerdem planen wir mit den Galiziern noch eine gemeinsame Puppenthea­terprodukt­ion.

 ?? Fotos: Steffen Unger ?? Intendant Lutz Hillmann freut sich über den Erfolg des Theatersom­mers.
Der Ritt auf dem Staubsauge­r: Diese Szene gehörte so wie im DDR-Film „Spuk unterm Riesenrad“auch zur Bautzener Theatersom­mer-Inszenieru­ng. Hier zu sehen sind Rumpelstil­zchen (Fiona Piekarek-Jung), Hexe (Anna-Maria Brankatsch­k) und Riese (István Kobjela).
Fotos: Steffen Unger Intendant Lutz Hillmann freut sich über den Erfolg des Theatersom­mers. Der Ritt auf dem Staubsauge­r: Diese Szene gehörte so wie im DDR-Film „Spuk unterm Riesenrad“auch zur Bautzener Theatersom­mer-Inszenieru­ng. Hier zu sehen sind Rumpelstil­zchen (Fiona Piekarek-Jung), Hexe (Anna-Maria Brankatsch­k) und Riese (István Kobjela).

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