Blamage vorm Bellagio
Die Formel-1-Rennwagen rasen für gerade einmal acht Minuten durch Las Vegas. Dann sorgt ein defekter Wasserschacht für den Abbruch. Ein Imagedesaster vor leeren Tribünen.
Die defekte Abdeckung eines Wasserschachts hat der Formel 1 mitten auf dem schillernden Las Vegas Boulevard einen XXL-Imageschaden beschert. Vor der Prunkkulisse des Luxushotels Bellagio sorgte ein Materialschaden auf dem Asphalt nach gerade einmal acht Minuten Fahrzeit für den Abbruch des Auftakttrainings.
Vor längst geräumten Tribünen und mit zweieinhalb Stunden Verspätung wegen Reparaturen auf der Strecke konnte beim Prestigeprojekt der Formel 1 in den USA aber wenigstens das zweite Training absolviert werden. Da waren die Teamchefs von Mercedes und Ferrari schon längst angefressen. „Das ist für die Formel 1 heute einfach inakzeptabel“, schimpfte Frederic Vasseur von der Scuderia.
Was genau war zuvor passiert? Carlos Sainz blieb mit seinem Ferrari nur rund acht Minuten nach dem Start der ersten Einheit auf der langen Geraden über den sogenannten Strip stehen, nachdem er mit ungefähr 320 km/h über ein Hindernis gerumpelt und heftig aufgeschlagen war. Da sprühten die Funken, als der Unterboden des Wagens über die Abdeckung scheuerte. Erst wurden Rote Flaggen geschwenkt, dann das eigentlich einstündige Warm-up nach nur 19 Minuten komplett abgesagt.
Nach der anschließenden Streckeninspektion durch die Motorsport-Königsklasse und den Motorsport-Weltverband Fia wurde die defekte Abdeckung eines Wasserschachts als Ursache identifiziert – kurioserweise direkt vor dem Vip-Zelt mit dem Namen „Fountain Club“(BrunnenClub) gelegen.
Man müsse nun „alle anderen Schachtabdeckungen“überprüfen, was einige Zeit dauern werde. Auf Bildern war zu sehen, wie sich nach dem Vorfall ein Streckenposten über das schmale Loch im Asphalt beugte, nachdem die Schachtabdeckung entfernt worden war. Der Schaden an Chassis und Antrieb von Sainz‘ Wagen werde ein „Vermögen kosten“, betonte FerrariTeamchef Vasseur. Das sei einfach „nicht akzeptabel“, wiederholte er. Die Strafe von zehn Startplätzen für Sainz wegen des regelwidrigen Einbaus eines neuen Antriebs wird Vasseurs Laune weiter in den Keller getrieben haben. Die Fragen nach einem Imageschaden für die Motorsport-Königsklasse
verärgerten wiederum MercedesTeamchef Toto Wolff.
„Wir reden hier von einem verdammten Kanaldeckel im ersten Freien Training“, schimpfte er. „Schenken Sie den Leuten, die diese Veranstaltung möglich machen, etwas Anerkennung.“Das sei außerdem „kein blaues Auge“für die Formel 1. „Das ist gar nichts.“
Die Fans auf den Tribünen dürften das anders gesehen haben – aber eigentlich sahen sie gar nichts. Denn eine Stunde vor dem Start des zweiten Trainings, es war 1.30 Uhr in der Wüste Nevadas, wurden aus „logistischen Erwägungen“die Zuschauerbereiche geschlossen. Das Auge war nun schon zugeschwollen, um es in Anlehnung an Wolff auszudrücken. Seine ermüdeten Augen bestens offenhalten konnte hingegen Charles Leclerc, der als Nachtarbeiter im Ferrari die Bestzeit fuhr.
Ein unvergleichliches Spektakel hatte die Formel 1 angekündigt. Die Eröffnungsparty mit Stars wie Kylie Minogue und John Legend lief tags zuvor noch nach Wunsch. Die erste Ausfahrt 41 Jahre nach dem Flop auf dem Parkplatz hinterm Caesars-PalaceHotel wurde dann ebenfalls ein Flop. (dpa)