Sicher ist, wer sich rüstet
Mit Strukturreformen geht Boris Pistorius den nächsten Schritt auf dem langen Weg, die Truppe wieder abwehrbereit zu machen. Eine Frage aber ist kaum zu beantworten: Wie viel Zeit hat sie dafür?
So viel ist sicher: Die Lage ist unsicher. Beunruhigend lesen sich Berichte aus der Ukraine, wo Munition fehlt und russische Truppen durchbrechen könnten. Stehen sie dann „acht Stunden vor Berlin“, wie Außenministerin Annalena Baerbock gerade meinte? Vielleicht, vielleicht auch nicht. Die Geheimdienste warnen aber, Wladimir Putin könnte sich mit der enormen Rüstungsproduktion, die Russlands Bedarf in der Ukraine weit übersteigt, perspektivisch dafür rüsten.
Noch ist es zum Glück ein theoretisches Szenario. Doch das Schutzversprechen eines Staates gegenüber seinen Bürgerinnen und Bürgern gebietet es, sich gegen mögliche Bedrohungen zu wappnen. Zur „Zeitenwende“, die Kanzler Olaf Scholz nun vor gut zwei Jahren nach Russlands Invasion der Ukraine ausgerufen hat, gehört auch die Wiederherstellung von Deutschlands Verteidigungsbereitschaft. Die Bundeswehrreform, die Verteidigungsminister Boris Pistorius am Donnerstag vorgestellt hat, ist der nächste Schritt auf diesem Weg. Es ist richtig, die bisherige Struktur der Truppe, im vergangenen Vierteljahrhundert stark auf Einsätze außerhalb des Nato-Gebiets zugeschnitten, wieder vorrangig auf die Bündnis- und Landesverteidigung auszurichten. Es wäre schön, Putin käme zur Einsicht oder wäre diplomatisch dazu zu bewegen. Man kann auch hoffen, dass die USA trotz Donald Trumps möglicher Rückkehr die Europäer nicht im Regen stehen lassen. Mit Sicherheit sagen lässt sich das aber leider nicht. Für diesen Ernstfall braucht es eine runderneuerte Bundeswehr – je schneller, desto besser.