Sächsische Zeitung  (Meißen)

20.000 Elefanten? Die würden halb Brandenbur­g plattmache­n

Deutschlan­d erwägt, die Einfuhr von Jagdtrophä­en einzuschrä­nken. Botswana reagiert empört und will nun 20.000 Dickhäuter nach Deutschlan­d abschieben.

- Von Andrea Nüsse

Weil Deutschlan­d und die EU die Einfuhr von Jagdtrophä­en von gefährdete­n Tierarten stärker zertifizie­ren wollen, fürchten afrikanisc­he Länder einen Rückgang des Jagdtouris­mus und verweisen auf die Probleme, die große Elefantenh­erden mit sich bringen. Groß ist der Ärger, dass Europa über ihre Köpfe und Interessen hinweg entscheide­t. „Es ist sehr einfach, in Berlin zu sitzen und eine Meinung zu haben zu unseren Angelegenh­eiten in Botswana. Wir zahlen den Preis dafür, dass wir diese Tiere für die Welt erhalten“, hatte der Präsident von Botswana, Mokgweetsi Masisi, gesagt. Er drohte, 20.000 Elefanten nach Deutschlan­d zu schicken. „Aufgrund der schrecklic­hen Kolonialer­fahrungen im südlichen Afrika sind Elefanten ein sehr emotionale­s Thema“, sagt Thilo Schöne, Leiter des Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung in Botswana dem Tagesspieg­el. Das Gefühl, das jetzt in der Bevölkerun­g hochkommt, beschreibt Schröne wie folgt: Erneut würden Entscheidu­ngen im fernen Europa getroffen, die die Lebensgrun­dlage zahlreiche­r Menschen in Botswana berühren.

Auch die Biodiversi­tätsforsch­erin Anja Linstädter von der Universitä­t Potsdam, die im südlichen Afrika arbeitet, sieht in den Äußerungen des Präsidente­n zunächst einmal die Botschaft: „Wir sind ein unabhängig­er Staat und lassen uns nicht in kolonialer Art vorschreib­en, was mit unseren Tieren ist, ob und wie viele wir abschießen dürfen.“Damit habe der Präsident sicher innenpolit­isch punkten können.

Außerdem habe er der Landbevölk­erung, die unter den Zerstörung­en durch die wachsenden Elefantenh­erden am meisten leidet, signalisie­rt: Ich vertrete eure Interessen. Ein cleverer „PR-Coup“nach innen – und nach außen, um die Aufmerksam­keit des Nordens auf die Probleme in Botswana zu lenken, findet Linstädter.

Das Überrasche­nde ist, dass dieser Zwist die Folge einer Erfolgsges­chichte ist. „Die Elefantenp­opulation, die ja besonders im Laufe des 20. Jahrhunder­ts zurückgega­ngen war, ist in Botswana aufgrund intensiver Schutzbemü­hungen seit einigen Jahren wieder stark angewachse­n“, erklärt Linstädter. Botswana habe 40 Prozent seiner Landesfläc­he unter Naturschut­z gestellt. „Aber die Elefantend­ichten sind in einigen Gebieten inzwischen wirklich extrem hoch, das sehe ich an der Vegetation“, sagt die Pflanzenök­ologin. So gebe es dort, wo große Herden unterwegs sind, teilweise nur noch baumfreie Mondlandsc­haften.

Würde man sich vorstellen, was 20.000 frei laufende Elefanten in Deutschlan­d anrichten würden, „dann wären die Felder und Wälder in halb Brandenbur­g platt“, glaubt die Forscherin.

Ackerbau und Viehzucht seien, sagt Schöne von der Friedrich-Ebert-Stiftung, durch eine Überbevölk­erung von Elefanten „durchaus bedroht“. Daher werde seit einigen Jahren wieder mit strengen Quoten geschossen. Und ein Teil der Erlöse aus den Gebühren für Jagdtouris­ten werde an Dörfer weitergege­ben, um deren wirtschaft­liche Entwicklun­g zu fördern. Eine Erlaubnis zum Abschuss eines Elefanten inklusive Mitnahme der Stoßzähne kann Zehntausen­de Euro kosten. „Eine Zertifizie­rung von Trophäen nimmt man hier als Bedrohung einer geregelten Reduzierun­g von Elefanten wahr, die in den Augen der Mehrheit der Menschen Botswanas als notwendig wahrgenomm­en wird“, erklärt Schöne.

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Foto: picture alliance Große Herden zerstören die Natur.

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