Schmerzpflaster vom Körper gerissen
Ein drogensüchtiger Pflegehelfer soll bis zu 400 Fentanyl-Pflaster gestohlen haben – direkt vom Rücken seiner Patienten.
Dresden. Ein 24-jähriger Pflegehelfer soll bis zu 400 Schmerzpflaster seinen Patienten gestohlen haben, um die Drogen selbst zu konsumieren oder gar damit zu handeln. Am Donnerstag stand der ungewöhnliche Fall im Mittelpunkt eines Prozesses am Amtsgericht Dresden.
Schon seit mehr als zehn Jahren warnen Ärzte und Apotheker in Deutschland vor dem Missbrauch von Fentanyl. Vor allem Heroinkonsumenten ließen sich Pflaster mit diesem Wirkstoff gerne verschreiben, betrieben „Ärzte-Hopping“, um an die ersehnte Droge zu kommen. Oft kochten sie die Pflaster aus, um sich den Sud zu spritzen, andere kauten die Pflaster auch.
Christian B. aus Dresden war zwischen Juni 2020 und März 2021 Altenpflegehelfer in einem Senioren-Wohnpark im Kurort Hartha. Laut Anklage hat er dort seinen Patienten die Fentanyl-Pflaster vom Rücken abgerissen. Die Diebstähle sollen stets in B.s Schicht passiert sein. Im April 2021, wenige Wochen nach dem Ende seiner Anstellung, soll er in das Heim eingebrochen sein und weitere Fentanyl-Pflaster sowie andere
Betäubungsmittel aus einem Tresor gestohlen haben. Außerdem war er 2021 mit fünf Gramm Crystal erwischt worden.
Der Angeklagte, ungelernt und zeitweise wohnungslos, ist seit Langem süchtig und mehrfach vorbestraft. Mehrere Entzugstherapien sind bereits fehlgeschlagen. Zuletzt erhielt B. im November 2023 zwei Jahre auf Bewährung wegen mehrerer Einbruchdiebstähle und Betruges. Sein Verteidiger Peter Hollstein erklärte, dass die Diebstähle zuträfen, die Anzahl der Pflaster-Diebstähle sei jedoch deutlich geringer. An den Einbruch könne sich sein Mandant nicht erinnern. B. selbst sprach von „Arbeitsüberlastung in der Corona-Zeit“, weshalb er die Pflaster genommen habe. Nun kam es also auf die Angaben von Mitarbeitern des Altenheims an.
Doch dort hatte man keinen Überblick, wie viele Pflaster verschwunden sind und welche Rolle B. dabei zukommt. „Wir hatten ja nur einen Verdacht“, sagte eine Pflegedienstleiterin als Zeugin, nach deren Angaben die Ermittler die Zahl 400 errechnet hatten. Drei Patienten auf B.s Station, zwei weitere auf der Nachbarstation, die alle drei Tage ein frisches Pflaster bekommen – macht 50 Pflaster im Monat.
Es sei nicht dokumentiert, wie viele Pflaster verschwunden sind, sagte die Zeugin zur Überraschung des Gerichts. Hin und wieder habe man festgestellt, dass Pflaster fehlen. Der Pflegehelfer sei am 10. Februar 2021 im Dienst offenbar wegen seines Drogen-Missbrauchs kollabiert, sei in eine Klinik gekommen, danach zur Entgiftung, gearbeitet habe er nicht mehr. Welche Folgen die gestohlenen Drogen für die Patienten hatten, die oft tagelang keine Pflaster hatten, lässt sich nicht aufklären. Man hätte sie das aufgrund ihres gesundheitlichen Zustands nicht fragen können.
Das Gericht verurteilte den 24-Jährigen für „nur“30 Pflasterdiebstähle, mehr Taten oder auch ein Drogenhandel seien nicht nachweisbar, so der Richter. Der Vorwurf des Einbruchs wurde eingestellt. B. erhielt eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten, in die das frühere Urteil einbezogen wurde.