Leipzig lässt die Spiele beginnen
Die Leipziger Messe richtet am Wochenende Deutschlands größtes Gaming-Event aus. Runde Zwei verzeichnet wachsende Spielerzahlen.
In Leipzigs Messehalle 1 steht ein metergroßer Plastikkaktus und erleuchtet die abgedunkelten Gänge in hellem Grün. Die Halle ist so groß wie drei Fußballfelder und voll endlos langer Reihen aus Biertischen, schwarzen Stühlen und 50 Kilometer Netzwerkkabeln. Techniker schließen am Donnerstagmittag noch ein paar hochwertige Monitore und Rechner an. Es sind die letzten Vorbereitungen für Deutschlands größte LAN-Party: Ab 18 Uhr strömen hier 1.900 junge und weniger junge Leute herein, um ein ganzes Wochenende lang in Computerspielen gegeneinander anzutreten. Sie tragen in dem riesigen Netzwerk diverse Turniere aus und hoffen dabei auf etwas Ruhm, Ehre – und einige Preise. Der USamerikanische Spielentwickler Riot Games hat einen Preispool von 13.000 Euro ausgelobt, das französische Videospielunternehmen Ubisoft Preisgelder von 7.000 Euro.
Insgesamt fast 70 Stunden lang – von Donnerstagabend gegen 21 Uhr bis Sonntagnachmittag – wird die Halle vom Bildschirmgewimmel erhellt. Die Leipziger Messe richtet damit zum zweiten Mal ihr hauseigenes Gaming-Event „CAGGTUS“aus. Der Kaktus ist Symbol und Kultobjekt der Szene, er gab dem Spielmarathon den Namen. Die beiden „G“in der Mitte des Namens stehen dabei für das Kürzel „Good game!“– Gutes Spiel! Einen ersten Gewinn vermeldet die Messe schon vor dem Start: Nach 1.500 Spielerinnen und Spieler vor einem Jahr sind es nun bereits 1.900 Teilnehmer. „Alle Bereiche sind in der zweiten Runde gewachsen“, sagt Leipzigs Messechef Markus Geisenberger. „Die Vorfreude ist riesengroß.“
Teilnehmen dürfen Jugendliche ab 18 Jahren, doch das Zocker-Treffen ist nicht nur etwas für junge Leute. Die ältesten Teilnehmer sind etwa 60 Jahre alt, erzählt Projektdirektor Constantin Strobel. Das Durchschnittsalter liege bereits bei 29 Jahren. Die Spiele-Fans kommen nicht nur aus dem deutschsprachigen Raum, sondern auch aus einem Dutzend europäischen Ländern. Die weiteste Anreise haben Zocker aus Norwegen und Island. Viele Spieler kommen auch in Gruppen, um an einem Ort zusammen zu spielen – statt wie sonst getrennt in Onlinewelten. Für alle, die die Messe das ganze Wochenende über nicht verlassen und dort schlafen wollen, gibt es Duschen, Küchenecken und Ruhebereiche, um einen Schlafsack auszurollen. Das einfache Einzelticket kostet für sie 144 Euro.
Doch Leipzigs Messe will nicht nur Spielveranstalter sein – sondern mit Ausstellungen, Live-Shows und Treffen mit Stars und Sternen der Gamer-Szene einen Mehrwert bieten. Erstmals gibt es auf der „CAGGTUS“einen Bereich, in dem sich Unternehmen als Arbeitgeber sowie Bildungseinrichtungen präsentieren können. An Bord sind bereits DHL, die Deka-Bank, Envia und die Messe selbst. Moderiert vom Personaldienstleister „Metagame“kommen zudem Mitarbeitende verschiedener Unternehmen zusammen und berichten, wie sie ihre Gaming-Talente und Fähigkeiten auch in der Jobwelt einsetzen können. Daneben präsentieren sich 24 unabhängige Spielstudios, darunter zehn aus Sachsen.
In einer Freispielarena mit 60 Spielstationen können Besucher zudem Klassiker wie League of Legends, Rocket League, Minecraft oder Worms spielen. Mit einer Virtual-Reality-Brille können Miniracer über eine Rennstrecke in der Halle gejagt werden und in einer Retro-Ecke werden Computer
und Spiele aus 40 Jahren gezeigt. Mit dabei: ein „KC 87“von Robotron aus Dresden und Nintendo-Gameboys von Tetris aus dem Jahr 1984. Auch einige beliebte Spiele-Erfinder und professionelle SpielIdole sind in Leipzig live dabei. Cosplayer, die ihre Lieblings-Spielfiguren mit aufwendigen Kostümen und Make-ups zum Leben erwecken, treffen sich in einem neu geschaffenen Bereich und präsentieren sich Samstagabend beim Cosplay-Wettbewerb auf der großen Bühne.
Vergangenes Jahr kamen zum GamingTreff rund 15.000 Besucherinnen und Besucher. Die Messe betrachtet den Aufbau des Caggtus-Events aber als Investition in die nächsten Jahre. In Zukunft soll das Gamingfestival dann auch Geld einspielen – zumindest aber kein Minus mehr machen. Die Gamesbranche in Deutschlands erzielt immerhin jedes Jahr neue Rekorde, zuletzt einen Jahresumsatz von rund zehn Milliarden Euro. Zweimal hatte die Leipziger Messe allerdings schon Pech mit Computerspielen: 2009 zog die „Games Convention“als Europas größte Messe für Videospiele nach Köln. 2022 Jahr wanderte das aus Schweden stammende Gamingfestival „Dreamhack“nach Hannover. Im dritten Anlauf und in Eigenregie wollen die MesseMacher das Spiel nun gewinnen.