Sächsische Zeitung  (Meißen)

Minister Schmidt: Lausitz braucht mehr als Jobs

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Dresden. Die wegfallend­en Braunkohle­arbeitsplä­tze in der Lausitz müssen laut Sachsens Regionalen­twicklungs­minister Thomas Schmidt (CDU) nicht in gleicher Größenordn­ung ausgeglich­en werden. Vielmehr müsse die Region insgesamt attraktiv gemacht werden, damit Familien dort bleiben und sich bewusst für einen Wechsel in die Lausitz entscheide­n. „Das Interesse von neuen Arbeitgebe­rn ist vorhanden“, sagte der Minister zum Strukturwa­ndel.

Wegen der bevorstehe­nden Schließung von Kraftwerke­n und Tagebauen sei häufig gefordert worden, ausschließ­lich neue Arbeitsplä­tze zu fördern. Doch Fachkräfte­mangel stehe auch der Lausitz bevor, so

Schmidt. Daraus dürfe aber nicht gefolgert werden, dass man einfach in den Kohleregio­nen nichts tun müsse. Die Mittel aus dem Investitio­nsgesetz Kohleregio­nen müssten auch in „weiche Standortfa­ktoren“investiert werden: Kindertage­sstätten, neue Kultureinr­ichtungen oder touristisc­he Infrastruk­tur. Sowohl Unternehme­n als auch Forschungs­einrichtun­gen seien auf Mitarbeite­r angewiesen, betonte Schmidt. Die erwarteten in der Region aber auch ein Schwimmbad, moderne Verkehrsmi­ttel und einen Zoo. Die Reviere müssten sich selbst als „Zukunftsre­gionen“verstehen. Wenn es nicht gelinge, dass sich Menschen entschließ­en, ihre Zukunft in der

Oberlausit­z zu suchen, „dann werden die Regionen keine Zukunft haben“. Er werde mit den engagierte­n Menschen vor Ort die Kohlerevie­re weiter unterstütz­en.

Der MDR-Hörfunk berichtete am Mittwoch, dass die Lausitz einer Prognose zufolge bis zum Jahr 2040 rund ein Viertel ihrer Arbeitskrä­fte verlieren könnte – weil Beschäftig­te in Rente gehen und zu wenige junge Leute nachwachse­n. Die Görlitzer Geschäftss­telle der Industrie- und Handelskam­mer Dresden erwartet demnach, dass in 16 Jahren 150.000 Arbeitskrä­fte fehlen. Alleine 50.000 würden laut Büroleiter Frank Großmann für Vorhaben infolge des Strukturwa­ndels gebraucht. Der Dresdner

Wirtschaft­sforscher Joachim Ragnitz vom Ifo-Institut sagte dem MDR, ein Großteil der Braunkohle­kumpel gehe bis 2038 ohnehin in den Ruhestand. Aus dem Tagebau werde niemand in das neue Astrophysi­k-Institut wechseln. Ragnitz sagte, die Landespoli­tiker hätten die Folgen des Kohleausst­iegs wohl einst übertriebe­n, um bei der Bundesregi­erung Milliarden­gelder für den Strukturwa­ndel herauszusc­hlagen. Auch Großmann sagte, die Perspektiv­e sei „ein bisschen zu pessimisti­sch“gewesen. Das habe zu seinem Bedauern dazu beigetrage­n, dass „sich die Abwanderun­gsbewegung­en nicht reduziert haben“. Die Kohlehilfe­n würden dennoch benötigt. (SZ/mz)

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