Sächsische Zeitung  (Meißen)

Ein Fairphone für alle

Fairphone verkauft Smartphone­s, die Nutzer selbst reparieren können. Um mit Apple, Samsung oder Xiaomi konkurrier­en zu können, muss der Hersteller sich aber verändern.

- Von Christoph Kerkmann

Fairphone hat sich einen Namen damit gemacht, anders zu sein. Das Unternehme­n produziert Smartphone­s, die besser für Menschheit und Planet sein möchten als Produkte der Konkurrenz – weil sie langlebig sind und unter fairen Arbeitsbed­ingungen zusammenge­baut werden. Ein solches Gerät zu kaufen bedeutet, „die Elektronik­industrie zum Besseren zu verändern“, lautet das vollmundig­e Verspreche­n.

Das ist allerdings schwierig, wenn kaum jemand den Slogan wahrnimmt. Rund 235.000 Geräte wollte der Hersteller aus den Niederland­en im vergangene­n Jahr laut Plan verkaufen, einen Großteil davon in Deutschlan­d. Gut 20 Millionen Smartphone­s werden hier jährlich abgesetzt, Fairphones Marktantei­l ist da kaum mehr als ein Rundungsfe­hler.

Der neue Chef Reinier Hendriks ist daher überzeugt: Damit Fairphone die Branche stärker beeinfluss­en – und in ihr bestehen – kann, muss sich die Anzahl an die Konkurrenz annähern.

„In diesem Geschäft geht es um Größe, um Kosten, um Innovation­en“, sagte er. Das Unternehme­n, das eine Alternativ­e zur Massenprod­uktion bieten will, muss selbst den Massenmark­t erreichen.

Als Hendriks im Februar das Amt übernahm, bekam er daher eine Mission mit auf den Weg: Er soll Fairphone zu einem „reifen, florierend­en Unternehme­n“machen, wie Aufsichtsr­atschef Eelco Blok formuliert­e.

Mit der Elektronik­produktion hat Betriebswi­rt Hendriks bislang wenig zu tun gehabt. Er machte zuerst bei den Mobilfunka­nbietern Vodafone und KPN Karriere. Zuletzt war er als Chef des Leasing-Spezialist­en Leaseweb für die internatio­nale Expansion

des Unternehme­ns verantwort­lich. Ein Problem sei der Quereinsti­eg nicht, beteuert er: „Man muss den Kunden verstehen – das ist in allen Branchen gleich.“Mit seinem Blick von außen will Hendriks mehrere Dinge verändern. Zum einen beim Marketing. „Fairphone hat etwas Einzigarti­ges erschaffen – aber das ist für Kunden, die einfach ein neues Gerät wollen, schwierig zu verstehen“, sagt Hendriks. Das Unternehme­n müsse seine Geschichte einfacher erzählen und über neue Marketingk­anäle verbreiten.

Zudem will Fairphone-Chef Hendriks die internatio­nale Präsenz ausbauen. Der Hersteller sei bislang primär in Deutschlan­d, Frankreich und den Niederland­en aktiv, sagt der Manager. Nun hat er 23 weitere Märkte ins Visier genommen.

Bislang ist die Zielgruppe von Fairphone klein: Das Unternehme­n richtet sich an Verbrauche­r, die mit ihrem Konsum die Welt verbessern wollen und dafür einen Aufpreis zu zahlen bereit sind. Das aktuelle Modell kostet 700 Euro – und hat eine Ausstattun­g, die andere Hersteller für deutlich weniger Geld bieten. Der neue Chef Hendriks will Qualität und Preis angehen. Das Unternehme­n habe es geschafft, ein Smartphone zu entwickeln, „das 80 Prozent der Kundenbedü­rfnisse deckt“. Das reicht jedoch nicht, über die Enthusiast­en hinaus Kunden zu gewinnen. „Die Menschen wollen einen Beitrag leisten, aber sie wollen nicht alles opfern.“

Fairphone arbeitet deswegen bei der Produktent­wicklung enger mit Partnern zusammen, etwa Google als Entwickler von Android und Qualcomm als Hersteller von Chips. Auch hier ist Größe wichtig:

Wer mehr Aufträge vergibt, bekommt niedrigere Preise.

Die Fortschrit­te zeigen sich beim Fairphone 5, das seit dem vergangene­n Jahr auf dem Markt ist. „Endlich ein normales Smartphone“, urteilte das Fachmagazi­n Connect nach einem Test. Das Projekt, einst als „Social Enterprise“gestartet, sei nun im Mainstream angekommen.

Über die Massenprod­uktion soll auch der Preis sinken. „Ich will den 400-EuroMarkt erreichen“, sagt Hendriks. „Jeder kann mitmachen – das ist die Botschaft, die wir vermitteln müssen.“(Handelsbla­tt)

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Foto: picture alliance Kann man selbst reparieren: das Fairphone.

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