Ein Fairphone für alle
Fairphone verkauft Smartphones, die Nutzer selbst reparieren können. Um mit Apple, Samsung oder Xiaomi konkurrieren zu können, muss der Hersteller sich aber verändern.
Fairphone hat sich einen Namen damit gemacht, anders zu sein. Das Unternehmen produziert Smartphones, die besser für Menschheit und Planet sein möchten als Produkte der Konkurrenz – weil sie langlebig sind und unter fairen Arbeitsbedingungen zusammengebaut werden. Ein solches Gerät zu kaufen bedeutet, „die Elektronikindustrie zum Besseren zu verändern“, lautet das vollmundige Versprechen.
Das ist allerdings schwierig, wenn kaum jemand den Slogan wahrnimmt. Rund 235.000 Geräte wollte der Hersteller aus den Niederlanden im vergangenen Jahr laut Plan verkaufen, einen Großteil davon in Deutschland. Gut 20 Millionen Smartphones werden hier jährlich abgesetzt, Fairphones Marktanteil ist da kaum mehr als ein Rundungsfehler.
Der neue Chef Reinier Hendriks ist daher überzeugt: Damit Fairphone die Branche stärker beeinflussen – und in ihr bestehen – kann, muss sich die Anzahl an die Konkurrenz annähern.
„In diesem Geschäft geht es um Größe, um Kosten, um Innovationen“, sagte er. Das Unternehmen, das eine Alternative zur Massenproduktion bieten will, muss selbst den Massenmarkt erreichen.
Als Hendriks im Februar das Amt übernahm, bekam er daher eine Mission mit auf den Weg: Er soll Fairphone zu einem „reifen, florierenden Unternehmen“machen, wie Aufsichtsratschef Eelco Blok formulierte.
Mit der Elektronikproduktion hat Betriebswirt Hendriks bislang wenig zu tun gehabt. Er machte zuerst bei den Mobilfunkanbietern Vodafone und KPN Karriere. Zuletzt war er als Chef des Leasing-Spezialisten Leaseweb für die internationale Expansion
des Unternehmens verantwortlich. Ein Problem sei der Quereinstieg nicht, beteuert er: „Man muss den Kunden verstehen – das ist in allen Branchen gleich.“Mit seinem Blick von außen will Hendriks mehrere Dinge verändern. Zum einen beim Marketing. „Fairphone hat etwas Einzigartiges erschaffen – aber das ist für Kunden, die einfach ein neues Gerät wollen, schwierig zu verstehen“, sagt Hendriks. Das Unternehmen müsse seine Geschichte einfacher erzählen und über neue Marketingkanäle verbreiten.
Zudem will Fairphone-Chef Hendriks die internationale Präsenz ausbauen. Der Hersteller sei bislang primär in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden aktiv, sagt der Manager. Nun hat er 23 weitere Märkte ins Visier genommen.
Bislang ist die Zielgruppe von Fairphone klein: Das Unternehmen richtet sich an Verbraucher, die mit ihrem Konsum die Welt verbessern wollen und dafür einen Aufpreis zu zahlen bereit sind. Das aktuelle Modell kostet 700 Euro – und hat eine Ausstattung, die andere Hersteller für deutlich weniger Geld bieten. Der neue Chef Hendriks will Qualität und Preis angehen. Das Unternehmen habe es geschafft, ein Smartphone zu entwickeln, „das 80 Prozent der Kundenbedürfnisse deckt“. Das reicht jedoch nicht, über die Enthusiasten hinaus Kunden zu gewinnen. „Die Menschen wollen einen Beitrag leisten, aber sie wollen nicht alles opfern.“
Fairphone arbeitet deswegen bei der Produktentwicklung enger mit Partnern zusammen, etwa Google als Entwickler von Android und Qualcomm als Hersteller von Chips. Auch hier ist Größe wichtig:
Wer mehr Aufträge vergibt, bekommt niedrigere Preise.
Die Fortschritte zeigen sich beim Fairphone 5, das seit dem vergangenen Jahr auf dem Markt ist. „Endlich ein normales Smartphone“, urteilte das Fachmagazin Connect nach einem Test. Das Projekt, einst als „Social Enterprise“gestartet, sei nun im Mainstream angekommen.
Über die Massenproduktion soll auch der Preis sinken. „Ich will den 400-EuroMarkt erreichen“, sagt Hendriks. „Jeder kann mitmachen – das ist die Botschaft, die wir vermitteln müssen.“(Handelsblatt)