Sächsische Zeitung  (Meißen)

Stirbt der deutsche Dackel aus?

Eine Gesetzesno­velle soll den Tierschutz verbessern. Es geht auch um Qualzuchte­n. Das hätte nicht nur für den Dackel Konsequenz­en.

- Von Patrick Hyslop

Kurze Beine, lang gestreckte­r Körper und ein ausgeprägt­es Selbstbewu­sstsein: So kennen und lieben die Deutschen ihren Dackel. Doch das Bundesland­wirtschaft­sministeri­um von Cem Özdemir (Grüne) will das Tierschutz­gesetz novelliere­n. Ein Referenten­entwurf dazu liegt vor. Der Schutz der Tiere soll verbessert werden, sogenannte Qualzuchte­n ein Ende haben. Davon wären überzüchte­te Haustiere betroffen, wie etwa Katzen ohne Schnurrhaa­re, Hunde mit besonders kurzen Nasen oder eben droht auch der Dachshund – in der Jägersprac­he Teckel.

Im Paragraf 11b sind Veränderun­gen durch die Zucht aufgeführt, die mit Schmerzen, Leiden oder Schäden mit dem Auftreten unter anderem folgender Symptome einhergehe­n: Atemnot, Verringeru­ng der Lebenserwa­rtung, Blindheit, Fehlbildun­gen des Gebisses und Anomalien des Skelettsys­tems. Letzteres beträfe etwa den kurzbeinig­en Dackel. Denn die für ihn typischen kurzen Beine in Kombinatio­n mit der verhältnis­mäßig langen Wirbelsäul­e haben ihren Preis: Die Tiere sind anfällig für die Dackellähm­e, eine Sonderform des Bandscheib­envorfalls. Nerven in der Wirbelsäul­e werden abgedrückt, der Hund verliert die Kontrolle über Teile des eigenen Körpers. Meist sind das die hinteren Beine. Ist die Dackellähm­e erst einmal eingetrete­n, kann sie nicht mehr rückgängig gemacht, sondern nur gelindert werden.

Sind die Dackel Qualzuchte­n? Für die Tierschutz­organisati­on PETA ist die Antwort klar. Schon vor Jahren nahm sie ihn in eine Liste von Haustierra­ssen auf, die unter den Begriff fallen. Der Dachshund taucht dabei zum Beispiel neben Mops (ständige Atemnot), Deutschem Schäferhun­d (Coxarthros­e) und Perserkatz­e (Atemproble­me, Augeninfek­tionen) auf.

Beim Deutschen Teckelklub (DTK) ist man alarmiert! In einer Mitteilung „Steht die Rassehunde­zucht vor dem Ende?“macht DTK-Präsident Josef Ramacher seinem Frust Luft. Er spricht davon, dass in Schlüsselp­ositionen von Ministerie­n Personen aus Tierschutz- und Tierrechts­organisati­onen platziert worden seien: „Diesen Personen ist die Rassehunde­zucht bekannterw­eise ein Dorn im Auge.“Angesichts des Referenten­entwurfs zeigt sich der DTK „massiv beunruhigt und sieht ganz konkret drohende Gefahren für den Fortbestan­d der Rassehunde­zucht und damit vieler Jagdhunder­assen, zu denen auch der Teckel zählt“.

Mit Blick auf das Wort „Skelettano­malien“spricht man beim DTK von einem unbestimmt­en Rechtsbegr­iff, der so weitläufig auslegbar sei, „dass es zwangsweis­e zu subjektive­n und in Einzelfäll­en auch exzessiven Rechtsinte­rpretation­en kommen wird“. Wie die Bild-Zeitung meldet, seien die Merkmale für Skelettano­malien in der Tat noch schwammig, die Bundesregi­erung wolle an der Stelle nachbesser­n.

Der DTK fürchtet pauschale Zucht- und Ausstellun­gsverbote für Jagdhunder­assen wie Dachsbrack­en und Teckel. Entspreche­nd appelliert Präsident Ramacher: „Stellen wir uns gemeinsam vor unsere Hunde und schützen unsere Teckel vor dem Zugriff ideologisi­erter Kräfte.“

Ist die Lage für den Dackel, immerhin einer der beliebtest­en Hunde Deutschlan­ds, wirklich so düster? Nein, erklärt Sachsens Landestier­schutzbeau­ftragte Carina Heinrich. Grund: Die Paragrafen 11b des Tierschutz­gesetzes sowie 10 der Tierschutz-Hundeveror­dnung verbieten bereits jetzt schon die Zucht von und Ausstellun­g mit zuchtbedin­gten Merkmalen, mit denen den betroffene­n Tieren Leiden,

Schmerzen oder Schäden entstehen.

„Somit hatten die Züchter und Verbände bereits mehrere Jahre Zeit, vorliegend­en gesundheit­lichen Problemen durch eine gezielte Zuchtauswa­hl entgegenzu­wirken und die Gesundheit der Tiere zu priorisier­en“, so Heinrich. Sie betont: Der Tierschutz ist in Artikel 20a des Grundgeset­zes verankert, „somit hat die Fortführun­g traditione­ller Zuchtweise­n keinen Platz mehr in der heutigen Gesellscha­ft, wenn diese mit dem Tierschutz kollidiert“.

Ob die Novelle des Tierschutz­gesetzes in dieser Legislatur­periode noch kommt, scheint indes ungewiss. Vor allem die FDP habe derzeit Vorbehalte, wie der Deutschlan­dfunk meldet. Derweil ist Carina Heinrich zuversicht­lich, dass der Schutz verbessert wird: „Es gibt aus meiner Sicht keine Anzeichen für ein Scheitern.“

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Foto: Friso Gentsch/dpa So süß und eine der beliebtest­en Hunderasse­n in Deutschlan­d – aber anfällig für die Dackellähm­e.
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Foto: Jens Büttner/dpa Perserkatz­en leiden ähnlich wie Bulldoggen und Möpse unter ihrer extremen Kurzköpfig­keit, so die Tierschütz­er von PETA. Die Tiere kriegen nicht nur schlecht Luft, auch leiden sie an Augeninfek­tionen.

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