Stadträte streiten über Zukunft der alten Konsumbäckerei
Das Areal an der Hafenstraße gilt als Filetstück. Noch befindet es sich in städtischer Hand. Erste Entwürfe lösten eine leidenschaftliche Debatte aus.
Ein Hotel-Komplex oder eine Stadthalle? So lassen sich die Standpunkte im Kern zusammenfassen, die am Mittwochabend im Stadtrat aufeinanderprallten. Die Zuschauer im Großen Ratssaal des historischen Rathauses – u.a. Studentinnen und Studenten der Verwaltungshochschule – erlebten eine leidenschaftlich geführte Debatte um die Zukunft des Areals der ehemaligen Konsumbäckerei.
Für das seit Jahren brachliegende Gelände, das wegen seiner Lage in der Stadt als Filetstück gilt, hatte das Baudezernat eine neue Projektstudie vorgelegt, auf deren Grundlage nun ein Investorenwettbewerb ausgerufen werden soll.
„Ein gutes Projekt wird zerredet“
Wie Baudezernent Albrecht Herrmann berichtete, wurden drei Architektenbüros um Vorschläge gebeten. Die Stadt hatte in der Aufgabenstellung vorgegeben, dass sie besonderen Wert auf „die städtebauliche und architektonische Qualität und auf angemessene Nutzungen“legt, die das vorhandene Wohnen nicht stören, sondern ergänzen, wie es im Beschlussentwurf heißt. Empfohlen wird, die vom Dresdner Büro Code Unique Architekten erarbeitete Projektstudie zur Grundlage für das Verfahren zur Auswahl der Investoren zu nehmen.
Die Studie sieht den Bau eines Hotels vor, das entsprechend der Nachfrage auch Anbietern von Busreisen zur Verfügung steht. Weitere mehrgeschossige Gebäude sollen zum Wohnen genutzt werden. In den Erdgeschossen sollen sich Läden, Dienstleister oder Ärzte ansiedeln können. Der Entwurf der Dresdner Architekten nimmt das moderne Antlitz des an der Goethestraße gegenüberliegenden Beruflichen Schulzentrums auf und modelliert dementsprechend alle Gebäude in moderner großstädtischer Architektur.
Dies sei bei der Kommission für Architektur und Stadtgestaltung (KAS) einhellig auf Zustimmung gestoßen, erklärte Baudezernent Albrecht Herrmann. Die Experten im Gremium, das die Stadt seit einigen Jahren berät, haben diese Projektidee favorisiert. „Der städtebauliche Ansatz überzeugt durch klare Baustrukturen sowie räumliche Sichtachsen und fügt sich wie selbstverständlich in den Stadtraum ein“, heißt es in der fachlichen Stellungnahme.
Die bevorzugte Variante bleibe deutlich hinter dem praktisch Machbaren zurück. Sie geht kaum auf stadträumliche Belange und Notwendigkeiten ein, kritisierte Dr. Helge Landmann (Bürger für Meißen/SPD). Das liege auch daran, dass die Aufgabenstellung für die Architekten verwaltungsintern erarbeitet und „nicht breit genug in der Öffentlichkeit diskutiert“wurde. Die Vorlage könne nur abgelehnt werden, erklärte er in einer schriftlichen Stellungnahme, die er dem Protokoll der Stadtratssitzung hinzuzufügen bat. Mit dem Hinweis auf „eine Berücksichtigung anderer Gebietsentwicklungen“brachte er das Areal des Hamburger Hofs als realistischen Standort für eine Hotelnutzung mit Bustourismus ins Gespräch.
Linken-Stadtrat Tilo Hellmann hingegen sieht in der Studie „das Beste, was wir dort machen können“und dass die Stadt mit der zur Debatte stehenden Projektidee etwas qualitativ Hochwertiges geliefert bekommt. Auf dem letzten Filetstück in städtischer Hand hätte sich Ute Czeschka (Bürger für Meißen/SPD) eine „teilöffentliche Nutzung für unsere Bürger“gewünscht. „Stadtentwicklung hat dem Gemeinwohl zu dienen – und nicht den Investoren“, erklärte sie, warum sie die vorliegenden Entwürfe ablehnt.
Die wirtschaftliche Situation könne nicht außer Acht gelassen werden, entgegnete Holger Schmidt (CDU) von der Großfraktion – auch mit dem Hinweis darauf, dass das städtische Filetstück schon lange brach liegt. Natürlich könne man auch über den Bau einer Stadthalle nachdenken, sagte er, „aber die können wir uns jetzt nicht leisten“. Er warnte davor, „ein gutes Projekt zu zerreden“.
U.L.M.-Stadtrat Holger Metzig von der Großfraktion wies darauf hin, dass die Stadt jetzt vor allem Wohnungen und Gewerbeansiedlungen brauche. Projekte dafür auf der grünen Wiese zu entwickeln, sei nicht gewünscht und im Stadtrat blockiert worden. Die vorliegende Projektidee erfülle alle Anforderungen an die Stadtentwicklung.
„Dissens liegt in der Vorgabe“
Der Chef der Bürger für Meißen/SPD-Fraktion Heiko Schulze mahnte Fairness an. Sein Fraktionskollege Helge Landmann habe nicht die KAS und deren Arbeit angegriffen, erklärte er. Der Dissens liegt in der Vorgabe an die Architekten. Dass ein Hotel in Meißen gebraucht werde, sei auch für ihn unstrittig, so Schulze. Aber gibt es denn keine andere Stelle dafür, fragte er.
Oliver Eggert (AfD) wollte wissen, wie das Parken für Hotelgäste und mögliche Anwohner des neuen Quartiers in Niederfähre/Vorbrücke geregelt werden soll. Wie Baudezernent Herrmann informierte, sei eine Tiefgarage in den Entwürfen eingeplant. Die Busse der Reiseunternehmen könnten auf dem Betriebsgelände der VGM abgestellt werden. Weitere Überlegungen müssten bei den folgenden Planungen angestellt werden.
Bei fünf Nein-Stimmen und einer Enthaltung fand der Beschlussentwurf schließlich die mehrheitliche Zustimmung im Stadtrat. Damit kann die Stadtverwaltung nun nach Investoren Ausschau halten. Die öffentliche Ausschreibung dazu, für das Areal „Alte Konsumbäckerei“mit der Adresse Hafenstraße 36-38 kann beginnen – auf Grundlage der Projektidee, die nun zur Leitstudie wird.