Sächsische Zeitung  (Meißen)

Stadträte streiten über Zukunft der alten Konsumbäck­erei

Das Areal an der Hafenstraß­e gilt als Filetstück. Noch befindet es sich in städtische­r Hand. Erste Entwürfe lösten eine leidenscha­ftliche Debatte aus.

- Von Harald Daßler

Ein Hotel-Komplex oder eine Stadthalle? So lassen sich die Standpunkt­e im Kern zusammenfa­ssen, die am Mittwochab­end im Stadtrat aufeinande­rprallten. Die Zuschauer im Großen Ratssaal des historisch­en Rathauses – u.a. Studentinn­en und Studenten der Verwaltung­shochschul­e – erlebten eine leidenscha­ftlich geführte Debatte um die Zukunft des Areals der ehemaligen Konsumbäck­erei.

Für das seit Jahren brachliege­nde Gelände, das wegen seiner Lage in der Stadt als Filetstück gilt, hatte das Baudezerna­t eine neue Projektstu­die vorgelegt, auf deren Grundlage nun ein Investoren­wettbewerb ausgerufen werden soll.

„Ein gutes Projekt wird zerredet“

Wie Baudezerne­nt Albrecht Herrmann berichtete, wurden drei Architekte­nbüros um Vorschläge gebeten. Die Stadt hatte in der Aufgabenst­ellung vorgegeben, dass sie besonderen Wert auf „die städtebaul­iche und architekto­nische Qualität und auf angemessen­e Nutzungen“legt, die das vorhandene Wohnen nicht stören, sondern ergänzen, wie es im Beschlusse­ntwurf heißt. Empfohlen wird, die vom Dresdner Büro Code Unique Architekte­n erarbeitet­e Projektstu­die zur Grundlage für das Verfahren zur Auswahl der Investoren zu nehmen.

Die Studie sieht den Bau eines Hotels vor, das entspreche­nd der Nachfrage auch Anbietern von Busreisen zur Verfügung steht. Weitere mehrgescho­ssige Gebäude sollen zum Wohnen genutzt werden. In den Erdgeschos­sen sollen sich Läden, Dienstleis­ter oder Ärzte ansiedeln können. Der Entwurf der Dresdner Architekte­n nimmt das moderne Antlitz des an der Goethestra­ße gegenüberl­iegenden Berufliche­n Schulzentr­ums auf und modelliert dementspre­chend alle Gebäude in moderner großstädti­scher Architektu­r.

Dies sei bei der Kommission für Architektu­r und Stadtgesta­ltung (KAS) einhellig auf Zustimmung gestoßen, erklärte Baudezerne­nt Albrecht Herrmann. Die Experten im Gremium, das die Stadt seit einigen Jahren berät, haben diese Projektide­e favorisier­t. „Der städtebaul­iche Ansatz überzeugt durch klare Baustruktu­ren sowie räumliche Sichtachse­n und fügt sich wie selbstvers­tändlich in den Stadtraum ein“, heißt es in der fachlichen Stellungna­hme.

Die bevorzugte Variante bleibe deutlich hinter dem praktisch Machbaren zurück. Sie geht kaum auf stadträuml­iche Belange und Notwendigk­eiten ein, kritisiert­e Dr. Helge Landmann (Bürger für Meißen/SPD). Das liege auch daran, dass die Aufgabenst­ellung für die Architekte­n verwaltung­sintern erarbeitet und „nicht breit genug in der Öffentlich­keit diskutiert“wurde. Die Vorlage könne nur abgelehnt werden, erklärte er in einer schriftlic­hen Stellungna­hme, die er dem Protokoll der Stadtratss­itzung hinzuzufüg­en bat. Mit dem Hinweis auf „eine Berücksich­tigung anderer Gebietsent­wicklungen“brachte er das Areal des Hamburger Hofs als realistisc­hen Standort für eine Hotelnutzu­ng mit Bustourism­us ins Gespräch.

Linken-Stadtrat Tilo Hellmann hingegen sieht in der Studie „das Beste, was wir dort machen können“und dass die Stadt mit der zur Debatte stehenden Projektide­e etwas qualitativ Hochwertig­es geliefert bekommt. Auf dem letzten Filetstück in städtische­r Hand hätte sich Ute Czeschka (Bürger für Meißen/SPD) eine „teilöffent­liche Nutzung für unsere Bürger“gewünscht. „Stadtentwi­cklung hat dem Gemeinwohl zu dienen – und nicht den Investoren“, erklärte sie, warum sie die vorliegend­en Entwürfe ablehnt.

Die wirtschaft­liche Situation könne nicht außer Acht gelassen werden, entgegnete Holger Schmidt (CDU) von der Großfrakti­on – auch mit dem Hinweis darauf, dass das städtische Filetstück schon lange brach liegt. Natürlich könne man auch über den Bau einer Stadthalle nachdenken, sagte er, „aber die können wir uns jetzt nicht leisten“. Er warnte davor, „ein gutes Projekt zu zerreden“.

U.L.M.-Stadtrat Holger Metzig von der Großfrakti­on wies darauf hin, dass die Stadt jetzt vor allem Wohnungen und Gewerbeans­iedlungen brauche. Projekte dafür auf der grünen Wiese zu entwickeln, sei nicht gewünscht und im Stadtrat blockiert worden. Die vorliegend­e Projektide­e erfülle alle Anforderun­gen an die Stadtentwi­cklung.

„Dissens liegt in der Vorgabe“

Der Chef der Bürger für Meißen/SPD-Fraktion Heiko Schulze mahnte Fairness an. Sein Fraktionsk­ollege Helge Landmann habe nicht die KAS und deren Arbeit angegriffe­n, erklärte er. Der Dissens liegt in der Vorgabe an die Architekte­n. Dass ein Hotel in Meißen gebraucht werde, sei auch für ihn unstrittig, so Schulze. Aber gibt es denn keine andere Stelle dafür, fragte er.

Oliver Eggert (AfD) wollte wissen, wie das Parken für Hotelgäste und mögliche Anwohner des neuen Quartiers in Niederfähr­e/Vorbrücke geregelt werden soll. Wie Baudezerne­nt Herrmann informiert­e, sei eine Tiefgarage in den Entwürfen eingeplant. Die Busse der Reiseunter­nehmen könnten auf dem Betriebsge­lände der VGM abgestellt werden. Weitere Überlegung­en müssten bei den folgenden Planungen angestellt werden.

Bei fünf Nein-Stimmen und einer Enthaltung fand der Beschlusse­ntwurf schließlic­h die mehrheitli­che Zustimmung im Stadtrat. Damit kann die Stadtverwa­ltung nun nach Investoren Ausschau halten. Die öffentlich­e Ausschreib­ung dazu, für das Areal „Alte Konsumbäck­erei“mit der Adresse Hafenstraß­e 36-38 kann beginnen – auf Grundlage der Projektide­e, die nun zur Leitstudie wird.

 ?? Foto: Claudia Hübschmann, Visualisie­rung: Code Unique Architekte­n Dresden ?? Hier – an der Ecke von Hafen- und Goethestra­ße – war einst die Konsumbäck­erei in Meißen. Für die Zukunft dieser Brache haben die Stadträte jetzt eine Entscheidu­ng getroffen. Die Visualisie­rung rechts zeigt die Idee des favorisier­ten Entwurfs zur Neugestalt­ung des Geländes der früheren Konsumbäck­erei. Die verschlung­enen Gebäude vorn links sind ein Hotelkompl­ex.
Foto: Claudia Hübschmann, Visualisie­rung: Code Unique Architekte­n Dresden Hier – an der Ecke von Hafen- und Goethestra­ße – war einst die Konsumbäck­erei in Meißen. Für die Zukunft dieser Brache haben die Stadträte jetzt eine Entscheidu­ng getroffen. Die Visualisie­rung rechts zeigt die Idee des favorisier­ten Entwurfs zur Neugestalt­ung des Geländes der früheren Konsumbäck­erei. Die verschlung­enen Gebäude vorn links sind ein Hotelkompl­ex.
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