Richtfest an der neuen Reithalle
Seit 2007 wird auf dem Gelände des Landgestüts Moritzburg gebaut. 24 Millionen Euro werden am Ende investiert sein, ein Großteil dafür für die neue Multifunktionshalle.
Die weiß-grünen Bänder der Richtkrone flattern im immer noch frischen Frühlingswind, während die Zimmerleute ihren Richtspruch verlesen und schließlich das geleerte Glas zu Boden stürzt. Die Scherben mögen nach altem Brauch Glück bringen, dem neuen Bau und all seinen Nutzern.
Es ist Donnerstagnachmittag, als sich in der neuen Reithalle des Landesgestüts gut 200 Gäste versammeln. Der eben noch dunkel dreinschauende Himmel reißt plötzlich auf, als sich die am Kran fest vertäute Richtkrone in den Himmel hebt. Man kann es als gutes Zeichen werten für ein Projekt, dessen Anfänge bis in die 1990-er Jahre zurückreichen. Schon damals wünschte man sich eine neue Halle, doch es dauerte bis November 2022, bis der Grundstein für das Multifunktionsgebäude gelegt werden konnte. Ein Hybridbau aus
Beton und viel Holz, wie Sachsens Landwirtschaftsminister Wolfram Günther (Grüne) betonte.
Auf dem Dach wird es bald eine Solaranlage mit einer Leistung von 100 Kilowattpeak geben, die den Eigenverbrauch möglichst komplett decken soll und in der Erde wurde eine große Regenwasserzisterne verbuddelt. Die Abreithalle, im rechten Winkel stehend, befindet sich auch noch im Bau. Sie könne, so Günther, bei Bedarf noch baulich erweitert werden.
Allein die neue Multifunktionshalle umfasst 6.000 Quadratmeter. Hier soll trainiert werden, das Dressur- und Springreiten ebenso wie die Fahrausbildung mit Kutschen. Die Halle hat aber auch eine große Tribüne, deren imposantes Betongerüst jetzt schon zu sehen ist. Hier finden bis zu 800 Zuschauer bequem Platz, trocken und auch warm. Für letzteres soll eine energiesparende Infrarot-Strahlungsheizung auf Basis von LEDs sorgen. Die Halle wird als ergänzend zum Turnierplatz wichtiger Veranstaltungsort werden.
Es sei, so Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), nach der Wende eine bewusste Entscheidung gewesen, die Pferdezucht in Moritzburg fortzuführen. Selbsterklärend war das nicht, angesichts von zahlreichen unsanierten Straßen und Hausruinen, die diese säumten. Aber die
Pferdezucht präge Sachsen, ebenso wie der Bergbau im Erzgebirge oder das Meissner Porzellan.
Ihre Tradition geht auf König Anton den Gütigen zurück, der nach dem Ende der napoleonischen Kriege schon 1815 entscheid, 38 Deckhengste in Moritzburg einzustellen, darauf wurde später das Landgestüt. Zunächst waren es vor allem schwere Warmblüter und später auch Kaltblüter, denen man Beachtung schenkte. Heute sorgt das Gestüt in Moritzburg und Graditz dafür, dass alte Pferderassen erhalten bleiben.
Ein Engagement, das nicht nur national, sondern auch international Beachtung findet, wie die Leiterin des Gestüts, Kati Schöpke, erklärt. Entsprechend werde auch der Neubau mit großem Interesse verfolgt. Bis er eingeweiht und genutzt werden kann, werden allerdings noch einige Monate vergehen. In der Pressemitteilung am Donnerstag werden die zahlreich beteiligten Ministerien sowie der Sommer 2025 als Fertigstellungstermin genannt.
Unübersehbar ist der Bau schon jetzt und das liegt vor allem an einem hohen Kran. Der war vorübergehend sogar vom Flughafen Dresden aus sichtbar, überragte er doch die umliegenden Wälder der Moritzburger Kleinkuppenlandschaft um Längen. Sie und das FFH-Naturschutzgebiet seien es auch gewesen, die den Neubau durchaus anspruchsvoll gemacht hätten, so Landwirtschaftsminister Günther. Und dennoch, trotz des langen Anlaufes sei es eine von den Landtagsabgeordneten mehrheitlich getragene Entscheidung gewesen, den Neubau zu finanzieren, „Und dafür bin ich ihnen dankbar“, sagte Finanzminister Hartmut Vorjohann (CDU).
Es ist am Ende eine bewusste Entscheidung für die Pflege von Werten, aber auch ein Wirtschaftsfaktor. In Sachsen leben rund 30.000 Pferde, es gibt 12.000 Halter und mehr als 300 sehr aktive Vereine. Auf rund 250 Millionen Euro Wertschöpfung schätzt Landwirtschaftsminister Günther die jährlichen Erträge allein im landwirtschaftlichen Bereich durch die Pferdehaltung, hinzukommen kulturelle Einnahmen durch Veranstaltungen.
Bestes Beispiel sind die Moritzburger Hengstparaden, die 1924, also vor exakt 100 Jahren, zum ersten Mal stattfanden. In diesem Jahr werden sie noch ohne die neue Multifunktionshalle auskommen müssen, aber schon 2025 könnte diese dann auch als Schlechtwettervariante zur Verfügung stehen. Züchten heiße, so Gestütschefin Kati Schöpke, in Generationen zu denken. Und so verhalte es sich auch mit der Reithalle. Sie werde künftig Generationen von Reitern und Pferden dienen.