In Moritzburg gibt es wieder einen Fleischer
Nach über einem Jahr hat Moritzburg wieder einen Fleischer. Der verspricht Qualität, Roster vom Grill und einen Mittagstisch. Ronny Schüttler hat gewissermaßen ein Stück seiner Thüringer Heimat mitgebracht.
Ein Mittwoch auf der Schlossallee in Moritzburg, es ist der Tag vor Himmelfahrt. Das verlängerte Wochenende nutzen viele Gäste für einen Ausflug in die Region, während Einheimische den Grill anwerfen. Gut also, dass es wieder einen Fleischer im Ort gibt. Im Frühjahr hat die „Thüringer Fleisch- und Wurstwelt“ihre Türen geöffnet. Seitdem stehen die Menschen in Moritzburg teilweise im wahrsten Sinne des Wortes Schlange.
Sie freuen sich, dass sie Wurst und Fleisch nun wieder frisch von der Theke vor Ort bekommen. Ein Mann fragt nach Steaks für das Himmelfahrtsgrillen, während eine Dame sich mit Wurst eindeckt. Auch zwei Urlauber schauen in den Laden herein. Sie kommen aus dem Erzgebirge und sind regelmäßig in Moritzburg. „Es ist toll, dass es wieder einen Fleischer gibt“, sagen sie und fragen nach einer Kleinigkeit im Brötchen für den Weg.
Vor über einem Jahr schloss die Ernst Schulze Fleischerei & Feinkost GmbH wegen fehlendem Personal die Türen. Seitdem suchte die Dresdner Vermieterin Bettina Knitsch einen Nachfolger und hat ihn nun in Ronny Schüttler und dem Team gefunden. Dieser wurde durch den damaligen Artikel der Sächsischen Zeitung und eine Immobilienanzeige auf den leer stehenden Laden aufmerksam.
Schüttler ist gelernter Fleischereifachverkäufer. Ausgebildet wurde er dort, wo die Rostbratwurst herkommt: in Thüringen. Seine Heimat ist in allen Ecken des Ladens Thema, denn wie der Name verrät, gibt es hier Fleisch aus dem Nachbarbundesland. Zweimal die Woche liefert die Fleischerei Zitzmann aus Erfurt frische Waren. Diese ist eine von wenigen Fleischereien in
Deutschland, die noch selber schlachtet.
„Es ist wichtig, dass das Fleisch nicht einmal quer durch Deutschland gekarrt wird“, sagt Schüttler, der beobachtet, dass viele in Moritzburg Wert auf die Qualität der Waren legen. Der Fleischer in Thüringen könne diese Qualität erfüllen, meint Schüttler. Auf der Website heißt es, dass Zitzmann auf heimische Tiere aus artgerechter Aufzucht und Fütterung setzt.
Sechs Tage die Woche geöffnet
Neben der berühmten Thüringer Rostbratwurst gibt es auch noch andere Spezialitäten. Diese sind zum Teil weniger bekannt. Schüttler erzählt von dem Mutzbraten, der aus Schweinefleisch besteht und mit Senf,
Majoran und einem geheimen Gewürz verfeinert wird. „Das auf den Grill, dazu Sauerkraut und Bier und alles ist gut“, sagt Schüttler und schmunzelt.
Dass er seinen Beruf liebt, merkt man dem 44-Jährigen, der den Laden gemeinsam mit Chef Jörg Schüttler und zwei Mitarbeiterinnen schmeißt, sofort an. Jeder Kunde wird freundlich begrüßt, bedient und gern auch beraten. Bei manchen Wünschen hört Schüttler lieber zweimal hin, denn die Wurst- und Fleischwelt unterscheidet sich in Sachsen in manchen Begriffen von den Spezialitäten in Thüringen.
So hat Schüttler das Wort Hackepeter erst kennengelernt, als er 2013 seine Heimat verließ. Dort ist ein anderer Begriff Kult, der wiederum in Sachsen weniger geläufig ist: Das Rostbrätel, vielen besser bekannt als Schweinenackensteak. „Wenn ich Rostbrätel sage, da gucken mich die Leute an“, sagt Schüttler und lacht.
Übung im Umgang mit den sächsischen Kunden hat er bereits in einer Fleischerei in Dresden-Klotzsche bekommen. Dort verkaufte er bis Anfang des Jahres ebenfalls Thüringer Ware. Doch die Chefin kündigte ihm und den anderen Mitarbeiterinnen, die nun in Moritzburg eine neue Stelle gefunden haben. Für sie gibt es viel zu tun, denn der Laden hat durchgehend von Dienstag bis Sonntag geöffnet.
„Wir dürfen das, weil wir auch Souvenirs verkaufen“, erklärt Schüttler und meint damit die Postkarten und Briefmarken. Der Fleischerladen bietet außerdem Eis und Bier aus Thüringer Brauereien an.
Eine weitere Besonderheit ist der Grill, den das Team am Wochenende und an Feiertagen wie dem Himmelfahrtstag aufstellt. Die Roster kamen so gut an, dass ein zweiter Grill schon bestellt ist, auch weitere Sitzgarnituren wird es geben.
Auch Mittagstisch und Catering
Wer mehr als Bratwurst oder Schnitzelbrötchen sucht, dürfte beim Mittagsangebot fündig werden. Saure Eier in Senfsoße, Salat mit Putenbruststreifen oder Gulasch mit Knödel stehen auf der wöchentlich wechselnden Speisekarte. „Besonders für Leute, die in der Nähe arbeiten oder hier durchfahren, ist das eine gute Möglichkeit“, meint Schüttler. Die Preise bewegen sich zwischen 5,50 Euro und knapp sieben Euro. Speisen bietet die Thüringer Fleischund Wurstwelt auch außer Haus an, was sehr gut bei den Menschen rund um Moritzburg bis hin nach Dresden oder Radeburg ankommt. „Wir müssen teilweise schon gucken, ob an dem Tag noch was frei ist“, freut sich Schüttler, bei dem schon Cateringbestellungen bis in den Oktober im Kalender stehen.
Am 17. Mai wird der erfolgreiche Start gewissermaßen gefeiert, und zwar bei einer kleinen Hausmesse mit den Lieferanten und Produzenten. Zwischen 11 und 17 Uhr lädt das Team ein, um ihre Waren vorzustellen. Verkostungen mit den Produzenten und Überraschungen sind angekündigt, und natürlich brennt dann auch wieder der Rost vor der Tür – mit Thüringer Spezialitäten.
Wenn Sohn oder Tochter einfach nur mitfährt, könnte es schnell langweilig werden.
Tobias Franke
Chef von „Aktiv Tours“Meißen
Irgendwann, meistens im Kindesalter, bekommt man erklärt, dass die Elbe nicht ohne ist. Stromschnellen und so. Lieber nicht schwimmen gehen. Der Hinweis ist sicher berechtigt, und bleibt im Kopf, bis man groß ist. Unser Fluss hat damit seinen Ruf ein bisschen weg, auch was andere Disziplinen angeht. Ihr geht paddeln auf der Elbe? Ist das nicht gefährlich? Selbst in der SZ-Redaktion ist man etwas besorgt bezüglich des Vorhabens. Wir machen das jetzt einfach. Wir, das sind Fotografin Claudia Hübschmann und Redakteur André Schramm.
Tobias Franke ist unser Mann. Manche nennen ihn den letzten Bootsverleiher ab Meißen (bis Torgau). Sportstyp mit Bandana und Funktionsklamotten, 53 Jahre alt, gut drauf. Eine Woche ist es her, als wir ihn das erste Mal trafen. Beim Touristik-Testtag stand er auf dem Elbeparkplatz mit seinen Kajaks – stundenlang. „Getestet hat niemand. Lag vielleicht an der Zeit. Ein Versuch war es wert“, sagt der Chef von „Aktiv Tours Meissen“. Möglicherweise hatte das zurückhaltende Interesse aber auch andere Gründe. Der Wassersporttourismus ab Elbkilometer 82 ist die letzten Jahre nie wirklich in Fahrt gekommen. Weiter oben – im Elbsandsteingebirge – ist wesentlich mehr los. Soviel vorweg: Paddeln ab Meißen hat auch Vorzüge, jedenfalls für die, die sich trauen, ins Kajak zu steigen. Doppelkajak, um genau zu sein. Platz für ein Kind wäre auch. Das Teil wiegt etwa 25 Kilo, ist aber auch recht breit. Das ist wiederum der Stabilität äußerst zuträglich. Tobias Franke legt Wert aufs Mitmachen – im konkreten Fall das Tragen. Es gibt noch eine Einweisung. Wir erfahren, wo man Brücken durchfährt (und wo nicht), was bei motorisierten Schiffen zu tun ist, und wo man lieber nicht anlandet. Bei der Elbe handelt es sich schließlich um eine Bundeswasserstraße. Da gibt es Regeln. Für die Wertsachen gibt es eine kleine wasserdichte Tonne. Schwimmweste gefällig? Aber gern!
Wir steigen ein. Das klappt besser als erwartet. Nur die Flaschen und der Verpackungsmüll am Parkplatz-Ufer ziehen die Vorfreude etwas runter.
„Da habt ihr echt Glück. Es sind ideale Bedingungen“, ruft Tobias Franke noch hinterher. 18 Grad, blauer Himmel, kein Wind. Bevor man richtig realisiert, was nun läuft, befindet sich das Boot schon unter der Altstadtbrücke. Unverbrauchte Fotomotive tun sich plötzlich auf. Es geht vorbei an der Albrechtsburg und dem CaravanStellplatz. Es kommt das Zirkuszelt und die neue Elbbrücke. Wasser kleckert aufs Bein. Eine Technik, um das zu unterbinden, finde ich nicht. Egal. Schon an der Knorre. Das ging aber fix.
Der Blick geht ein paar Mal zurück. Die Albrechtsburg scheint uns zu verfolgen. Nach einer guten halben Stunde verschwindet sie hinter einer Kurve. Das Schöne auf der Elbe: Auch wenn das Paddel ruht, geht es voran – mit 4 bis 5 Kilometer pro Stunde. Das hängt ein bisschen davon ab, ob man in der Mitte oder eher am Rand unterwegs ist. Mit vollem Einsatz schafft man10 Kilometer pro Stunde. Es gibt heute für alles eine App.
Der Bootsverleiher hat uns erzählt, dass es Tage gibt, an denen der Wind so stark bläst, dass er im ungünstigsten Fall die Strömungsgeschwindigkeit aufhebt. Man kann prinzipiell bei jedem Wetter paddeln. Nur bei Gewitter muss man raus.
Oberarme und Schultern haben inzwischen ordentlich zu tun. Es dauert eine Weile, um die richtige Frequenz zu finden. Wir sehen viele Reiher am Ufer. Sobald wir uns nähern, heben sie ab. Claudia braucht das Teleobjektiv, und das liegt im Rucksack ganz vorn in ihrem Boot – also außerhalb ihrer Reichweite, aber nicht meiner. Das Längsseits-Manöver mitten auf der Elbe klappt einwandfrei.
Beim Sport braucht man Ziele. Eines wäre das „Zum Zuessenhaus“. Für eine Einkehr ist es noch zu früh. Der Anlandeplatz aber ist vorhanden. Die B 6 und ihren Lkw-Verkehr auf der anderen Seite haben wir inzwischen hinter uns gelassen. Es wird ländlich und verdammt ruhig. Das Geläut der Zehrener Kirche tönt aus der Ferne, und ein aufgeregter Hahn. Ansonsten gibt es nur das Plätschern des Paddels und uns – völlig einsam inmitten der Natur. Die Sonne brezelt in den Nacken. Man könnte sich jetzt durchaus der Jacke entledigen.
Wir haben uns vorher auch über das Thema „paddeln mit Kindern“unterhalten. Ich war der Auffassung, bevor das Kind nicht schwimmen kann, geht es nicht aufs Wasser. Tobias Franke gab aber noch einen weiteren Punkt zu bedenken: „Wenn Sohn oder Tochter einfach nur mitfährt, könnte es schnell langweilig werden.“Bewegungsspielraum im Kajak tendiert gegen null. Beim Schlauchboot sieht es etwas besser aus. „Am Ende obliegt die Entscheidung den Eltern. Sie kennen ihre Schützlinge am besten“, so der Experte. Selber-Paddeln empfiehlt er Kindern ab fünfter Klasse. Da ist man in der Regel elf Jahre alt.
Bei „Aktiv Tours Meissen“kann man neben Schlauchbooten und Kajaks auch die größeren Kanadier mieten – für Mehrtagestouren zum Beispiel. Wer letzteres vorhat, sollte sich um Schlafplätze kümmern. „Wenn man vorher bei Kanu- und Rudervereinen nett anfragt, dann haben die meistens ein Plätzchen für ein Zelt auf ihrem Vereinsgelände frei“, meint Franke. 25 bis 30 Kilometer pro Tag sind auf der Elbe in gemütlichem Tempo locker drin.
Inzwischen erhebt sich das Felsmassiv von Diesbar-Seußlitz in der Ferne. Von hinten ertönt Motorengebrumm. Ein Schlauchboot mit Außenborder. Der Bootsführer nimmt Rücksicht, geht auf unserer Höhe vom Gas. Die Wellen sind vertretbar. Vor uns biegt jetzt sogar noch ein Schlepper ein. Auf der Brücke sieht man einen gelangweilten Schiffsführer.
Ist das da etwa eine Blase an den büroverwöhnten Schreibtischhänden? Der Anfang davon. Zehn Kilometer sind vorüber, zwei Stunden um. Unterhalb des Weinguts Lehmann empfängt uns Tobias Franke mit seinem Transporter samt Bootsanhänger. Während Claudia schon anlegt, probiere ich noch, was ich mir die ganze Zeit aufgespart habe: Paddeln gegen den Strom. Völlig andere Hausnummer. Gefühlt geht es gar nicht vorwärts.
Man könnte jetzt auch Eis essen gehen. Gelegenheit gibt es das gleich nebenan. Stattdessen wird das Boot gesäubert – mit Schwamm. Wie gesagt, mitmachen. Auf dem Rückweg nach Meißen erzählt Tobias Franke, dass er einmal die Touristiker aus der Region eingeladen hatte zu einer ähnlichen Tour. Damit sie hinterher den Besuchern davon erzählen können. Ein Termin sei nie zustande gekommen. Schade eigentlich. Das sollte man vielleicht nachholen. Unser Fazit: Ein schönes Erlebnis mit bleibenden Eindrücken. In Gefahr wähnten wir uns zu keiner Zeit. Die kleine Rötung an der Hand war am nächsten Tag auch ausgestanden.
Tagesleihe für ein Doppelkajak 35 Euro. Die Abholung wird nach Entfernung berechnet (pro Fahrt, 9-Sitzer). Anmeldung bitte spätestens einen Tag vor der Tour. Touren auf der Röder sind auch möglich. www.reisen-meissen.de