Wie die Fahrradmafia Drogenabhängige benutzt
Vor dem Landgericht Görlitz muss sich jetzt ein 31-jähriger wegen einer 21-teiligen Diebstahlserie verantworten. Er sagt, wie er Fahrraddieben half.
Der Fahrradklau in der Grenzstadt Görlitz ist in den letzten Jahren ein wachsendes Problem geworden. Das auch, weil die Fahrräder, insbesondere die E-Bikes immer hochwertiger und damit teurer werden, damit ein immer mehr lohnendes Ziel für Diebe. Vor dem Landgericht Görlitz sagte ein 31-jähriger Mann, offenbar sozial abgerutscht, wohl ohne festen Wohnsitz und nach einem Rückfall schwer drogenabhängig, während der Verhandlung am Montag, wie er von Fahrraddieben benutzt wurde.
Angeklagt ist er wegen 21 Diebstählen, einen Großteil davon räumt er freimütig ein. In einigen Fällen hochwertiger Fahrräder und E-Scooter vom Mai/Juni 2023, bestreitet der Mann mit kräftigen Oberarmen jedoch, der Dieb gewesen zu sein. Das trifft auch auf ein 2.500 Euro teures E-Bike zu (gestohlen am Lidl auf der Reichenbacher Straße, auf zwei E-Bikes im Wert von je 2.300 Euro (aus einem Hausflur auf der Rauschwalder Straße), auf ein 3.000-Euro-EBike (vom Radständer am Kino), ein Mountainbike im Wert von 600 Euro (vom Parkplatz am Neißepark), auf ein 1.800 Euro teures Mountainbike am Rathaus und auch auf einen E-Scooter im Wert von 1.000 Euro, gestohlen an der Jägerkaserne. Bei all diesen Fahrzeugen knackten die Diebe ein Schloss. „Ich bin in diesen Fällen übers Handy oder direkt gefragt worden, ob ich die Räder oder den E-Scooter über die Grenze nach Polen schaffen könnte. Ich habe das Fahrzeug in Görlitz übernommen, bin über die Altstadtbrücke gefahren, habe es in Zgorzelec dem gleichen Mann wieder übergeben und als kleine Provision später in Deutschland ein paar Drogen dafür bekommen“, sagt der Angeklagte. Dass er wusste, dass es sich um Diebesgut handelt und dass es sich bei jenem Bekannten um den mutmaßlichen Dieb handelt, räumte er ein. Den Namen dieses Diebes wollte er vor Gericht nicht preisgeben.
Die Fahrten über die Altstadtbrücke sind gut dokumentiert. Die dort installierten Kameras haben in diesem Fall gute Dienste erwiesen und zeigen, dass der Angeklagte mit dem gestohlenen Rad/E-Scooter über die Grenze gefahren und zu Fuß zurückgekehrt ist. „Die Bilder sind so gestochen scharf, wir benötigen wirklich keinen Gutachter, um uns sicher zu sein, dass das der Angeklagte ist“, freute sich Richter Uwe Böcker, der sogleich erklärte, dass der Angeklagte in diesen Fällen wegen gewerbsmäßiger Hehlerei statt Diebstahl verurteilt werden könnte. Da der Strafrahmen der gleiche bleibt, habe das auf eine mögliche Höhe der Strafe nur wenig Auswirkung, so Böcker. Den Großteil der anderen Diebstähle räumte der Angeklagte ein. Es handelt sich um Gelegenheiten, wenn er etwa ein nicht gesichertes (und auch nicht hochwertiges) Fahrrad entdeckte, und einige Ladendiebstähle. Der vielleicht spektakulärste: Im Kaufland Görlitz stahl er einen Akkuschrauber für 150 Euro und verschwand durch den Notausgang. Zwei kleinere Taten bestritt der Angeklagte, woraufhin das Gericht ankündigte, diese Vorwürfe einzustellen, weil sie bezüglich des Strafmaßes sowieso nicht ins Gewicht fallen. Das Verfahren, geplant waren zwei weitere Verhandlungstage mit vielen Zeugen, wird nun abgekürzt. Am Dienstag wird noch der Sachverständige zur (Drogen-)Vorgeschichte des Angeklagten gehört, am Nachmittag soll bereits das Urteil fallen.