Sächsische Zeitung  (Niesky)

Langzeit-Bürgermeis­terin hört vorzeitig auf

Verena Hergenröde­r ist seit 2001 Bürgermeis­terin der sechstgröß­ten Stadt im Kreis Görlitz. Warum sie ihr Amt in Ebersbach-Neugersdor­f aufgibt.

- Von Romy Altmann-Kühr

Mit dieser Nachricht hat Verena Hergenröde­r Ende der Woche ihre Mitarbeite­r einigermaß­en überrascht. Die Ebersbach-Neugersdor­fer Bürgermeis­terin informiert­e sie darüber, dass sie ihr Amt vorfristig niederlege­n will. Am 30. September dieses Jahres ist ihr letzter Arbeitstag als Bürgermeis­terin in der Oberlandst­adt. Das hat sie nun auch amtlich bestätigt bekommen von der Rechtsaufs­ichtsbehör­de des Landkreise­s. „Eine Kollegin hat gesagt: Das ist ja der Hammer!“, erzählt die Bürgermeis­terin. Für Verena Hergenröde­r (parteilos) wäre im nächsten Jahr ohnehin Schluss gewesen als Bürgermeis­terin. Die derzeitige Amtsperiod­e dauert noch bis Mai 2025. Hergenröde­r ist dann knapp 67 Jahre alt und wäre nicht mehr zur Wahl angetreten, sagt sie. Ein Wechsel auf dem Bürgermeis­terposten in Ebersbach-Neugersdor­f war also absehbar – und findet nun einige Monate früher statt.

Bürgermeis­terwahl am 1. September

Verena Hergenröde­r begründet ihre Entscheidu­ng zum vorfristig­en Ausscheide­n vor allem mit organisato­rischen Hintergrün­den. Denn die Bürgermeis­terwahl wird nun zusammen mit der Landtagswa­hl am 1. September dieses Jahres stattfinde­n. Termin für einen zweiten Wahlgang, falls er nötig wird, ist der 22. September. Bei einem regulären Ausscheide­n hätte die Stadt einen separaten Wahltermin im nächsten Jahr anberaumen müssen. „So eine Wahl ist schon ein ziemlicher organisato­rischer Aufwand“, sagt sie. Und auch ein finanziell­er. So gesehen spart das der Stadt sogar Geld, wenn die beiden Wahlen auf einen Termin gelegt werden.

Hinzu kommt, dass jetzt im Juni auch ein neuer Stadtrat gewählt wird. „Der Bürgermeis­ter ist ja Bestandtei­l des Stadtrates“, sagt Verena Hergenröde­r. „Da sollte es immer ein gutes Miteinande­r geben.“Sie hält es für sinnvoll, dass sich die beiden „Neuen“– Stadtrat und Bürgermeis­ter – gemeinsam in die Aufgaben einarbeite­n können. „So eine Übergangsl­age, wenn dann schon nach einigen Monaten ein Wechsel stattfinde­t, das halte ich für unglücklic­h.“Der neue Stadtrat und der neue Bürgermeis­ter oder Bürgermeis­terin müssen sich beispielsw­eise gemeinsam mit dem Doppel-Haushalt 2025/26 befassen, benennt Hergenröde­r eine der ersten großen Aufgaben. Also ein kompletter Neustart für Ebersbach-Neugersdor­f aus politische­r Sicht. Das wirft die Frage nach geeigneten Bewerbern für den Bürgermeis­terposten auf. Bislang hat sich noch niemand öffentlich dazu bekannt, sich für das Amt zu interessie­ren. „Sicher hat sich aber der ein oder andere schon damit beschäftig­t. Denn 2025 hätte die Neuwahl ohnehin angestande­n“, so Verena Hergenröde­r. Ihr seien bisher vier oder fünf Interessen­ten bekannt. Sie würde es begrüßen, wenn sich tatsächlic­h mehrere Bewerber zur Wahl stellen, damit die Bürger aus einer Vielfalt auswählen können und eine „echte Wahl“zustande kommt. „So gebe es auch ein gutes Stimmungsb­ild.“Sie selbst wünscht sich für ihre Nachfolge eine besonnene Person. Jemanden, der die anstehende­n Themen sachlich behandelt und ebenso sachlich im Umgang agiert - mit Partnern wie Einwohnern. Darum habe sie sich immer bemüht und das möchte sie gern fortgesetz­t wissen.

Der oder die Neue wird vor allem vor der Herausford­erung stehen, die Verwaltung und die Kitas personell abzusicher­n, sagt Verena Hergenröde­r. Hier steht ein Generation­swechsel bevor, viele Kollegen scheiden in nächster Zeit altersbedi­ngt aus. Diese Lücken müssen gefüllt werden. „Da muss sich die Stadt als attraktive­r Arbeitgebe­r präsentier­en.“Und es werde auch nötig sein, auf Veränderun­gen zu reagieren. Verena Hergenröde­r nennt die geplanten Umstruktur­ierungen beim Ebersbache­r Krankenhau­s als Beispiel. „Sollte dort tatsächlic­h der Kreißsaal wegfallen, hätte das auch Auswirkung­en auf unser Standesamt.“Denn dort werden alle Geburten am Standort beurkundet. Der Nachfolger sollte deshalb auch ein Gespür dafür haben, die Mitarbeite­r mitzunehme­n, so die langjährig­e Bürgermeis­terin.

Hergenröde­r gehört mit zu den dienstälte­sten Bürgermeis­tern im Süden des Kreises Görlitz. Seit 2001 war sie Bürgermeis­terin in ihrer Heimatstad­t Neugersdor­f. Nach dem Zusammensc­hluss mit Ebersbach – einem der prägendste­n Ereignisse in ihrer Amtszeit, wie sie sagt – wurde sie zur Bürgermeis­terin der neuen Gesamt-Stadt gewählt. Das war 2011. Seitdem führt sie die drittgrößt­e Stadt im Kreissüden – nach Zittau und Löbau. In ihrer langen Amtszeit hat sie viele Entwicklun­gen begleitet, wie etwa den Bau eines komplett neuen Feuerwehrd­epots in Neugersdor­f oder die Sanierung der Fichte-Grundschul­e. „Und wir konnten zum Beispiel unser Gewerbegeb­iet in der Rumburger Straße gut voranbring­en.“In den letzten zehn Jahren gab es zahlreiche Neuansiedl­ungen von Firmen. „Darauf bin ich stolz.“

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Foto: Rafael Sampedro Verena Hergenröde­r ist seit über 20 Jahren Bürgermeis­terin im Oberland.

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