22-Jährige entschlüsselt lateinische Inschriften in Zittau
Margarete Friebolin wird im Mai Führungen anbieten. Wie die junge Frau aus Ruppersdorf zu diesem speziellen Wissen kommt und was sie daran fasziniert.
Wenn Margarete Friebolin durch die Zittauer Innenstadt geht, hat sie einen geschärften Blick für alle historischen Buchstabenkürzel und Sprüche an Hauswänden, unter Dächern oder auf Brunnen. Vor allem dann, wenn sie auf Latein verfasst sind. Die 22-jährige Ruppersdorferin gehört zu denjenigen, die solche Inschriften übersetzen können. Friebolin hat Griechisch-Lateinische Philologie studiert und weiß, wie man an solche Sachen herangehen muss. Zwar runzelten viele Menschen irritiert die Stirn, wenn sie erzählt, in welchem Gebiet sie ihren Bachelor-Abschluss gemacht habe, schildert sie. Aber wie begehrt ihr Wissen ist, zeigt sich bei den Voranmeldungen zum ersten Volkshochschulkurs, den die junge Frau in Zittau jetzt gibt.
„Lateinische Inschriften an Zittauer Gebäuden“heißt er – und der Termin am 16. Mai ist schon ausgebucht. Deshalb hat Volkshochschulchef Matthias Weber jetzt neu geplant: „Es wird wegen der großen Nachfrage einen zweiten Termin geben: am 22. Mai, ebenfalls um 17 Uhr“, sagt er. Weber war es auch, der zufällig vom Studium der jungen Frau gehört und Margarete Friebolin spontan gefragt hatte, ob sie sich eine solche Führung vorstellen könne.
Margarete Friebolin freut das Interesse sehr – auch wenn sie Respekt vor diesem speziellen Zittau-Spaziergang hat. „Wir hatten im Studium ein Seminar, in dem es speziell um solche Inschriften ging und wie man sie am besten übersetzt“erklärt sie. Aus der Kalten ließen sich die meisten Inschriften nämlich nicht so einfach entschlüsseln – oft haben die Menschen damals mit Abkürzungen gearbeitet, die heute schwer nachzuvollziehen sind. „Aber dafür gibt es spezielle Nachschlagewerke“, erklärt die junge Frau. Wobei auch künstliche Intelligenz – die viel besprochene KI – eine gute Hilfe sein kann, weiß Margarete Friebolin: „Mit Chat-GPT bekommt man meist einen ganz guten ersten Eindruck – aber man muss es natürlich immer noch einmal genauer nachprüfen“, betont sie.
Nachdem die Ruppersdorferin 2020 an den Herrnhuter Zinzendorfschulen ihr Abitur gemacht hat, wusste sie nicht wirklich, wie es weitergehen soll. „Ich war ein bisschen verloren – wir hatten durch Corona nicht die Chance, alle möglichen Infotage und Studien- oder Berufsmessen zu besuchen“, schildert sie. Und so habe sie sich für das entschieden, was ihr schon in der Schule Spaß gemacht hat
– ein Altsprachenstudium. „Am Ende war es gar nicht so trocken, wie ich gedacht habe“, meint sie mit einem Lachen, zumal sie in den Nebenfächern von Archäologie über Musikwissenschaft bis Sanskrit und Neugriechisch weitere spannende Neuentdeckungen gemacht hat. Für die Zukunft wünscht sie sich ein bisschen mehr Praxis: „Ich habe im Sommer in der Papyrussammlung der Universitätsbibliothek Leipzig ein Praktikum gemacht und würde gern Restaurierungswissenschaften studieren – am besten für Stein und Wandmalereien“, erklärt sie. Ganz von ungefähr kommt das nicht, denn der Name Friebolin ist im Kreis Görlitz eng mit dem Steinmetz-Unternehmen verbunden. Bei ihrem Vater, Roland Friebolin, hat die junge Frau schon als Kind oft in der Werkstatt vorbeigeschaut und von jeher ein Faible für Historisches.
Möglich also, dass sie auf diesem Wege weitergeht. Für das Master-Studium benötigt sie allerdings ein einjähriges Praktikum und Arbeitsproben – das ist ihr nächstes Ziel. Vorher aber stehen die Führungen in Zittau an – und da will sie optimal vorbereitet sein. „Ich habe mir schon vieles abfotografiert, damit ich es genau übersetzen und nach Hintergründen forschen kann“, erklärt sie. Auch wenn sie keine Historikerin ist, versucht sie, die Inschriften wenigstens ein bisschen in den Kontext einzuordnen.