Sächsische Zeitung  (Niesky)

Tag des Zorns

Dresdens Philharmon­ie und der MDR-Chor begeistert­en mit machtvolle­m Verdi-Requiem.

- Von Jens Daniel Schubert

– darunter sowohl propalästi­nensische als auch proisraeli­sche Demonstrat­ionen. Tausende Teilnehmer werden erwartet. „Die Intensität wird mit den Demonstrat­ionen parallel zum Eurovision Song Contest noch zunehmen“, sagt Sieradzki.

Malmö ist eine kompakte Stadt. Daher sei vieles sehr zentral, in der Stadtmitte. „Man kann das Problem also auf der Straße sehen, was man in Stockholm oder Göteborg nicht so sehr kann“, sagt Björn Westerströ­m. Er ist Forscher eines Projekts der Stadt gegen Antisemiti­smus, macht aktiv Aufklärung­sarbeit. Die südschwedi­sche Stadt hat etwa 360.000 Einwohneri­nnen und Einwohner, darunter viele mit palästinen­sischer Abstammung.

Die Polizei kündigte an, mit einem Großaufgeb­ot in der Stadt präsent zu sein. Auch Verstärkun­g aus Dänemark und Norwegen wurde angeforder­t. Eine öffentlich­e ESC-Party wurde abgesagt. „Ich weiß mit Sicherheit, dass die Stadt gut vorbereite­t ist. Allerdings weiß man, dass es immer etwas Unerwartet­es geben kann“, sagt Experte Mattsson. (dpa)

Anfang Mai ein Requiem? Warum? Vielleicht, weil Verdi aus dem Text geradezu eine oratorisch­e Oper gemacht hat. Oder weil es einfach großartige Musik ist, interpreti­ert auf höchstem Niveau. Wer sich aber am Sonntagabe­nd im Dresdner Kulturpala­st auf die breit gefächerte Interpreta­tion der lateinisch­en Texte über Schuld und Vergänglic­hkeit, über Strafe und Gnade, über Hoffnung und Versöhnung eingelasse­n hat, konnte auch ergriffen werden von der aktuellen, durchaus ambivalent­en Bedeutung, gerade in der zeitlichen Nähe zum 8. Mai.

Nach einer aus dem Nichts, im klangvolle­n Pianissimo beginnende­n Einleitung konfrontie­rt das schlagkräf­tige „Dies irae“den Zuhörer mit dem zukünftig erwarteten und gleichzeit­ig schon heute präsenten „Tag des Zorns“. Immer wieder wird die „Sequentia“, der zweite und umfangreic­hste Teil des Requiems, von diesem Thema aufgespalt­en. So offenbart sich die Mehrdeutig­keit des Textes: Es ist das machtvolle Dreinschla­gen eines göttlichen Richters und doch gleichzeit­ig eigene geballte, aufgehäuft­e Schuld, die zurückschl­ägt.

Verdi hat in seiner Entfaltung der Texte immer wieder die Perspektiv­e gewechselt. Mal ist er Betrachter, mal Betroffene­r, mal sehnt er sich nach göttlicher Gerechtigk­eit, mal erfleht er Gnade und Nachsicht. Für die Toten und für sich. Es ist die Ambivalenz des menschlich­en Seins aus der Perspektiv­e des Glaubenden. Die Bitte um Erbarmen (Kyrie), die Furcht vor Gerechtigk­eit (Liber scriptus), die Bitte um Gnade (Salva me) und die Hoffnung auf Erlösung (Recordare). Dieses „Dies irae“kann mitreißen, kann bewegen und ängstigen – je nachdem, auf welcher Seite man steht.

Die Interpreta­tion im Kulturpala­st wurde von Daniel Oren, Opernchef in Salerno und Verona, geleitet. Mit viel Inspiratio­n setzt er wichtige Impulse der Interpreta­tion, fordert extreme Dynamik, weiß die vielen verschiede­nen Ausdrucksf­ormen zu einem Ganzen zu verbinden, gönnt sich und den Interprete­n keine Ruhepause.

Die Dresdner Philharmon­ie macht aus den Ideen Klang. Sie ist souverän im Spiel und bietet eine sichere Basis, aus der sich die Höhepunkte entwickeln und die vielfältig­en Farben strahlen können.

Das Publikum flippte förmlich aus

Mit Maria José Siri (Sopran), Varduhi Abrahamyan (Mezzo), Stefan Pop (Tenor) und Michele Pertusi (Bass) war ein klanggewal­tiges, operngesch­ultes Solistenqu­artett Garant für großartige Momente. Beeindruck­end waren die breiten Charakteri­sierungsmö­glichkeite­n des Basses, die Strahlkraf­t der Sopranisti­n, die Innigkeit des Mezzo und die Wandelbark­eit des Tenors. Ob in den großen solistisch­en Parts, ob als differenzi­ert geführtes A-cappella-Ensemble oder in der Stretta über dem gewaltigen Ensemble des vollen Orchesters und Chores, jeder Solist hatte seine großen Momente und war souveräner Träger der Musik.

Das wohl größte Gewicht des Abends hatte jedoch der Chor. Der MDR-Rundfunkch­or, das größte und sicher auch eines der besten Ensembles seiner Art, bewies einmal mehr seine Meistersch­aft. Er glänzte mit Klangkultu­r und Textverstä­ndlichkeit, war ausdruckss­tark und klangvoll noch im leisesten Piano, machtvoll im Forte. Nicht enden wollender Applaus!

7:17 3:2 (-11, -9, 5, 6, 6) 0:3 (-12, -7, -7)

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