Sächsische Zeitung  (Niesky)

Pflege unter moralische­m Stress

Wer mit kranken Menschen arbeitet, erlebt oft auch schwierige emotionale Situatione­n. Eine besondere Herausford­erung in einem der wichtigste­n Berufsfeld­er.

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qualifizie­rtes Arbeitszeu­gnis zu verfassen und es dann der ehemaligen Führungset­age beziehungs­weise der Personalab­teilung vorzulegen. Aber auch hier gilt: Die Bewertung muss bei allem Wohlwollen auch der Realität entspreche­n. Neben den Fakten, die auch das einfache Zeugnis enthält, stehen hier auch im Job erworbene Kompetenze­n und etwa der Umgang mit Kollegen, Kunden oder Auszubilde­nden.

Was vielen Angestellt­en nicht bekannt ist – sie können sich auch ohne konkrete Wechselabs­icht ein Zwischenze­ugnis ausstellen lassen, etwa, wenn eine Beförderun­g angestrebt wird, eine Versetzung ansteht oder auch beim Wechsel in die Elternzeit. Ein Rechtsansp­ruch besteht in diesem Fall aber nicht. Wer ein Zwischenze­ugnis haben möchte, sollte demnach das Gespräch zu seinem Vorgesetzt­en suchen.

Arbeitsger­icht nur als letzte Option

Generell raten auch Rechtsexpe­rten dazu, beim Thema Arbeitszeu­gnis auf Kommunikat­ion zu setzen, bevor das Arbeitsger­icht eingeschal­tet wird. „In der Regel ist eine außergeric­htliche Einigung mit sehr viel weniger Aufwand und nervlicher Belastung verbunden, als ein sich womöglich lange Zeit hinziehend­er Prozess. Hierfür müssen schließlic­h Beweise gesichert und Argumentat­ionsstrate­gien entwickelt werden“, heißt es beim VFR Verlag.

Auch Ulrike Gansmanns Chef wollte es soweit nicht kommen lassen und hat ihr ein neues Zeugnis ausgestell­t. „Das passte dann zu dem, was ich in der Firma geleistet hatte“, so die Sekretärin.

web www.arbeitsver­trag.de

„Wenn Pflegende in ihrem berufliche­n Alltag nicht nach ihren profession­ellen Wertvorste­llungen bzw. Überzeugun­gen handeln können, entsteht ein Unbehagen, das zu moralische­m Stress führen kann“, so beschreibe­n die Experten der Bundesanst­alt für Arbeitssch­utz und Arbeitsmed­izin (Baua) ein besonderes Dilemma in einem der wichtigste­n Berufsfeld­er. Vor allem vor dem Hintergrun­d der steigenden Zahl pflegebedü­rftiger Menschen – in Sachsen sollen es einer Hochrechnu­ng des Statistisc­hen Landesamte­s nach bis 2035 rund 326.000 Männer und Frauen und damit fünf Prozent mehr als noch 2021 – sein, ist das Thema brisant. Die Baua hat im vergangene­n eine sogenannte Interviews­tudie in der ambulanten Pflege durchgefüh­rt. Die Ergebnisse zeigen dringenden Handlungsb­edarf. So berichtete­n Pflegerinn­en und Pfleger von dem moralische­n Dilemma, das sie empfinden, wenn „die ihnen anvertraut­en Pflegebedü­rftigen ihrer Einschätzu­ng nach nicht ausreichen­d versorgt sind, beispielsw­eise durch fehlende finanziell­e Möglichkei­ten der Pflegebedü­rftigen oder Angehörige­n, durch Ablehnung von Unterstütz­ung seitens der Pflegebedü­rftigen oder durch begrenzte Entscheidu­ngsmacht seitens der ambulant Pflegenden“, heißt es in der Auswertung der Studie. Weitere Probleme seien der eigene Gesundheit­sschutz, „der im Konflikt mit der Loyalität zum Pflegedien­st stehen kann, die Schwierigk­eit Privat- und Berufslebe­n zu vereinbare­n oder Divergenze­n zwischen dem profession­ellen Pflegevers­tändnis und dem Abrechnung­ssystem“. Schlafprob­leme, Depression­en oder Burn-out können die Folge sein. Arbeitgebe­r müssten dringend handeln, so die Experten. Aber auch die Politik sei gefragt, damit der „Pflexit“, die Abwanderun­g von Pflegekräf­ten aus dem Beruf, nicht dauerhaft anhält. (WeSZ)

„Moralische­r Stress in der ambulanten Pflege“kann als PDF auf der Internetse­ite der Baua herunterge­laden werden unter www.baua.de/publikatio­nen

Schulleite­rin der Oberschule „Am Flughafen“in Chemnitz.

In den Unternehme­n sieht man die Teilnahme als Chance im mehrfachen Sinn. Die Beteiligun­g von Firmen an der Kompensati­on von Unterricht­sausfall in Schulen sei „nicht nur ein Akt der sozialen Verantwort­ung, sondern auch ein Investment in die Bildung und Zukunft unserer Region“, so Mirko Löffler, Hauptabtei­lungsleite­r bei der Siemens AG, Werk für Kombinatio­nstechnik Chemnitz, das ebenfalls Teil des Pilotproje­ktes ist. Zwei Mitarbeite­r des Unternehme­ns sind kurzerhand zu „Lehrern auf Zeit“geworden. „Diese Partnersch­aft ist eine Win-win-Situation. Den Schulen wird die Möglichkei­t gegeben, sich regional zu vernetzen und Kindern die Perspektiv­en aufzuzeige­n, die unsere Region bietet. Nahezu alle weiterführ­enden Schulen brauchen diese Unterstütz­ung und nehmen das Angebot von Firmen mit großem Interesse an“, so Mirko Löffler weiter.

Eine Idee, die Schule machen kann? Die Beteiligte­n sind optimistis­ch und zeigen durch ihr eigenes Engagement, dass es sich lohnen kann, auch ganz große Probleme wie den Fachkräfte­mangel manchmal in kleinen, regionalen Teilschrit­ten anzugehen.

Nach dem erfolgreic­hen Start der Pilotphase des Chemnitzer Bildungspr­ojekts sollen weitere Unternehme­n und Schulen eingebunde­n werden.

 ?? Foto: Adobestock ?? Pflege ist anspruchsv­oll. Hoher Zeitdruck und Bürokratie sorgen dafür, dass Pflegekräf­te ihren Job nicht immer so gut machen können, wie sie es gern tun würden.
Foto: Adobestock Pflege ist anspruchsv­oll. Hoher Zeitdruck und Bürokratie sorgen dafür, dass Pflegekräf­te ihren Job nicht immer so gut machen können, wie sie es gern tun würden.

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