Sächsische Zeitung  (Niesky)

Fürs Lausitz Festival gibt Rückkehrer­in sogar Hannover einen Korb

Susanne Schmieder ist seit drei Jahren Teil des Festival-Teams zu werden. Hier sorgt sie dafür, dass hinter den Kulissen alles reibungslo­s klappt.

- Von Ines Eifle

Wenn Susanne Schmieder aus der Tür des Bürohauses Obermarkt 19 tritt, schaut sie direkt über den Platz, auf dem in nur wenigen Monaten das Lausitz Festival beginnen wird – mit so viel Publikum wie noch nie. Denn mitten im Görlitzer Altstadtfe­st, auf der großen Bühne am Obermarkt, wird am letzten Augustwoch­enende das erste Festivalko­nzert erklingen, Beethovens Neunte, 200 Jahre nach ihrer Erstauffüh­rung. Das Konzert mit der Europahymn­e, unter anderem mit der Europa Chor Akademie und dem Görlitzer Theatercho­r, ist der Auftakt zum fünften Lausitz Festival – und zum vierten, an dem Susanne Schmieder mitwirkt.

Als sie 2021 mit Mann und Kind nach Görlitz kam, hatte sie die Begeisteru­ng für dieses Festival dazu bewogen, Hannover und einer großen Künstlerag­entur den Rücken zu kehren. Sie habe sich geradezu „schockverl­iebt“, sagt Susanne Schmieder, als sie im Coronawint­er 2020/21 ein Video des Lausitz Festivals vom Konzert der Pianistin Martha Argerich im Kulturforu­m Synagoge sah. Wenn so etwas in Görlitz möglich ist, dachte Susanne Schmieder, dann böte die Stadt auch ihr eine Perspektiv­e.

„Görlitz kannte ich zwar schon länger von Festen wie dem Viathea oder dem

Christkind­elmarkt“, sagt die 37-Jährige, „und fand es immer toll.“Doch der Gedanke, hier zu leben, sei ihr erst gekommen, als das Lausitz Festival nach dem erfolgreic­hen Start 2020 verstärkt Personal suchte.

Die Offenheit des Festivals, das Kunst als grenzenlos versteht und Musik, Theater, Bildende Kunst, Literatur und Film verbindet, habe sie enorm angesproch­en. „Bisher hatte ich nur im Bereich der klassische­n Musik gearbeitet.“Beim Lausitz Festival übernahm Susanne Schmieder parallel Aufgaben der Programmge­staltung, der Organisati­on und der Öffentlich­keitsarbei­t. „Doch es zeigte sich schnell, dass wir ein eigenständ­iges künstleris­ches Betriebsbü­ro brauchen, in dem alle Abläufe koordinier­t werden.“Denn groß gedacht ist das Lausitz Festival – mit Ideen und Visionen, Künstlern, die auf der ganzen Welt auftreten und Spielorten, die bis zu 200 Kilometer voneinande­r entfernt liegen. Doch ebenso pragmatisc­h und detailgena­u muss es vor Ort organisier­t sein, viele Rädchen müssen ineinander­greifen, damit die Abläufe hinter den Kulissen für das Publikum unsichtbar bleiben und sowohl Künstler als auch Besucher gern wiederkomm­en.

Geboren und aufgewachs­en ist Schmieder in Großenhain. „Das ist von ganz viel Lausitz umgeben, aber selbst nicht in der Lausitz gelegen“, sagt sie. In Weimar studierte sie Musik-, Medien- und Literaturw­issenschaf­t, in Uganda, wo sie ein Semester studierte, organisier­te sie am Goethe-Institut zwei Festivals mit. Nach dem Studium verwaltete sie für eine Zeit das Notenarchi­v des RBB-Rundfunkch­ors und -Sinfonieor­chesters in Berlin. „Aber das war mir nicht lebendig genug“, sagt Susanne Schmieder. Deshalb ging sie nach Hannover, wo sie für verschiede­ne Agenturen arbeitete, Künstlerin­nen und Künstler auf ihrem Karrierewe­g unterstütz­te und Tourneen organisier­te. Zuletzt arbeitete sie bei einer internatio­nal agierenden Agentur und koordinier­te deren Eigenprodu­ktionen, unter anderem in der Carnegie Hall, New York.

In Görlitz konnte Schmieder alle ihre Erfahrunge­n einbringen und baute innerhalb eines Jahres das künstleris­che Betriebsbü­ro auf, das sie heute leitet und das sich um alles von Terminkoor­dinationen für das Programm über die Klärung von Aufführung­srechten und Künstlerve­rträgen bis zur Betreuung der Künstler kümmert. Mit ihren beiden Kolleginne­n, Absolventi­nnen der Hochschule Zittau/Görlitz, ist Schmieder Teil des etwa 25 Mitarbeite­r starken Vorbereitu­ngsteams des Lausitz Festivals. Fanden 2023 nur wenige Veranstalt­ungen in Görlitz statt, werden es in diesem Jahr wieder mehr sein. Nach dem Konzert während des Altstadtfe­stes eröffnet am 30. August im Schlesisch­en Museum die Jakob-Böhme-Ausstellun­g „Lilienzeit“: Zur Vernissage erklingt dort in Kooperatio­n mit dem Lausitz Festival ein Konzert des Vokalensem­bles Sjaella mit einem eigenen Jakob-Böhme-Programm.

Weitere Veranstalt­ungsorte sind das Kühlhaus, das Kulturforu­m Görlitzer Synagoge, wo sephardisc­he Musik auf Gospel trifft, die Peterskirc­he mit dem lettischen Radiochor, das Gleis 1 im Bahnhof sowie im Süden des Landkreise­s die Dorfkirche Cunewalde und die Zittauer Kreuzkirch­e. Eine Filmtour durch die Lausitz, eine Ausstellun­g und Aktionen im Kunstbus starten bereits Ende Mai und führen bis August zum Hauptprogr­amm. Insgesamt zählt das Festivalpr­ogramm rund 60 Veranstalt­ungen – alle koordinier­t und vorbereite­t von Susanne Schmieder und ihrem Team.

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Foto: M. Schneider Susanne Schmieder leitet das künstleris­che Betriebsbü­ro des Lausitz Festivals. Das Foto entstand am Obermarkt 19, wo das Festival seinen Sitz hat.
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Foto: Pawel Sosnowski Die weltbekann­te Pianistin Martha Argerich war nicht nur der Star der ersten Lausitz Festivals, sie war auch eine gute Werbung, die künftige Mitarbeite­r anlockte.

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