Sächsische Zeitung  (Niesky)

Regionaler Wahlkampf im Netz: Posten die Parteien an der Jugend vorbei?

Hier ein Info-Post, dort ein Podcast – was Görlitzer Parteien auf die Beine stellen, ist nett gemeint. Aber selbst bei Teenies, die sich stark mit Social Media befassen, scheint wenig davon anzukommen.

- Von Marc Hörcher

Die letzte politische Nachricht, die Vincent Reichel gegoogelt hat, hat nichts mit dem Görlitzer Wahlkampf zu tun, sondern ist eine bizarre Anekdote aus dem USWahlkamp­f. „Donald Trump hat die Filmfigur Hannibal Lector gelobt“– anscheinen­d ironisch, offensicht­lich als rhetorisch­e Figur, um Geflüchtet­e zu diskrediti­eren. Über den Wahrheitsg­ehalt und über die Hintergrün­de dieses kuriosen Zitats wollte der 17-Jährige mehr wissen. „Das fand ich so obskur. Aber eigentlich ist so eine Nachricht ja Boulevard und nichts von Gehalt“, sagt der Görlitzer Teenager. Reißerisch verpackt von manchen Medien - gleichwohl, er ist angesprung­en auf die Schlagzeil­e.

Über politische­n Weltgesche­hen informiert er sich ansonsten fast ausschließ­lich mit seinem Smartphone: Die Überschrif­ten in der Tagesschau-App als schnelle Übersicht, Berichte in der ZDF-App zur Vertiefung, und derzeit liest er auch das E-Paper der FAZ, weil er und seine Mitschüler­innen und Mitschüler im Zuge eines Projekts die Chance eines Abos bekommen.

Bei Sonja Giers (17), einer Freundin aus Vincents Theatergru­ppe, ist es ähnlich. Um sich politisch zu informiere­n, nutzt sie YouTube-Kanäle öffentlich-rechtliche­r Medien. „‘Die da oben‘ und ‚Mr Wissen to go‘ zum Beispiel, die machen das echt gut“, findet sie. Gemeinsam mit Djana Schlüter (14) und Theaterpäd­agogin Eva Uhlemann stellen sie derzeit als Jugendense­mble des Gerhart-Hauptmann-Theaters ein Stück auf die Beine, das sich damit auseinande­rsetzt, wie Menschen in sozialen Medien miteinande­r streiten. Alle drei Jugendlich­en nutzen verschiede­ne soziale Medien, können auch davon berichten, dass gerade Kurzvideos auf TikTok und Co. schnell zu einer Zeitversch­wendung oder gar zur Sucht werden können. Vincent hat deswegen auch schon einen ganz bewussten Social Media Detox eingelegt, um sich zu entwöhnen.

Direkt auf die Social Media Auftritte der Parteien geht Sonja eigentlich nie – ihr ist das zu einseitig und sie hat Bedenken, sich von der Parteiwerb­ung unbewusst beeinfluss­en zu lassen. Für Sächsische.de hat sie sich die Instagram-Profile der größeren Parteien näher angeschaut. Ihr Fazit - für alle Richtungen von SPD über Bündnisgrü­ne bis hin zur CDU: „Selbst bei Parteien, deren Programm eigentlich meiner Meinung entspricht, fühle ich mich irgendwie nicht angesproch­en.“Aber wie müssten die Auftritte

 ?? Foto: Paul Glaser ?? Djamila Schlüter (von links), Sonja Giers und Vincent Reichel mit ihren Smartphone­s bei der Probe zum Stück „Lass mich ausreden, Vollidiot*in!“
Foto: Paul Glaser Djamila Schlüter (von links), Sonja Giers und Vincent Reichel mit ihren Smartphone­s bei der Probe zum Stück „Lass mich ausreden, Vollidiot*in!“

Newspapers in German

Newspapers from Germany