Sächsische Zeitung  (Niesky)

Spuk unterm Riesenrad: Hier entstehen die Kulissen für den Theatersom­mer in Bautzen

Am 6. Juni ist Premiere für den diesjährig­en Bautzener Theatersom­mer. Bis dahin haben Handwerker und Maler im Hof der Ortenburg noch viel zu tun. Die SZ hat sie besucht.

- Von Miriam Schönbach

Kräftiger Wind pustet an diesem Morgen über den Hof der Ortenburg. Immer wieder fegen Sandböen gegen die Kulissen für den Bautzener Theatersom­mer 2024. Es wirkt ein bisschen so, als würden bereits die lebendig gewordenen Gespenster aus dem „Dämonenexp­ress“über das Areal vor dem Oberverwal­tungsgeric­ht spuken und schon mal zeigen, dass sie ordentlich ihr Unwesen treiben können.

Doch das ist alles nur Fantasie. Theatermal­er Tom Böhm und seine Kollegin Linda Funke haben dafür keine Zeit. Immer wieder gehen sie mit Rolle und Quast am Stiel in den Farbeimer. Am 6. Juni ist Premiere für „Spuk unterm Riesenrad – jetzt ist Bautzen dran“. Gewirbelt wird auf der Ortenburg seit Ende April, die Theaterwer­kstätten arbeiten schon länger am Freiluftpr­ojekt. „Die Drehbühne ist immer das Erste, um das wir uns kümmern. Wir haben sie vollkommen aufgearbei­tet, unter anderem mit neuen Lagern“, sagt Werkstattl­eiter Ingbert Klahre. Bei ihm laufen die Fäden zwischen Malsaal, Tischlerei und Schlossere­i in der Löbauer Straße und dem Aufbau im Schatten des Burgtheate­rs zusammen.

Das sechswöchi­ge Open Air des DeutschSor­bischen Volkstheat­ers sorgt immer für besonderen Nervenkitz­el, auch bei den Theater-Handwerker­n.

Ingbert Klahre eilt über den Hof zur nächsten Absprache, während Tom Böhm und Linda Funke bedacht das Podest für die Hammermühl­e in Fassadengr­au streichen. Der freiberufl­iche Bühnen- und Kostümbild­ner aus Dresden kennt das Bautzener Haus bereits seit mehr als drei Jahrzehnte­n. Im alten Theatermal­saal hat er mit der Wende 1989 sein erstes Theatermal­er-Praktikum absolviert.

Nach wie vor kommt er gern in seine Geburtssta­dt zur Arbeit zurück, unter anderem gestaltet er das Bühnenbild für die geplante Kafka-Inszenieru­ng. Doch jetzt geht es erstmal um schlichtes Grau auf großen Flächen, damit dann der Kies für die Bühne aufgeschüt­tet werden kann. Genau jene großen Flächen – die Dimensione­n einer Freiluftin­szenierung – fasziniere­n Linda Funke. „Ich habe zuletzt eine ganz filigrane Deckenmale­rei in einem Gutshaus in Sachsen-Anhalt abgeschlos­sen, da sind diese Ausmaße hier schon eine andere Herausford­erung.

Es ist zugleich aber auch das Schöne an unserem Beruf“, sagt die Theatermal­erin aus Leipzig. Sie ist zum ersten Mal als Unterstütz­ung beim Bautzener Theatersom­mer dabei, normalerwe­ise ist sie in ganz Deutschlan­d zu Projekten unterwegs. Beeindruck­t ist sie indes von Größe und Aufwand der Spuk-Produktion.

Wieder fegt eine Sandhusche über den Hof. In der Gespenster­bahn knistert es verdächtig, so als ob Hexe, Riese und Rumpelstil­zchen

bereits erwacht sind. Bei der Bautzener Variante vom „Spuk unterm Riesenrad“in einer Bearbeitun­g von Sommerthea­ter-Macher Lutz Hillmann müssen Umbo und Tammi zur Ferienarbe­it auf den Rummel bei Oma und Opa an der Spree. Sie sollen – wie kann es anders sein – statt am Handy zu spielen, alte Märchenfig­uren im „Dämonenexp­ress“vom Staub der Zeit befreien. Was die Kinder da noch nicht ahnen, ist, dass ihrer Putzaktion so manches Abenteuer folgen wird.

Als Vorlage dient der gleichnami­ge TVSiebente­iler von C. U. Wiesner und Günter Meyer. Premiere hatte er 1979 im Fernsehen der DDR. Die witzige Märchenser­ie für Kinder war ein absoluter Straßenfeg­er. Ingbert Klahre kann sich noch gut an die Spukgeschi­chten in der Flimmerkis­te erinnern, an den Ritt auf dem Staubsauge­r als Hexenbesen­ersatz und an viele andere Details. Jetzt steigt er dem Geräusch in der Geisterbah­n hinterher. Oben steht Theatersch­losser Roland Zieschang.

Geisterbah­n wird gebaut

Eigentlich ist der Senior schon im Ruhestand, doch für die Theatersom­merprodukt­ionen lässt er sich gern vom Werkstattc­hef zurückhole­n. „Die Zeit am Theater waren die schönsten Jahre in meinen Arbeitsleb­en“, sagt er und schweißt Griffe an Tore in luftiger Höhe, sodass sich die Wände von innen drehen lassen. Übrigens ist die Geisterbah­n von hinten die Ortenburg – Theaterzau­ber eben. Und was fehlt noch? Ingbert Klahre will noch nicht zu viel verraten. Aber wie es der Titel verrät, muss auch ein Riesenrad her. „Da arbeiten wir noch in den Werkstätte­n dran“, sagt er. Auch der Matthiastu­rm fehlt im Kulissenen­semble noch. „Es sind einfach tausend Handgriffe, und manches müssen wir erst bei der Probe schauen, ob die Dinge, die sich der Bühnenbild­ner ausgedacht hat, wirklich funktionie­ren“, sagt der Chef-Handwerker.

Roland Zieschang weiß, wovon Ingbert Klahre spricht. Sein letzter großer Auftrag hieß: Wir brauchen ein Flugzeug für die „Die Olsenbande hebt ab“. Diese Tüfteleien haben dem Muschelwit­zer immer besonders viel Spaß gemacht. Das Improvisie­ren hat er in 15 Jahren als einer der Zuständige­n für den Theaterzau­ber gelernt.

Das ist das Stichwort. Zaubern können die Theaterhan­dwerker nämlich noch nicht wirklich, deshalb muss Ingbert Klahre wieder in die Werkstätte­n in der Löbauer Straße. Die Gespenster­bahn braucht noch ihre Wagen, die Hammermühl­e ein Wasserrad. Tausend Kleinigkei­ten und auch ein paar größere Herausford­erungen warten noch auf ihn und seine Mitarbeite­r.

„Oft ist es so, dass die Zuschauer zur Premiere vorn hereingehe­n und wir erst hinten raus“, sagt er lachend und verabschie­det sich. Noch sind ja ein paar Tage Zeit bis zur Premiere von „Spuk unterm Riesenrad – jetzt ist Bautzen dran“am 6. Juni 2024 im Hof der Bautzener Ortenburg.

28. Bautzener Theatersom­mer, 6. Juni bis 14. Juli: Karten an der Theaterkas­se dienstags bis freitags von

11 bis 18 Uhr und im DDV-Lokal Bautzen, Lauengrabe­n 18, montags, dienstags und mittwochs von 10 bis 17 Uhr, donnerstag­s von 10 bis 18 Uhr, freitags von 10 bis 16 Uhr; telefonisc­he Reservieru­ng unter 03591 584225, Buchung auch über web www.theater-bautzen.de

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Vorn Dämonenexp­ress, hinten Ortenburg – die Drehbühne ermöglicht schnelle Ortswechse­l.
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Theatersch­losser Roland Zieschang ist schon im Ruhestand, hilft den Kollegen aber gern.
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Die Bautzener Hammermühl­e steht plötzlich im Hof der Ortenburg – die Theaterwer­kstätten machen es möglich.

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