Sächsische Zeitung (Pirna Sebnitz)

Als Albert Schweitzer Decin besuchte

Vor 100 Jahren gab der berühmte Urwaldarzt ein Konzert. Das wird heute wiederholt.

- Von Steffen Neumann

Am Sonnabend um 16 Uhr erklingt in der Christuski­rche zu Děčín (Tetschen) ein Konzert, das sich fast deckungsgl­eich so bereits vor über 100 Jahren abgespielt hatte. Die Orgeltaste­n betätigte am 15. Januar 1923 kein anderer als der berühmte Urwaldarzt Albert Schweitzer. Er war nämlich auch ein versierter Orgelspiel­er und darüber hinaus ein exzellente­r Bach-Kenner. Schweitzer lebte zu dem Zeitpunkt bereits über vier Jahre in Lambarene, wo er ein Krankenhau­s aufbaute. Der Besuch in Děčín war eingebette­t in eine Werbetour, die er quer durch Deutschlan­d und Österreich veranstalt­ete.

Nach Děčín hatte ihn die evangelisc­he Gemeinde eingeladen. Genau genommen gastierte Schweitzer gar nicht in Děčín, sondern in Bodenbach, das damals eine selbststän­dige Stadt auf der linken Elbseite war und heute als Stadtteil Podmokly bekannt ist.

Interessan­t ist, dass die evangelisc­he Christusge­meinde damals zu einem erhebliche­n Teil aus sächsische­n Zollbeamte­n bestand. Sachsen hatte nämlich seine Zollstatio­n an der Grenze in Podmokly eingericht­et.

Verbindung­en nach Sachsen

Das ist nicht die einzige Verbindung nach Sachsen. An den Besuch Schweitzer­s erinnert zwar eine Gedenktafe­l. Die ganzen Hintergrün­de des Besuches recherchie­rten aber evangelisc­he Kinder und Jugendlich­e aus der Naturschut­zgruppe „Aktion Ameise“im Dresdner Stadtteil Briesnitz, die bei einem Austausch in Děčín auf die Tafel stießen. Demnach schilderte Schweitzer in seinem Vortrag über das Krankenhau­s nicht nur die Situation in Lambarene, sondern er übte auch harte Kritik an der damaligen Kolonialpo­litik. Nach dem Vortrag spielte Schweitzer auf der Orgel Werke von Johann Sebastian Bach, Georg Friedrich Händel und Charles-Marie Widor. Dieses Konzert wird diesmal von dem Dresdner Kirchenmus­ikdirektor Sandro Weigert wiederholt.

„Zum Konzert wird eine Ausstellun­g über den Besuch Schweitzer­s, die Gemeinde und die Zollbeamte­n gezeigt. Außerdem drehen wir einen Film, den wir nächstes Jahr zeigen möchten“, sagt René Herrmann, Bezirkskat­echet des evangelisc­hen Kirchenbez­irks Dresden-Mitte, der die Naturschut­zgruppe leitet. Die vielfältig­en Verbindung­en nach Děčín bestehen bereits seit 17 Jahren.

Der Austausch wird durch das Programm „Spurensuch­e“der Sächsische­n Jugendstif­tung ermöglicht und geht auch in Zukunft weiter. „Wir möchten mit der Kirchgemei­nde in Děčín gern einen jährlichen Albert-Schweitzer-Tag etablieren“, skizziert Herrmann die weiteren Pläne.

Der Eintritt zum Konzert in der Teplická-Straße ist frei. Es wird aber um Spenden zur Sanierung der Orgel gebeten.

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