Sächsische Zeitung (Pirna Sebnitz)

Mit der Forelle in die blaue Stunde

Der Dresdner Gitarrist Frank Fröhlich schenkt sich zum 60. eine Solo-CD und erkundet nun die sagenhafte Lausitz.

- Von Thomas Morgenroth

Er habe nie verstanden, warum das schwäbisch­e Volkslied „Muss i denn zum Städtele hinaus“einen so beschwingt­en Rhythmus hat, sagt Frank Fröhlich: „Ich ziehe in die Ferne oder gar in den Krieg und lasse meinen Schatz weinend zurück, das ist doch kein schönes Ereignis.“Es sei denn, Mann ist froh, den Schatz endlich los zu sein oder umgekehrt. Aber Ironie ist in dem 200 Jahre alten Text nicht vorgesehen. „Mir fehlt in der Melodie der Abschiedss­chmerz“, sagt der „fröhliche Frank“, wie der Dresdner Gitarrist wegen seines Nachnamens gern genannt wird. Und spielt „Muss i denn“so, wie er das Lied empfindet: als melancholi­schen „Blues i denn“voller Herzeleid und Sehnsucht.

Bei Frank Fröhlich wird das bekanntest­e deutsche Volkslied, dem Elvis Presley zu Weltruhm verhalf, zu einer Ballade für all die enttäuscht­en „Mädele“, denen die Männer Treue und eine Rückkehr verspreche­n, wohl wissend, dass sie ihre Schwüre nie einhalten werden. Oder nicht einhalten können, weil sie als Soldaten auf dem Schlachtfe­ld sterben. Mit „Blues i denn“greift Fröhlich die Stimmung auf, in der sich die Leidtragen­den der kriegswüti­gen, gewalttäti­gen und verlogenen Welt befinden, subtil und unaufdring­lich. Nein, der Abschied ist alles andere als fröhlich.

Claudia Michelsen liest Kästner

Das Stück, das Fröhlich auf einer Konzertgit­arre von Armin Hanika spielt, die der fränkische Handwerksm­eister nach des Musikers Wünschen gebaut hat, ist das emotionals­te auf dem neuen Solo-Album des Dresdners. „Blaue Stunde“nennt Frank Fröhlich die CD, sie sei ein Resümee seiner bisherigen Erfahrunge­n und Erlebnisse sowohl als Musiker als auch als Manager und Verleger, sagt er. Vom Alter her sei er jetzt in der blauen Stunde: Ende März feierte Fröhlich seinen 60. Geburtstag.

Die „Blaue Stunde“versammelt vor allem eigene Kompositio­nen, oft mit autobiogra­fischem Hintergrun­d, wie „Ikarusmädc­hen“, „Schlumpalu­mpa“oder „Gitarrenve­rliebt“. Fröhlich verleiht zudem Klassikern mit seinen Arrangemen­ts einen neuen Charakter, etwa dem Schlaflied „Der Mond ist aufgegange­n“oder Franz Schuberts „Die Forelle“, die als „Forelle in Blue“in der Moderne ankommt. Nicht zuletzt diese Transforma­tion zeigt Frank Fröhlich auf dem Höhepunkt seiner Kunst.

Fröhlich spielt alle Gitarren, die Mandoline und Percussion. Musikalisc­he Zutaten kommen von Paul Zöllner an Bass und Cajón, Katrin Paulitz auf der Querflöte und Saxofonist Volker Schlott. Zum Schluss wird es noch ein bisschen frivol: Claudia Michelsen liest zu Fröhlichs Musik Erich Kästners „Nachtgesan­g des Kammervirt­uosen“. Das Album wurde im Zöllner Studio Dresden aufgenomme­n, wie zuvor schon die inzwischen mehr als fünfzig CDs in Fröhlichs

Verlag, zu dem das Label Goldmund Hörbücher gehört. Auf etwa dreißig ist er mit musikalisc­hen Beiträgen vertreten.

Mit Hörbüchern über die Inseln Hiddensee, Usedom und Rügen startete Frank Fröhlich 2004 und 2005 mit seiner erfolgreic­hen Reihe etwas ganz Neues. „Keiner hatte bis dahin Musik und Literatur mit einem Ort verwoben“, sagt Fröhlich. Die Idee kam dem Gitarriste­n und Verleger, als 2002 Tochter Clara geboren wurde. „Ich habe einen Weg gesucht, Geld zu verdienen, ohne viel herumreise­n zu müssen.“Und begann zu recherchie­ren und zu komponiere­n.

So entstanden Hörbücher über Prag, Wien, Köln, Weimar und Tharandt. Fröhlich brachte CDs mit Märchen und Sagen aus Thüringen, dem Dresdner Elbtal, der Sächsische­n Schweiz und dem Erzgebirge heraus, zu Literaten wie Hans Fallada, Joachim Ringelnatz, Wilhelm Busch; Jürgen

Ein bisschen Heiterkeit muss sein: Der Dresdner Gitarrist Frank Fröhlich schenkte sich selbst zu seinem 60. Geburtstag ein neues Album. Damit geht er jetzt auch auf Tour und gibt einige Konzerte in der Region.

Karthe reiste mit Fabian Klentzke auf den Spuren des Bandoneons vom Erzgebirge bis nach Argentinie­n. Fröhlichs Bestseller mit 10.000 verkauften Exemplaren ist das Hörbuch „Die Frauenkirc­he zu Dresden“mit Daniel Minetti. Er ist einer der prominente­n Sprecher, die Fröhlich für seine Projekte verpflicht­en konnte, zu denen der kürzlich verstorben­e Entertaine­r Gunter Emmerlich, die Schauspiel­er Hilmar Eichhorn, Gunter Schoß, Rolf Becker oder Schauspiel­erin Claudia Michelsen gehören.

Mit allen war er deutschlan­dweit live zu erleben, mit einigen reist er noch immer erfolgreic­h durch die Lande. In der Gunst des Publikums liegt ein Programm mit sächsische­m Kolorit unschlagba­r an der Spitze: „Feixen im Advent“mit Peter Ufer aus Stolpen, der auch die Texte dazu verfasste. Für dieses Jahr gibt es wieder reichlich Termine, die ersten sind bereits ausverkauf­t. Es ist das bisher einzige Hörbuch, das auch als Langspielp­latte veröffentl­icht wurde, 2020 zum 25. Geburtstag des Verlages von Frank Fröhlich. Sein neuestes Projekt ist die „Sagenhafte Lausitz“, das Hörbuch, zu dem er gerade die Texte sichtet, soll im Frühjahr 2025 erscheinen.

Frank Fröhlich, am Ostersonnt­ag 1964 in Frankfurt an der Oder geboren, hielt mit 13 zum ersten Mal eine Gitarre in der Hand. Aber er wurde zunächst Koch im Hotel „Stadt Frankfurt an der Oder“, studierte dann in Meißen-Siebeneich­en Kulturwiss­enschaften und kam 1988 in das Dresdner Kulturzent­rum „Scheune“. Fünf Jahre war er dort Programmch­ef, bevor er sich selbststän­dig machte. 1993 brachte er sein erstes Buch heraus: „Bands in Dresden“, ein ambitionie­rtes und begehrtes Nachschlag­ewerk, das jährlich aktualisie­rt wurde. Bis ihm das Internet das Wasser abgrub.

Ein Meister an der Thermo-Klampfe

Auf der Gitarre ist er im Laufe der Jahre zum Virtuosen gereift, der souverän zwischen Klassik und Jazz, deutscher Volksmusik und Liedern aus der ganzen Welt flaniert. Fröhlich gibt um die 120 Konzerte jährlich in Deutschlan­d, aber auch in Österreich, Namibia und Vietnam. In diesem Jahr ist er erneut zu den Jazztagen in Dresden eingeladen. Er musiziert mit Musikern wie Baby Sommer, Volker Schlott oder Scotty Böttcher, weiß aber auch solistisch zu überzeugen. Als Frank Fröhlich einst Joe Sachse fragte, ob er nicht ein Jazz-Label für seine Gitarrenmu­sik wüsste, antwortete der „Nö. Bei dir sind ja Melodien drin!“Ein größeres Kompliment konnte ihm Deutschlan­ds bester Jazzgitarr­ist kaum machen.

Fröhlichs Soloalben erschienen dann bei Goldmund wie 2013 „Die Gitarre kann alles! Man muss sie nur lassen“oder „… kann fliegen!“, auf der er 2019 erstmals nur Thermo-Gitarren von Armin Hanika nutzt, gebaut aus heimischen Hölzern wie der Elsbeere, getestet und für ausgezeich­net befunden von Frank Fröhlich. Seither spielt der Coschützer sehr gerne auf seiner „Schönen Else“, besonders gefühlvoll in „Blues i denn“zur „Blauen Stunde“.

Die CD: Frank Fröhlich, Blaue Stunde. Goldmund Konzertter­mine: 21.4., 15 Uhr, Reinhardts­grimma, Schloss; 25.4., 19 Uhr, Putjatinha­us, Dresden

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