Sächsische Zeitung (Pirna Sebnitz)
Mit der Forelle in die blaue Stunde
Der Dresdner Gitarrist Frank Fröhlich schenkt sich zum 60. eine Solo-CD und erkundet nun die sagenhafte Lausitz.
Er habe nie verstanden, warum das schwäbische Volkslied „Muss i denn zum Städtele hinaus“einen so beschwingten Rhythmus hat, sagt Frank Fröhlich: „Ich ziehe in die Ferne oder gar in den Krieg und lasse meinen Schatz weinend zurück, das ist doch kein schönes Ereignis.“Es sei denn, Mann ist froh, den Schatz endlich los zu sein oder umgekehrt. Aber Ironie ist in dem 200 Jahre alten Text nicht vorgesehen. „Mir fehlt in der Melodie der Abschiedsschmerz“, sagt der „fröhliche Frank“, wie der Dresdner Gitarrist wegen seines Nachnamens gern genannt wird. Und spielt „Muss i denn“so, wie er das Lied empfindet: als melancholischen „Blues i denn“voller Herzeleid und Sehnsucht.
Bei Frank Fröhlich wird das bekannteste deutsche Volkslied, dem Elvis Presley zu Weltruhm verhalf, zu einer Ballade für all die enttäuschten „Mädele“, denen die Männer Treue und eine Rückkehr versprechen, wohl wissend, dass sie ihre Schwüre nie einhalten werden. Oder nicht einhalten können, weil sie als Soldaten auf dem Schlachtfeld sterben. Mit „Blues i denn“greift Fröhlich die Stimmung auf, in der sich die Leidtragenden der kriegswütigen, gewalttätigen und verlogenen Welt befinden, subtil und unaufdringlich. Nein, der Abschied ist alles andere als fröhlich.
Claudia Michelsen liest Kästner
Das Stück, das Fröhlich auf einer Konzertgitarre von Armin Hanika spielt, die der fränkische Handwerksmeister nach des Musikers Wünschen gebaut hat, ist das emotionalste auf dem neuen Solo-Album des Dresdners. „Blaue Stunde“nennt Frank Fröhlich die CD, sie sei ein Resümee seiner bisherigen Erfahrungen und Erlebnisse sowohl als Musiker als auch als Manager und Verleger, sagt er. Vom Alter her sei er jetzt in der blauen Stunde: Ende März feierte Fröhlich seinen 60. Geburtstag.
Die „Blaue Stunde“versammelt vor allem eigene Kompositionen, oft mit autobiografischem Hintergrund, wie „Ikarusmädchen“, „Schlumpalumpa“oder „Gitarrenverliebt“. Fröhlich verleiht zudem Klassikern mit seinen Arrangements einen neuen Charakter, etwa dem Schlaflied „Der Mond ist aufgegangen“oder Franz Schuberts „Die Forelle“, die als „Forelle in Blue“in der Moderne ankommt. Nicht zuletzt diese Transformation zeigt Frank Fröhlich auf dem Höhepunkt seiner Kunst.
Fröhlich spielt alle Gitarren, die Mandoline und Percussion. Musikalische Zutaten kommen von Paul Zöllner an Bass und Cajón, Katrin Paulitz auf der Querflöte und Saxofonist Volker Schlott. Zum Schluss wird es noch ein bisschen frivol: Claudia Michelsen liest zu Fröhlichs Musik Erich Kästners „Nachtgesang des Kammervirtuosen“. Das Album wurde im Zöllner Studio Dresden aufgenommen, wie zuvor schon die inzwischen mehr als fünfzig CDs in Fröhlichs
Verlag, zu dem das Label Goldmund Hörbücher gehört. Auf etwa dreißig ist er mit musikalischen Beiträgen vertreten.
Mit Hörbüchern über die Inseln Hiddensee, Usedom und Rügen startete Frank Fröhlich 2004 und 2005 mit seiner erfolgreichen Reihe etwas ganz Neues. „Keiner hatte bis dahin Musik und Literatur mit einem Ort verwoben“, sagt Fröhlich. Die Idee kam dem Gitarristen und Verleger, als 2002 Tochter Clara geboren wurde. „Ich habe einen Weg gesucht, Geld zu verdienen, ohne viel herumreisen zu müssen.“Und begann zu recherchieren und zu komponieren.
So entstanden Hörbücher über Prag, Wien, Köln, Weimar und Tharandt. Fröhlich brachte CDs mit Märchen und Sagen aus Thüringen, dem Dresdner Elbtal, der Sächsischen Schweiz und dem Erzgebirge heraus, zu Literaten wie Hans Fallada, Joachim Ringelnatz, Wilhelm Busch; Jürgen
Ein bisschen Heiterkeit muss sein: Der Dresdner Gitarrist Frank Fröhlich schenkte sich selbst zu seinem 60. Geburtstag ein neues Album. Damit geht er jetzt auch auf Tour und gibt einige Konzerte in der Region.
Karthe reiste mit Fabian Klentzke auf den Spuren des Bandoneons vom Erzgebirge bis nach Argentinien. Fröhlichs Bestseller mit 10.000 verkauften Exemplaren ist das Hörbuch „Die Frauenkirche zu Dresden“mit Daniel Minetti. Er ist einer der prominenten Sprecher, die Fröhlich für seine Projekte verpflichten konnte, zu denen der kürzlich verstorbene Entertainer Gunter Emmerlich, die Schauspieler Hilmar Eichhorn, Gunter Schoß, Rolf Becker oder Schauspielerin Claudia Michelsen gehören.
Mit allen war er deutschlandweit live zu erleben, mit einigen reist er noch immer erfolgreich durch die Lande. In der Gunst des Publikums liegt ein Programm mit sächsischem Kolorit unschlagbar an der Spitze: „Feixen im Advent“mit Peter Ufer aus Stolpen, der auch die Texte dazu verfasste. Für dieses Jahr gibt es wieder reichlich Termine, die ersten sind bereits ausverkauft. Es ist das bisher einzige Hörbuch, das auch als Langspielplatte veröffentlicht wurde, 2020 zum 25. Geburtstag des Verlages von Frank Fröhlich. Sein neuestes Projekt ist die „Sagenhafte Lausitz“, das Hörbuch, zu dem er gerade die Texte sichtet, soll im Frühjahr 2025 erscheinen.
Frank Fröhlich, am Ostersonntag 1964 in Frankfurt an der Oder geboren, hielt mit 13 zum ersten Mal eine Gitarre in der Hand. Aber er wurde zunächst Koch im Hotel „Stadt Frankfurt an der Oder“, studierte dann in Meißen-Siebeneichen Kulturwissenschaften und kam 1988 in das Dresdner Kulturzentrum „Scheune“. Fünf Jahre war er dort Programmchef, bevor er sich selbstständig machte. 1993 brachte er sein erstes Buch heraus: „Bands in Dresden“, ein ambitioniertes und begehrtes Nachschlagewerk, das jährlich aktualisiert wurde. Bis ihm das Internet das Wasser abgrub.
Ein Meister an der Thermo-Klampfe
Auf der Gitarre ist er im Laufe der Jahre zum Virtuosen gereift, der souverän zwischen Klassik und Jazz, deutscher Volksmusik und Liedern aus der ganzen Welt flaniert. Fröhlich gibt um die 120 Konzerte jährlich in Deutschland, aber auch in Österreich, Namibia und Vietnam. In diesem Jahr ist er erneut zu den Jazztagen in Dresden eingeladen. Er musiziert mit Musikern wie Baby Sommer, Volker Schlott oder Scotty Böttcher, weiß aber auch solistisch zu überzeugen. Als Frank Fröhlich einst Joe Sachse fragte, ob er nicht ein Jazz-Label für seine Gitarrenmusik wüsste, antwortete der „Nö. Bei dir sind ja Melodien drin!“Ein größeres Kompliment konnte ihm Deutschlands bester Jazzgitarrist kaum machen.
Fröhlichs Soloalben erschienen dann bei Goldmund wie 2013 „Die Gitarre kann alles! Man muss sie nur lassen“oder „… kann fliegen!“, auf der er 2019 erstmals nur Thermo-Gitarren von Armin Hanika nutzt, gebaut aus heimischen Hölzern wie der Elsbeere, getestet und für ausgezeichnet befunden von Frank Fröhlich. Seither spielt der Coschützer sehr gerne auf seiner „Schönen Else“, besonders gefühlvoll in „Blues i denn“zur „Blauen Stunde“.
Die CD: Frank Fröhlich, Blaue Stunde. Goldmund Konzerttermine: 21.4., 15 Uhr, Reinhardtsgrimma, Schloss; 25.4., 19 Uhr, Putjatinhaus, Dresden