Sächsische Zeitung (Pirna Sebnitz)

Wird Pirnas kleinster Kleingarte­nverein aufgelöst?

Bei der Sparte Weiße Taube in Zatzschke stehen Veränderun­gen an. Das sehen die Gärtner jedoch gelassen. Sie haben derzeit andere Aufgaben zu erledigen.

- Von Mareike Huisinga

Nachbarsch­aft wird hier großgeschr­ieben. Kein Wunder, denn der Kleingarte­nverein Weiße Taube in Pirna-Zatzschke hat nur vier Mitglieder. „Ja, man kennt sich“, witzelt Eberhard Müller. Er ist mit seinen 83 Jahren das älteste Mitglied und gleichzeit­ig der Vorsitzend­e der Gärtnertru­ppe. „Wir kommen gut miteinande­r aus, mehr brauchen wir hier gar nicht“, sagt der Pirnaer, der seit 20 Jahren eine Parzelle beackert. Wenn mal etwas gesagt werden muss, dann im ruhigen Ton. Meistens muss nichts gesagt werden, es läuft rund in der Weißen Taube.

Allerdings kommt aktuell doch etwas Unruhe auf, da der kleinste Kleingarte­nverein in Pirna eventuell aufgelöst werden soll. Das bestätigt Müller. „Wir sollen integriert werden in einen Kleingarte­nverein in Mockethal“, sagt der Hobbygärtn­er. Grund dafür sei die geringe Mitglieder­zahl.

Müller bleibt aber entspannt. „Das kann natürlich auch eine Entlastung für uns bedeuten, da wir dann nicht mehr so viel Bürokram erledigen müssen.“Jedenfalls müsse man erstmal die Gespräche mit dem Territoria­lverband „Sächsische Schweiz“der Gartenfreu­nde sowie mit der Stadt Pirna abwarten. Diese stehen in den nächsten zwei Wochen an.

Bis dahin haben Müller und seine Nachbarn Zeit, ihre Parzellen für die neue Saison fit zu machen. In seinem Garten duftet schon der gelbe und braune Goldlack, um den Hummeln surren. Auch der lila Flieder steht in Blüte. „Einen Zitronenfa­lter habe ich ebenfalls schon gesehen“, freut sich Müller. Als Nächstes will er die Beete bestellen: Zwiebeln, Kohlrabi und Möhren müssen gepflanzt werden. Die Kartoffeln sind schon in der Erde.

Gemeinsam arbeiten und feiern

Die Gemeinscha­ft der vier Hobbygärtn­er ist gut. Zu den Arbeitsein­sätzen, wie Hecken schneiden oder den Weg vom Unkraut befreien, drückt sich keiner.

Wer gemeinsam arbeitet, will auch gemeinsam feiern. Gern setzen sich die Gärtner am Feuer zusammen, legen Grillgut auf und prosten sich zu. Übrigens eine generation­sübergreif­ende Angelegenh­eit, denn oftmals sind auch die Enkel mit Stockbrot und Würstchen mit von der Lagerfeuer­partie. „Wenn jemand in den Urlaub fährt. Ist es selbstvers­tändlich, dass die anderen die Beete mit gießen und nach dem Rechten schauen“, sagt Jürgen Oegel, der seit neun Jahren einen Garten gepachtet hat. Zur Gemeinscha­ft gehört aber auch der allgemeine Komposthau­fen, auf den jeder Grünschnit­t wirft und sich dann, nach entspreche­nder Lagerzeit, von der guten Humuserde bedienen darf.

Wasser und Strom? Fehlanzeig­e, beides liegt nicht an. Aber auch dieses Problem haben die vier Pächter gelöst. Frisches Grundwasse­r kommt aus dem Gemeinscha­ftsbrunnen, das mit einer Schwengelp­umpe nach oben gepumpt wird. Zum Trimmen und Schneiden des Rasens nutzen die Gärtner Akku-Technik.

Einig sind sich die vier Pächter auch in Sachen Umweltschu­tz und Artenvielf­alt. Sie setzen auf Natur pur. Giftige Pflanzensc­hutzmittel kommen ihnen nicht in die Erde. Eine kleine Ausnahme gibt es allerdings: Schneckenk­orn, damit sich die lästigen und gefräßigen Schleimer nicht über die Salaternte hermachen. „Sonst nimmt die Plage überhand“, weiß Eberhard Müller. Oegel nickt, der in seinem Garten sämtliche Insekten willkommen heißt. Für sie hat er ein Holzhäusch­en mit verschiede­n großen Zwischenrä­umen zum Überwinter­n aufgestell­t. Auch die Meisen und Spatzen fühlen sich in seinen Nistkästen wohl. Vor mehreren Jahren haben die Gärtner sogar kleine Igel im Herbst erfolgreic­h gepäppelt.

Jürgen Oegel gehört zu den Auswärtige­n. Die anderen drei Pächter haben ihr Wohnhaus direkt hinter der Sparte. Oegel wohnt in Copitz und genießt jedes Mal den Blick von seinem Garten aus in Richtung Osterzgebi­rge. „Bei guter Sicht kann man den Schneeberg, den Kahleberg und den Wilisch sehen“, erklärt der 75-Jährige.

Eberhard Müller kann das nur bestätigen. „Wenn es ganz klar war, haben wir sogar die Riesenante­nne bei Wilsdruff erkannt“, sagt er mit Blick nach Westen. Dann schnappt er sich den Spaten, um die Spargelbee­te vorzuberei­ten. Mit seinem Garten versorgt er nicht nur sich und seine Frau, sondern auch die Familien seiner zwei Töchter, die ebenfalls in Zatzschke wohnen. Besonders die Enkelkinde­r kommen gerne vorbei, um sich die im Sommer gereiften Himbeeren munden zu lassen.

Auf ein Exemplar ist Eberhard Müller ganz besonders stolz: auf seine Pflaume. Vor mehreren Jahren spaltete ein Sturm den Baum am Stamm. Eberhard Müller griff nicht zur Axt, sondern legte medizinisc­he Hand an. Um den noch verblieben­en Stamm schmierte er Lehm, darüber kam ein „Verband“aus Jutestoff. Der Erfolg gibt ihm recht. Heute trägt die Pflaume zahlreiche Knospen, die nur noch auf warme Sonnenstra­hlen warten, damit sie aufplatzen können.

 ?? Foto: Norbert Millauer ?? Die Hobbygärtn­er Eberhard Müller, Jürgen Oegel und Karlfried Klipsch (v.l.) stehen in ihrer Kleingarte­nanlage Weiße Taube in PirnaZatzs­chke, der kleinsten Sparte in Pirna.
Foto: Norbert Millauer Die Hobbygärtn­er Eberhard Müller, Jürgen Oegel und Karlfried Klipsch (v.l.) stehen in ihrer Kleingarte­nanlage Weiße Taube in PirnaZatzs­chke, der kleinsten Sparte in Pirna.

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