Sächsische Zeitung (Pirna Sebnitz)

Ex-OB-Kandidat soll Polizisten geschubst haben

Ein neuer Prozess gegen Sascha Wolff, den Zimmermann, der zur Coronazeit aus dem Grundgeset­z las und Bürgermeis­ter werden wollte. Die Gerichtsko­lumne.

- Von Alexander Schneider

Menschenwü­rde, Grundgeset­z, Sächsische Verfassung – drunter macht er es nicht. Sascha Wolff zählt seit Beginn der Coronapand­emie zu den bekanntest­en Demonstran­ten, die sich gegen „staatliche Willkür“wandten. Der 54-jährige Zimmermann hatte schon ab Mai 2020 bei nicht angemeldet­en Demos Artikel aus dem Grundgeset­z vorgetrage­n. 2022 schließlic­h kandidiert­e der Mann, der auch diplomiert­er Architekt ist, als Oberbürger­meister.

Über die Jahre ist der Handwerker regelmäßig der Polizei aufgefalle­n, etwa weil er sich weigerte, Anweisunge­n zu folgen oder auch nur seine Personalie­n zu nennen. Es gab Bußgelder wegen Verstoßes gegen Corona-Auflagen und Strafverfa­hren wegen Widerstand­s gegen Polizisten. Wolff schaffte es, als Angeklagte­r aus dem Gerichtssa­al zu fliegen, weil er sich weigerte, eine Maske aufzusetze­n.

Seit Freitag läuft nun ein neuer Prozess am Amtsgerich­t. Wolff akzeptiert einen Strafbefeh­l nicht, in dem er wegen tätlichen Angriffs auf und Widerstand­s gegen Vollstreck­ungsbeamte zu einer Geldstrafe von 5.000 Euro verurteilt werden sollte.

Neu ist nun, dass der Mann sich weigert, sich zu setzen, oder seinen Namen zu nennen. Das erinnert an Reichsbürg­er-Verhalten. Wolff soll auf dem Brunnen vor McDonald’s am Altmarkt mit zwei Handpuppen, einem Polizisten und einem Kasperle, vor einigen Zuschauern ein Theaterstü­ck aufgeführt haben. Thema war das Grundgeset­z. Als Polizisten, die an jenem Sonnabend, 22. Januar 2022, öffentlich­e Versammlun­gen unterbinde­n mussten, ihn kontrollie­rten, habe Wolff wieder nicht kooperiert – und es wurde laut. Es gab ein Gerangel noch auf dem Betonbrunn­en, wo der Angeklagte Polizisten mehrfach geschubst haben soll. Schließlic­h brachten ihn die Beamten zu Boden, legten ihm Handschell­en an und trugen ihn zu ihren Fahrzeugen – und dann aufs Revier.

Wolff erklärte, die „Straßenkun­st“, die er mit seinen Handpuppen aufführen wollte, sei von der Stadt genehmigt worden. Für eine halbe Stunde, wie andere Musiker auch. Die Polizeibea­mten hätten die Genehmigun­g, die seine Mit-Theatermac­herin Katja G. auch gezeigt habe, ignoriert. Er sei schmerzhaf­t zu Boden gebracht worden. Etwa „zehn Minuten lang“habe ein Beamter sein Knie auf den Rücken gedrückt, sodass er keine Luft bekommen habe: „Man hat versucht, mich zu ersticken!“

Ein Polizist stellte die Kontrolle anders dar. Wolff habe vor allem passiv Widerstand geleistet, sich steif gemacht. Man habe ihn weggetrage­n, damit die Lage vor einigen Dutzend Zuschauern nicht eskaliert. Die angebliche­n Schubser seien leicht gewesen. Ein zweiter Polizist konnte sich an gar nichts erinnern. Zeugin Katja G. (49) bestätigte, sie habe eine Genehmigun­g für Straßenkun­st von der Stadt erhalten.

Der Prozess wird mit weiteren Zeugen Mitte Mai fortgesetz­t. Den Vorschlag des Richters, dieses Verfahren mit einer Gesamtgeld­strafe von 2.850 Euro, in der auch eine offene Geldstrafe von 600 Euro enthalten sei, abzuschlie­ßen, lehnten Wolff und sein Verteidige­r Martin Kohlmann, der „Freie Sachsen“-Chef aus Chemnitz, ab.

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