Sächsische Zeitung (Pirna Sebnitz)
Ex-OB-Kandidat soll Polizisten geschubst haben
Ein neuer Prozess gegen Sascha Wolff, den Zimmermann, der zur Coronazeit aus dem Grundgesetz las und Bürgermeister werden wollte. Die Gerichtskolumne.
Menschenwürde, Grundgesetz, Sächsische Verfassung – drunter macht er es nicht. Sascha Wolff zählt seit Beginn der Coronapandemie zu den bekanntesten Demonstranten, die sich gegen „staatliche Willkür“wandten. Der 54-jährige Zimmermann hatte schon ab Mai 2020 bei nicht angemeldeten Demos Artikel aus dem Grundgesetz vorgetragen. 2022 schließlich kandidierte der Mann, der auch diplomierter Architekt ist, als Oberbürgermeister.
Über die Jahre ist der Handwerker regelmäßig der Polizei aufgefallen, etwa weil er sich weigerte, Anweisungen zu folgen oder auch nur seine Personalien zu nennen. Es gab Bußgelder wegen Verstoßes gegen Corona-Auflagen und Strafverfahren wegen Widerstands gegen Polizisten. Wolff schaffte es, als Angeklagter aus dem Gerichtssaal zu fliegen, weil er sich weigerte, eine Maske aufzusetzen.
Seit Freitag läuft nun ein neuer Prozess am Amtsgericht. Wolff akzeptiert einen Strafbefehl nicht, in dem er wegen tätlichen Angriffs auf und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Geldstrafe von 5.000 Euro verurteilt werden sollte.
Neu ist nun, dass der Mann sich weigert, sich zu setzen, oder seinen Namen zu nennen. Das erinnert an Reichsbürger-Verhalten. Wolff soll auf dem Brunnen vor McDonald’s am Altmarkt mit zwei Handpuppen, einem Polizisten und einem Kasperle, vor einigen Zuschauern ein Theaterstück aufgeführt haben. Thema war das Grundgesetz. Als Polizisten, die an jenem Sonnabend, 22. Januar 2022, öffentliche Versammlungen unterbinden mussten, ihn kontrollierten, habe Wolff wieder nicht kooperiert – und es wurde laut. Es gab ein Gerangel noch auf dem Betonbrunnen, wo der Angeklagte Polizisten mehrfach geschubst haben soll. Schließlich brachten ihn die Beamten zu Boden, legten ihm Handschellen an und trugen ihn zu ihren Fahrzeugen – und dann aufs Revier.
Wolff erklärte, die „Straßenkunst“, die er mit seinen Handpuppen aufführen wollte, sei von der Stadt genehmigt worden. Für eine halbe Stunde, wie andere Musiker auch. Die Polizeibeamten hätten die Genehmigung, die seine Mit-Theatermacherin Katja G. auch gezeigt habe, ignoriert. Er sei schmerzhaft zu Boden gebracht worden. Etwa „zehn Minuten lang“habe ein Beamter sein Knie auf den Rücken gedrückt, sodass er keine Luft bekommen habe: „Man hat versucht, mich zu ersticken!“
Ein Polizist stellte die Kontrolle anders dar. Wolff habe vor allem passiv Widerstand geleistet, sich steif gemacht. Man habe ihn weggetragen, damit die Lage vor einigen Dutzend Zuschauern nicht eskaliert. Die angeblichen Schubser seien leicht gewesen. Ein zweiter Polizist konnte sich an gar nichts erinnern. Zeugin Katja G. (49) bestätigte, sie habe eine Genehmigung für Straßenkunst von der Stadt erhalten.
Der Prozess wird mit weiteren Zeugen Mitte Mai fortgesetzt. Den Vorschlag des Richters, dieses Verfahren mit einer Gesamtgeldstrafe von 2.850 Euro, in der auch eine offene Geldstrafe von 600 Euro enthalten sei, abzuschließen, lehnten Wolff und sein Verteidiger Martin Kohlmann, der „Freie Sachsen“-Chef aus Chemnitz, ab.