Sächsische Zeitung (Pirna Sebnitz)
Sächsische Schweiz bekommt Selbstbedienungsladen
Wer in Stadt Wehlen Lebensmittel einkaufen möchte, hat bislang wenig Glück. Unternehmer Mario Lucia will diese Lücke schließen – ganz ohne Personal.
Wer als Tourist nach Stadt Wehlen kommt, sollte vorbereitet sein. Zumindest, wenn man als Selbstversorger in dem Elbestädtchen Urlaub macht. Die nächsten großen Supermärkte befinden sind rund acht Kilometer entfernt – in Lohmen und Pirna-Copitz. In Stadt Wehlen selbst gibt es zwar mehrere Einkehrmöglichkeiten, an Einkaufsmöglichkeiten mangelt es jedoch. Neben Tonis Bäckerladen und dem Feinkostladen von „Pasta Lucia“gibt es nichts für Selbstversorger.
Eine Lücke, die nun geschlossen werden soll. Mit einer Art Selbstbedienungsladen – einer Idee von Hotelier und Pasta-Unternehmer Mario Lucia. Ihm gehört das „Manufaktur Boutique Hotel“am Marktplatz, mit dem Restaurant 1881 und der Kutscherstube. Auch die Taverne „Wehlmuschel“, gleich nebenan, wird in der Saison von seinem Team bespielt. Zudem betreibt er die nach ihm benannte Nudelmanufaktur „Pasta Lucia“.
Jetzt kommt mit dem Selbstbedienungsladen ein weiteres Standbein dazu. Dieser zieht in die Räume des ehemaligen Naturkostladens an der Rosenstraße 1, unweit von Markt und Elbeparkplatz. Eine Adresse, die seit vielen Jahren für Lebensmittel steht. Denn erst betrieb die Familie Karsch hier über Generationen ein Lebensmittelgeschäft im eigenen Haus. Vor etwa fünf Jahren haben sie den Laden aufgegeben. 2021 zog dann der Naturkostladen von Silke Herzog ein, die vor allem regionale Produkte von Bauernhöfen und lokalen Produzenten im Angebot hatte. Der Naturkostladen blieb jedoch nicht lange.
„Leider“, wie Mario Lucia sagt. Mit dem Aus sei eine Tradition zu Ende gegangen. Er selbst hat die Räume nun angemietet, um die Versorgungslücke zu schließen. Jedoch nicht mit einem Lebensmittelladen im klassischen Sinne. Lucia setzt auf Selbstbedienung über Automaten. Mehrere Geräte hat er in dem Laden positioniert.
In einem gibt es verschiedene Sorten Kaffee, Tee und Suppen. Ein weiteres Gerät ist mit Getränkedosen gefüllt. Ein anderer Automat ist mit Fertiggerichten bestückt. Diese kommen ebenfalls aus dem Hause
Lucia. Mario Lucia hatte als Folge der Corona-Krise einen Lieferdienst und Onlinehandel für frische Fertiggerichte gestartet. Die Gerichte werden frisch gekocht, danach abgekühlt, portionsweise in Menüschalen abgefüllt und versiegelt. Ein Teil des „Lucia food“wird verschickt, ein Teil landet nun in den Kühlschrank-Automaten.
Im Angebot sind beispielsweise Spaghetti alle Bolognese, Hähnchen mit Gemüse und Reis, Hühnchen paniert mit Reis und Teriyakisauce oder Hackfleischbällchen. „Die Preise für die Fertiggerichte variieren von 3 bis 6,50 Euro“, erklärt Mario Lucia. Damit schlägt er preislich die meisten Imbisse und auch viele Anbieter von Fertiggerichten, die im Supermarkt im Kühlregal zu finden sind. Die Fertiggerichte können im Laden in einer Mikrowelle erwärmt werden. Eine kleine Sitzgruppe gibt es für diejenigen, die gleich vor Ort essen und rasten wollen.
In einem weiteren Automaten stecken Lebensmittel von regionalen Großproduzenten.
Wurst von den Dürrröhrsdorfer Fleisch und Wurstwaren oder der Fleischerei Korch zum Beispiel oder Käse von den Heinrichsthaler Milchwerken in Radeberg. Auch Butter und Kaffee gehören zum Sortiment, genauso wie Hygieneartikel. Eben alles, was Urlauber für die Ferienwohnung, aber auch Einheimische brauchen. Bei Hygieneartikeln hat Mario Lucia auch an Damenhygiene gedacht, denn „danach wird oft gefragt“, sagt er.
Automaten-Laden täglich geöffnet
Bezahlt werden kann an den Automaten mit Bargeld, aber auch Kartenzahlung ist möglich. Geöffnet ist der Selbstbedienungsladen seit dieser Woche. Täglich von 8 bis 20 Uhr steht die Tür offen. Genau davor befindet sich eine Bushaltestelle. Wehlener und Touristen, die hier warten, holen sich nicht selten noch schnell einen Kaffee, hat Mario Lucia beobachtet. Mit der ersten Resonanz ist er zufrieden. Sehr sogar. „Ich bin erstaunt, wie viele Produkte in den ersten Tagen gekauft wurden“, sagt er. Um herauszufinden, wie zufrieden die Kunden sind, hat er vor Ort einen „Kummerkasten“montiert, in dem aufgeschriebene Wünsche, Anregungen und auch Kritik gesammelt werden. Denn ohne Personal vor Ort fehlt der direkte Kundenkontakt.
Mario Lucia sieht sich mit den Essensund Lebensmittelautomaten nicht als Konkurrenz zu den Gastronomen vor Ort. Mehr als Ergänzung. „Zum Beispiel, wenn Hotelgäste erst am späteren Abend anreisen und die örtlichen Restaurants schon Küchenschluss haben“, sagt er. Ohne Automaten
gäbe es dann wenig Alternativen. Auch an Wanderer und nicht zuletzt Einheimische richte sich das Angebot.
Die Idee, regionale Lebensmittel per Automat zu verkaufen, ist in der Sächsischen Schweiz grundsätzlich nicht neu. Unternehmer Felix Zschoge hat sie vor längerer Zeit etabliert.
Er betreibt in der Nationalparkregion zahlreiche der sogenannten „Proviantomaten“, an denen es Brot, Milch, Eier, Wurst, Käse, aber auch Süßigkeiten, Bier und Wein gibt – ausschließlich von regionalen Bauern und Erzeugern.