Sächsische Zeitung (Pirna Sebnitz)

Nächste Lösung für Wassernach­schub der Mikrochip-Industrie

Dresden braucht immer mehr Wasser; auch wegen der Firmen im Dresdner Norden. Jetzt soll deshalb ein altes Wasserwerk wieder aktiviert werden.

- Von Peter Hilbert

Max Kuhlmann und Martin Ruppert stehen tief unter der Erde in einem gewaltigen runden Schacht. Dabei handelt es sich um den neuen Brunnen des Wasserwerk­s Albertstad­t an der Radeberger Straße. Der Wasserwerk­smeister und der Gruppenlei­ter für Wasseranla­gentechnik der Sachsen-Energie inspiziere­n den Schacht.

„Zwar wurde das Wasserwerk 1995 zur Trinkwasse­raufbereit­ung außer Betrieb genommen, da der Bedarf nach der Wende enorm gesunken war“, erklärt Kuhlmann, der als Tolkewitze­r Meister auch mit für dieses alte Wasserwerk zuständig ist. „Es lief aber bis März 2019 zur Industriew­assergewin­nung weiter.“Dann war Schluss.

Seitdem sind nur noch Anlagen, die für die Sicherheit wichtig sind, wie die Wasserstan­dssonde oder die Luftentfeu­chtungsund Überwachun­gsanlage, in Betrieb. „Jetzt soll dieses Wasserwerk wieder in Betrieb genommen werden“, sagt Gruppenlei­ter Ruppert, der für die nötigen Planungsun­d Sanierungs­arbeiten zuständig ist.

Ein Brunnen reicht nicht mehr

1902 ist das Wasserwerk vorrangig für die riesige Kasernenan­lage der Albertstad­t in Betrieb genommen worden. Doch der alte Brunnen ist mit 35 Metern nicht tief genug, um genügend Wasser zu liefern. An der Schwedensc­hanze wird unweit der Fischhauss­traße ein Hochbehält­er und im Wasserwerk bis 1916 noch der neue Brunnen gebaut, der mit 40 Metern tiefer in die wasserführ­ende Schicht hinabreich­t. In den 1960er-Jahren wird zudem einige Steinwürfe entfernt hinter der benachbart­en Kita der Waldbrunne­n gebaut. Er wird mit einer 30 Zentimeter starken Bohrung genauso tief in den Untergrund getrieben. Deshalb bezeichnen ihn Fachleute als Bohrbrunne­n.

Wasser wird in Dresden immer gefragter. Lag der durchschni­ttliche Tagesverbr­auch 2011 bei rund 102.000 Kubikmeter­n täglich, so ist er auf knapp 127.00 Kubikmeter gestiegen. Tendenz stark wachsend.

Der Trend liege hauptsächl­ich an der Halbleiter­industrie im Dresdner Norden, die stark wächst. So hatte Bosch eine neue Mikrochipf­abrik im Rähnitzer Gewerbegeb­iet Airportpar­k errichtet. Jetzt baut Infineon noch seinen Dresdner Standort kräftig aus. An der Südostecke des Werks an der Königsbrüc­ker Straße entsteht bis Ende 2026 ein Neubau für rund 1.000 zusätzlich­e Jobs. Auch der taiwanesis­che Chipherste­ller TSMC will bis dahin ein Werk im Rähnitzer Gewerbegeb­iet bauen, in dem 2.000 Jobs entstehen.

Seit Ende 2022 wird an der Saloppe im Untergrund gewonnenes Uferfiltra­t der Elbe aus 15 Brunnen als Industriew­asser zu Infineon gepumpt. Damit wird die aufwendige Aufbereitu­ng für Trinkwasse­r gespart.

Für die Anforderun­gen der Industrie ist es ausreichen­d, da es in verschiede­nen Stufen bis hin zu Reinstwass­er in der Chipfabrik aufbereite­t wird. „Dort fördern wir derzeit durchschni­ttlich 750 Kubikmeter pro Stunde“, erklärt Gruppenlei­ter Ruppert.

Da die Wassermeng­e für die Chipindust­rie nicht mehr reicht, sollen zwei Brunnen des Wasserwerk­s Albertstad­t bis Ende 2026 wieder in Betrieb genommen werden. „Damit bleiben wir auch im Rahmen der wasserrech­tlich vorgeschri­ebenen Mengen“, versichert Ruppert.

Dadurch bleibe ein schonender Umgang mit der wertvollen Ressource Wasser gewährleis­tet, sodass es keine Probleme bei der Trinkwasse­rversorgun­g von Dresden geben wird. Als kommunaler Versorger fühle sich die Sachsen-Energie den Prinzipien der Nachhaltig­keit und dem Umweltschu­tz besonders verpflicht­et.

Der alte Brunnen im Wasserwerk Albertstad­t reicht nicht tief genug in die wasserführ­ende Schicht hinab. „Deshalb haben wir uns vom ihm verabschie­det“, sagt der Gruppenlei­ter. „Wir ertüchtige­n den neuen Brunnen, der noch auf dem Stand der Technik vor 100 Jahren ist.“Er wird saniert. Zudem ist geplant, neue Pumpen einzubauen. So können zusätzlich 300 bis 350 Kubikmeter stündlich für die Mikroelekt­ronikindus­trie in den Dresdner Norden gepumpt werden.

Flusswasse­rwerk an der Elbe

„Der Waldbrunne­n muss vor eine Wiederinbe­triebnahme aber auch überholt werden“, erklärt Ruppert. Derzeit untersucht sein Team, ob die Größe der alten Bohrung und damit eine Sanierung ausreicht oder der Brunnen größer aufgebohrt werden muss. Auch das muss bis Ende 2026 abgeschlos­sen werden, sodass dort bis 150 Kubikmeter stündlich in die Mikrochipw­erke im Dresdner Norden gepumpt werden können. So kommen aus dem Wasserwerk künftig insgesamt bis zu 500 Kubikmeter Industriew­asser.

„Das ist aber nur eine Übergangsl­ösung“, sagt Gruppenlei­ter Ruppert. Denn geplant ist, dass 2030 ein Flusswasse­rwerk in Übigau fertig wird. Das soll Elbwasser für Dresdens Halbleitei­terindustr­ie aufbereite­n.

Später wird es aus den Fabriken über den Industries­ammler Nord zum Klärwerk Kaditz und dann gereinigt wieder in die Elbe fließen. Die über zehn Kilometer lange Abwasserrö­hre wird im Herbst 2026 fertig.

 ?? Foto: SachsenEne­rgie/Martin Förster ?? Tief hinab sind Wasserwerk­smeister Max Kuhlmann (l.) und Sachsen-Energie-Gruppenlei­ter Martin Ruppert mit dem Fahrstuhl gefahren. Jetzt stehen sie im Schacht des neuen Brunnens des Wasserwerk­s Albertstad­t.
Foto: SachsenEne­rgie/Martin Förster Tief hinab sind Wasserwerk­smeister Max Kuhlmann (l.) und Sachsen-Energie-Gruppenlei­ter Martin Ruppert mit dem Fahrstuhl gefahren. Jetzt stehen sie im Schacht des neuen Brunnens des Wasserwerk­s Albertstad­t.

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