Sächsische Zeitung (Pirna Sebnitz)
Stadtratswahl Pirna: Die Linken treten mit einer neuen Spitzenkandidatin an
Die Genossen gehen mit 16 Kandidaten in die Kommunalwahl, der Frauenanteil ist hoch. Einem Themengebiet hat sich die Partei besonders verschrieben.
Hinter der Partei „Die Linke“liegen zermürbende und unsichere Zeiten. Anfang Dezember 2023 löste sich die Bundestagsfraktion auf, weil zuvor etliche Abgeordnete zum neuen „Bündnis Sahra Wagenknecht“gewechselt waren. In Umfragen liegen die Genossen bundesweit bei vier Prozent, in Sachsen kaum darüber. In der noch laufenden Legislatur hat die Partei drei Sitze im Pirnaer Stadtrat, in der Legislatur davor waren es sechs.
Gleichwohl gehen die Linken selbstbewusst in den Wahlkampf für die bevorstehende Kommunalwahl am 9. Juni. „Wir haben keine Angst, dass die Bundesstimmung auf die kommunale Ebene durchschlägt“, sagt die Pirnaer Spitzenkandidatin Ina Richter. Schließlich gelte es, die Bundespolitik von der Kommunalpolitik zu trennen. So liegt das Hauptaugenmerk des Ortsverbandes darauf, mit lokalen Themen zu werben, die im Stadtrat besprochen und vorangetrieben werden können. Um zu wissen, was den Pirnaern wichtig ist, sagt Ina Richter, müsse man vor allem zuhören und die Probleme der Menschen mitnehmen. Zur Arbeit eines Stadtrates gehöre auch, transparent und ehrlich zu agieren. Ebenso gelte es, offen zu kommunizieren, wenn es gerade keine Lösung für ein bestimmtes Problem gibt. „Und man sollte sich jederzeit der Verantwortung gegenüber dem Bürger bewusst sein“, sagt die Spitzenkandidatin. Mit diesen Prämissen geht der Ortsverband der Linken mit 16 Kandidaten in die Stadtratswahl. Der Frauenanteil ist hoch. Ein Themenschwerpunkt liegt den Genossen besonders am Herzen. Die SZ gibt einen Überblick.
Die Spitzenkandidatin
In dieser Hinsicht gibt es bei den Linken einen Generationswechsel: Bei vielen Wahlen zuvor war stets Tilo Kloß der Spitzenkandidat, er ist ohnehin der dienstälteste Abgeordnete der Nachwendezeit, seit 1990 sitzt er ununterbrochen im Pirnaer Kommunalparlament. Bei der diesjährigen Kommunalwahl lässt er nun einer Frau den Vortritt. Die drei derzeitigen Stadträte der Linken hatten Ina Richter schon vor einiger Zeit offeriert, dass die Fraktion sie als Spitzenkandidatin vorschlagen möchte. „Das ist eine große Ehre für mich“, sagt sie.
Ina Richter war viele Jahre lang Kreisgeschäftsführerin der Linken, hatte das Amt aber im Oktober 2023 aus beruflichen Gründen abgegeben. „So habe ich jetzt wieder mehr Zeit, um mich als Kandidatin und Stadträtin zu engagieren“, sagt sie. Die 35jährige Sachbearbeiterin stammt aus Pirna, mit 18 kam sie über eine Freundin zu den Linken, wo sie sich engagierte und ihren Mann kennenlernte – den früheren Landtagsabgeordneten der Linken, Lutz Richter, der nun für das „Bündnis Sahra Wagenknecht“für den Kreistag und den Stadtrat Pirna kandidiert.
Über Stadtratserfahrung verfügt Ina Richter bereits. Von 2014 bis 2019 saß sie – damals als jüngste Abgeordnete – im Pirnaer Kommunalparlament. „Somit gehen wir mit einer jungen Frau, die bereits im Stadtrat Erfahrungen sammeln konnte, in den Kommunalwahlkampf“, sagt LinkenOrtschefin Jutta Häcker.
Das Personal
Auf der Liste der Linken stehen 16 Kandidaten – sechs Männer und zehn Frauen. „Unser Frauenanteil beträgt 66 Prozent, darauf sind wir sehr stolz“, sagt Ina Richter. Hinter ihr folgen auf der Liste die derzeitigen Stadträte Tilo Kloß, Jutta Häcker und Frank Protze-Lindner. Auf Platz fünf kandidiert Carola Nacke, die vor drei Jahren deutsche Rechtsgeschichte mitschrieb. Gemeinsam mit acht weiteren Klägern erstritt sie vor dem Bundesverfassungsgericht, dass der Bundestag eindeutige Kriterien für eine Triage-Regelung in Krankenhäusern festlegen muss – da aus Sicht der Kläger vor allem Behinderte, Senioren und chronisch Kranke bislang bei der Triage nur unzureichend geschützt waren.
Zudem steht Neamat Kanaan auf der Liste, eine gebürtige Libanesin, die seit 2008 in Deutschland lebt. Sie war eine der ersten Preisträgerin des Anna-Hirsch-Frauenpreises, mit dem der Kreisverband der Linken Frauen ehrt, die sich für eine sozialere und gerechtere Gesellschaft einsetzen. Dabei als Kandidatin ist auch Lea Felicia Kubitz, die sich unter anderem beim Bündnis
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„SOE gegen Rechts“engagiert, überdies steht auch Linken-Kreischefin Lisa Thea Steiner auf der Liste.
Die Ziele
Das Minimalziel der Linken für die Stadtratswahl ist, die drei Mandate zu verteidigen, aber möglichst noch mehr Sitze zu erringen. „Wir kämpfen um jede Stimme“, sagt Ina Richter. Inhaltlich verschreiben sich die Linken schwerpunktmäßig dem Themenbereich „Soziales‘“– mit allem, was dazugehört. Dazu zählen unter anderem Vereinsförderung, Barrierefreiheit und der Einsatz dafür, dass alle Menschen gleichberechtigt und möglichst ohne Einschränkungen am Leben und an Angeboten teilhaben können. Weil die Aufgaben und Belastungen für die Kommunen stetig wachsen, Landes- und Bundeszuschüsse dafür aber nicht ausreichen, fordern die Linken auch eine bessere Finanzausstattung der Kommunen – damit wieder Raum für freiwillige Leistungen bleibt, wie beispielsweise Vereinsförderung, Bibliothek und Museum. Auch das Thema Frieden spielt bei den Linken eine große Rolle, der bereits in der Stadtgesellschaft beginnen sollte. „Den müssen wir schützen und bewahren“, sagt Ina Richter.
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Die Schwerpunkte
Sieben Themenbereiche, ein jeder mit mehreren Unterpunkten, haben die Linken in ihrem Eckpunkte-Papier für die Kommunalwahl definiert, es trägt den Titel „Sozial. Gerecht. Friedlich.“So wollen sich die Linken für einen weiteren Ausbau von Kitas und Schulen einsetzen, dazu gehört auch, dass Projekte realisiert werden, die seit Jahren geschoben werden – allen voran der Neubau für die Grundschule Zehista und die Sporthalle für die Grundschule Neundorf. Auch soll es an jeder Pirnaer Schule Schulsozialarbeiter geben, ebenso kostenloses gesundes Mittagessen für alle Schüler.
Zudem soll der Breitensport gefördert werden, hauptsächlich im Kinder- und Jugendbereich, dazu zählt unter anderem, dass Übungsleiter in Sportvereinen mehr Geld für ihr Ehrenamt bekommen als die bislang übliche Pauschale von 50 Euro im Jahr. Auch sollen die Vereine ausreichend Geld dafür bekommen, um ihre Sportstätten zu erhalten. Ein weiteres Ziel ist, dass es auch in anderen Stadtteilen Stadtteilmanager nach dem Vorbild von Copitz und Sonnenstein gibt, ebenso sollte es laut der Linken in jedem Stadtteil ein Ärztehaus ähnlich früherer Polikliniken geben. Im Bereich Handel soll die Pirnaer Innenstadt als Flanierstadt erhalten werden, das geplante City Outlet könnte eine Chance gegen den Leerstand sein.
Auch befürworten die Linken Ansiedlungen von Unternehmen, die hier Gewerbesteuer zahlen und kein Kriegsmaterial herstellen. Auch wollen sich die Linken für den geplanten Industriepark Oberelbe (IPO) einsetzen – unter der Bedingung, das Ökologie, Umweltverträglichkeit und eine ausgewogene Größenordnung beachtet werden.