Sächsische Zeitung (Pirna Sebnitz)
Netanjahu: Was macht Deutschland?
Präsident, Regierungschef, Außenminister, sie alle äußern sich empört über den Chefankläger des Den Haager Strafgerichtshofs. Nur sind sie nicht aus Deutschland. Das ist ein Fehler.
Ob Präsidenten, Regierungschefs oder Außenminister, alle Welt äußert sich hochoffiziell und empört über den Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs, weil der Strafbefehle beantragt gegen israelische Politiker wie gegen Hamas-Terroristen. Als gäbe es keinen Unterschied. Und in Deutschland? Äußert sich kein Präsident, kein Kanzler, keine Außenministerin, quälende Stunden lang. Ein Fehler, keine Frage. Denn da gibt es das Wort von der „Staatsräson“, das Versprechen, dass Deutschland stets fest an der Seite Israels steht. Wenn das jetzt einer dieser Momente der Wahrheit war – und in der Welt, besonders in Israel, sehen sie es so –, dann sieht die amtierende Bundesregierung nicht gut aus.
Einer der Sprecher des Auswärtigen Amts veröffentlicht eine längliche Stellungnahme mit Juristenprosa. Wie armselig das im Vergleich zu Joe Biden und Karl Nehammer und Petr Fiala und Antony Blinken wirkt. Wo bleibt da die deutsche Außenministerin, die doch gerne redet, und auch gerne kernig?
Sie hätte sagen können, dass ein Haftbefehl gegen Premier Benjamin Netanjahu ein politischer Skandal ist. Weil Netanjahu der demokratisch legitimierte Regierungschef einer angegriffenen Demokratie ist. Und behandelt wird wie Kriegsverbrecher und Aggressor Putin. Das hat allerdings nicht Annalena Baerbock gesagt, sondern der Oppositions-Außenexperte Roderich Kiesewetter.
Aber die Bundesregierung hat noch Zeit, ihren Fehler wettzumachen. Denn der Chefankläger Karim Khan hat die Haftbefehle bislang nur beantragt – erlassen sind sie noch nicht.