Sächsische Zeitung (Pirna Sebnitz)
Stadtratswahl Pirna: Bürgerinitiativen wollen Fernwärmepreis senken
Die Pirnaer Bürgerinitiativen gehen mit zwölf Bewerbern und einem neuen Spitzenkandidaten in die Wahl. Inhaltlich gibt es klare Ziele.
In Pirna gab es einst mehrere kleinere Akteursgruppen, die sich für die Belange der Bürger einsetzten und vor allem darüber wachten, dass die finanzielle Abgabenlast die Pirnaer nicht erdrückt. Der Siedlerverein nahm sich der Probleme privater Grundstückseigentümer an, die „Bürgerinitiative für gerechtere Kommunalabgaben“zog seinerzeit gegen zu hohe Gebühren und Beiträge ins Feld, die „Bürgerinitiative Pirna-Süd“verfolgte ähnliche Ziele, der „Verband für Bürgerinteressen“kämpfte vordergründig gegen zu hohe Wasser- und Abwasserpreise.
2004, vor 20 Jahren, beendeten die Initiativen ihr Einzelkämpferdasein und schlossen sich zu der Wählervereinigung „Pirnaer Bürgerinitiativen“(PB) zusammen – mit dem Ziel, künftig Stadträte zu stellen, mitzuentscheiden und auf diese Weise den Einwohnern wieder mehr Gehör im Rathaus zu verschaffen. Seither sind die PB fester Bestandteil im Kommunalparlament. 2004 zogen mit Wolfgang Heinrich und Peter Tränkner die ersten beiden PB-Abgeordneten in den Stadtrat, seither ist die Wählervereinigung dort ununterbrochen vertreten. Aktuell haben die PB mit André Kurth und Walter Matzke zwei Mandate inne, als Fraktion sind sie zu dritt, weil der für „Pirna kann mehr“nachgerückte Daniel Szenes sich der Fraktion anschloss – und nun auch für PB kandidiert.
Die PB, sagt Spitzenkandidat Ronny Kürschner, sei eine Vereinigung, die keine finanziellen Interessen habe und aus Stadtratsentscheidungen keine persönlichen Vorteile ziehen wolle. Man sei parteiunabhängig und bilde mit den Kandidaten einen Großteil der Stadtgesellschaft ab, es gebe grundsätzlich gegenüber niemandem Brandmauern. „Wir wollen gewählt werden, um die Stadt lebenswert zu machen“, sagt er. Dafür gehen zwölf Kandidaten ins Rennen. Die Sächsische Zeitung gibt einen Überblick.
Der Spitzenkandidat
Als PB-Spitzenkandidat tritt diesmal Ronny Kürschner an, er kandidierte bereits 2019 für den Stadtrat, wurde aber vor fünf Jahren nicht gewählt. Kommunalpolitisch engagiert sich der 44-Jährige schon länger. Er war früher Mitglied der Wählervereinigung „Pirna kann mehr“, die er aber gemeinsam mit André Kurth 2018 im Streit verließ. Darüber hinaus ist Kürschner ehrenamtlich aktiv, so als Vorsitzender des Vereins „Pirna in Aktion“(PiA), der früher den Pirnaer Osterzauber und das Pirnaer Weinfest organisierte. Auch leitet er seit 20 Jahren einen Garagenverein auf dem Sonnenstein. Beruflich arbeitet der studierte Eventmanager als ebensolcher.
Für seine Kandidatur motiviert ihn, so sagt er, dass er gern Dinge für Pirna und die Pirnaer verändern möchte. Anders als in seinem Vereins-Engagement könne man als Stadtrat mehr bewirken und sich in den Ausschüssen stärker und aktiver einbringen. „Ich möchte Prozessen zu Ergebnissen verhelfen, das geht am besten in der Rolle eines Entscheiders“, sagt Kürschner. Konzentrieren möchte er sich dabei vor allem auf das Thema Kultur – aber nicht nur.
Das Personal
Auf der Liste der PB stehen zwölf Kandidaten – zwei Frauen und zehn Männer. Die Altersspanne reicht von 19 bis 82 Jahre, unter den Bewerbern sind einige bekannte Namen. Hinter Kürschner folgen die derzeitigen Stadträte Daniel Szenes und André Kurth. Auf Platz vier steht Thomas Pietzsch, der früher auch einmal in der Wählervereinigung „Pirna kann mehr“aktiv war. Mit Tilo Keil ist ein Kandidat aus dem Ortsteil Neundorf vertreten, das ist den PB besonders wichtig. Neundorf gilt als einer der eher vergessenen Ortsteile, weil Pirna dort seit Jahren mehrere Projekte plant, aus denen bislang allerdings nichts geworden ist.
Mit Christian Tinius steht ein bekannter Vertreter des Siedlervereins auf der Liste, Walter Matzke, Inhaber des Gasthofs Obervogelgesang, tritt erneut an. Eine Besonderheit: Ins Rennen geht auch ein Geschwister-Paar – Charlotte Rühle und Johannes Volker Rühle, die Kinder des früheren CDU-Stadtrates Volker Rühle. Mit 19 Jahren ist die Auszubildende Josefine Marina Szenes die jüngste Kandidatin, ihr folgt PB-Urgestein Peter Tränkner, inzwischen 82.
Die Ziele
Die PB wollen bei der Wahl am 9. Juni fünf Mandate erringen, Kürschner hält dieses Ziel für realistisch. Die PB hätten durchaus ein Wählerpotenzial in dieser Größenordnung. „Wir können den Bürgern ein gutes Angebot machen, entscheiden müssen es letztlich die Wähler“, sagt der Spitzenkandidat. Ziel sei es, die Unabhängigkeit hervorzuheben und auszuspielen. So könnten die PB möglicherweise von der Partei- und Politikverdrossenheit vieler Menschen profitieren.
Inhaltlich ist eines der Hauptziele, vor allem den Fernwärmepreis, aber auch andere Energiekosten auf ein niedrigeres und für viele bezahlbares Niveau zu senken. „Momentan ist der Fernwärmepreis viel zu hoch, das belastet viele Familien finanziell sehr“, sagt Szenes. Stiegen die Nebenkosten weiter, bestehe die Gefahr, dass dann die großen Stadtteile wie Copitz-West und Sonnenstein vorrangig von Menschen bewohnt werden, die auf finanzielle Hilfen angewiesen sind. Das sei aber laut Szenes nicht gut für das soziale Gefüge in der Stadt. Daher streben die PB einen Sitz im Stadtwerke-Aufsichtsrat an, um an der Preisgestaltung mitarbeiten zu können. Darüber hinaus wollen sich die PB dafür einsetzen, dass die noch vorhandenen Garagenhöfe in Pirna erhalten sowie die Miete oder Pacht dafür bezahlbar bleiben.
Die Schwerpunkte
Grundsätzlich halten es die PB für wichtig, weiter Betriebe in Pirna anzusiedeln, aber nicht auf Biegen und Brechen. Das größte Projekt dafür, den Industriepark Oberelbe (IPO), wollen sie nicht grundsätzlich stoppen – es allerdings nur weiter unterstützen, wenn der IPO nachweisbar Ertrag bringt – in Gestalt von Unternehmen, die hier investieren, Arbeitsplätze schaffen und in Pirna Gewerbesteuer zahlen.
Zudem wollen die PB die Altstadt besucherfreundlicher gestalten. Dazu gehört laut Kürschner, mit dem Auto anreisende Gäste konsequent in die Parkhäuser zu lotsen, die vorhandenen Parkplätze in der Altstadt sollen vorrangig den Anwohnern vorbehalten sein. Um die Altstadt attraktiver zu machen, schwebt den PB ein EinkaufsBringdienst vor. Wer etwas in der Altstadt kauft, dann aber noch andere Wege erledigen oder etwas essen gehen möchte, kann die Ware vorerst im Laden lassen, sie muss nicht herumgeschleppt werden. Sämtliche Einkäufe werden dann – beispielsweise per Lastenrad – zu einem zentralen Ort wie dem Busbahnhof gebracht, wo sich die Kunden das Gekaufte nach dem Besuch abholen können. Ebenso fordern die PB eine sogenannte Brötchentaste an den Parkautomaten – eine zehn oder 15 Minuten lange kostenlose Parkzeit, um schnelle Wege im Zentrum zu erledigen.