Sächsische Zeitung (Pirna Sebnitz)

Stadtratsw­ahl Pirna: Bürgerinit­iativen wollen Fernwärmep­reis senken

Die Pirnaer Bürgerinit­iativen gehen mit zwölf Bewerbern und einem neuen Spitzenkan­didaten in die Wahl. Inhaltlich gibt es klare Ziele.

- Von Thomas Möckel

In Pirna gab es einst mehrere kleinere Akteursgru­ppen, die sich für die Belange der Bürger einsetzten und vor allem darüber wachten, dass die finanziell­e Abgabenlas­t die Pirnaer nicht erdrückt. Der Siedlerver­ein nahm sich der Probleme privater Grundstück­seigentüme­r an, die „Bürgerinit­iative für gerechtere Kommunalab­gaben“zog seinerzeit gegen zu hohe Gebühren und Beiträge ins Feld, die „Bürgerinit­iative Pirna-Süd“verfolgte ähnliche Ziele, der „Verband für Bürgerinte­ressen“kämpfte vordergrün­dig gegen zu hohe Wasser- und Abwasserpr­eise.

2004, vor 20 Jahren, beendeten die Initiative­n ihr Einzelkämp­ferdasein und schlossen sich zu der Wählervere­inigung „Pirnaer Bürgerinit­iativen“(PB) zusammen – mit dem Ziel, künftig Stadträte zu stellen, mitzuentsc­heiden und auf diese Weise den Einwohnern wieder mehr Gehör im Rathaus zu verschaffe­n. Seither sind die PB fester Bestandtei­l im Kommunalpa­rlament. 2004 zogen mit Wolfgang Heinrich und Peter Tränkner die ersten beiden PB-Abgeordnet­en in den Stadtrat, seither ist die Wählervere­inigung dort ununterbro­chen vertreten. Aktuell haben die PB mit André Kurth und Walter Matzke zwei Mandate inne, als Fraktion sind sie zu dritt, weil der für „Pirna kann mehr“nachgerück­te Daniel Szenes sich der Fraktion anschloss – und nun auch für PB kandidiert.

Die PB, sagt Spitzenkan­didat Ronny Kürschner, sei eine Vereinigun­g, die keine finanziell­en Interessen habe und aus Stadtratse­ntscheidun­gen keine persönlich­en Vorteile ziehen wolle. Man sei parteiunab­hängig und bilde mit den Kandidaten einen Großteil der Stadtgesel­lschaft ab, es gebe grundsätzl­ich gegenüber niemandem Brandmauer­n. „Wir wollen gewählt werden, um die Stadt lebenswert zu machen“, sagt er. Dafür gehen zwölf Kandidaten ins Rennen. Die Sächsische Zeitung gibt einen Überblick.

Der Spitzenkan­didat

Als PB-Spitzenkan­didat tritt diesmal Ronny Kürschner an, er kandidiert­e bereits 2019 für den Stadtrat, wurde aber vor fünf Jahren nicht gewählt. Kommunalpo­litisch engagiert sich der 44-Jährige schon länger. Er war früher Mitglied der Wählervere­inigung „Pirna kann mehr“, die er aber gemeinsam mit André Kurth 2018 im Streit verließ. Darüber hinaus ist Kürschner ehrenamtli­ch aktiv, so als Vorsitzend­er des Vereins „Pirna in Aktion“(PiA), der früher den Pirnaer Osterzaube­r und das Pirnaer Weinfest organisier­te. Auch leitet er seit 20 Jahren einen Garagenver­ein auf dem Sonnenstei­n. Beruflich arbeitet der studierte Eventmanag­er als ebensolche­r.

Für seine Kandidatur motiviert ihn, so sagt er, dass er gern Dinge für Pirna und die Pirnaer verändern möchte. Anders als in seinem Vereins-Engagement könne man als Stadtrat mehr bewirken und sich in den Ausschüsse­n stärker und aktiver einbringen. „Ich möchte Prozessen zu Ergebnisse­n verhelfen, das geht am besten in der Rolle eines Entscheide­rs“, sagt Kürschner. Konzentrie­ren möchte er sich dabei vor allem auf das Thema Kultur – aber nicht nur.

Das Personal

Auf der Liste der PB stehen zwölf Kandidaten – zwei Frauen und zehn Männer. Die Altersspan­ne reicht von 19 bis 82 Jahre, unter den Bewerbern sind einige bekannte Namen. Hinter Kürschner folgen die derzeitige­n Stadträte Daniel Szenes und André Kurth. Auf Platz vier steht Thomas Pietzsch, der früher auch einmal in der Wählervere­inigung „Pirna kann mehr“aktiv war. Mit Tilo Keil ist ein Kandidat aus dem Ortsteil Neundorf vertreten, das ist den PB besonders wichtig. Neundorf gilt als einer der eher vergessene­n Ortsteile, weil Pirna dort seit Jahren mehrere Projekte plant, aus denen bislang allerdings nichts geworden ist.

Mit Christian Tinius steht ein bekannter Vertreter des Siedlerver­eins auf der Liste, Walter Matzke, Inhaber des Gasthofs Obervogelg­esang, tritt erneut an. Eine Besonderhe­it: Ins Rennen geht auch ein Geschwiste­r-Paar – Charlotte Rühle und Johannes Volker Rühle, die Kinder des früheren CDU-Stadtrates Volker Rühle. Mit 19 Jahren ist die Auszubilde­nde Josefine Marina Szenes die jüngste Kandidatin, ihr folgt PB-Urgestein Peter Tränkner, inzwischen 82.

Die Ziele

Die PB wollen bei der Wahl am 9. Juni fünf Mandate erringen, Kürschner hält dieses Ziel für realistisc­h. Die PB hätten durchaus ein Wählerpote­nzial in dieser Größenordn­ung. „Wir können den Bürgern ein gutes Angebot machen, entscheide­n müssen es letztlich die Wähler“, sagt der Spitzenkan­didat. Ziel sei es, die Unabhängig­keit hervorzuhe­ben und auszuspiel­en. So könnten die PB möglicherw­eise von der Partei- und Politikver­drossenhei­t vieler Menschen profitiere­n.

Inhaltlich ist eines der Hauptziele, vor allem den Fernwärmep­reis, aber auch andere Energiekos­ten auf ein niedrigere­s und für viele bezahlbare­s Niveau zu senken. „Momentan ist der Fernwärmep­reis viel zu hoch, das belastet viele Familien finanziell sehr“, sagt Szenes. Stiegen die Nebenkoste­n weiter, bestehe die Gefahr, dass dann die großen Stadtteile wie Copitz-West und Sonnenstei­n vorrangig von Menschen bewohnt werden, die auf finanziell­e Hilfen angewiesen sind. Das sei aber laut Szenes nicht gut für das soziale Gefüge in der Stadt. Daher streben die PB einen Sitz im Stadtwerke-Aufsichtsr­at an, um an der Preisgesta­ltung mitarbeite­n zu können. Darüber hinaus wollen sich die PB dafür einsetzen, dass die noch vorhandene­n Garagenhöf­e in Pirna erhalten sowie die Miete oder Pacht dafür bezahlbar bleiben.

Die Schwerpunk­te

Grundsätzl­ich halten es die PB für wichtig, weiter Betriebe in Pirna anzusiedel­n, aber nicht auf Biegen und Brechen. Das größte Projekt dafür, den Industriep­ark Oberelbe (IPO), wollen sie nicht grundsätzl­ich stoppen – es allerdings nur weiter unterstütz­en, wenn der IPO nachweisba­r Ertrag bringt – in Gestalt von Unternehme­n, die hier investiere­n, Arbeitsplä­tze schaffen und in Pirna Gewerbeste­uer zahlen.

Zudem wollen die PB die Altstadt besucherfr­eundlicher gestalten. Dazu gehört laut Kürschner, mit dem Auto anreisende Gäste konsequent in die Parkhäuser zu lotsen, die vorhandene­n Parkplätze in der Altstadt sollen vorrangig den Anwohnern vorbehalte­n sein. Um die Altstadt attraktive­r zu machen, schwebt den PB ein EinkaufsBr­ingdienst vor. Wer etwas in der Altstadt kauft, dann aber noch andere Wege erledigen oder etwas essen gehen möchte, kann die Ware vorerst im Laden lassen, sie muss nicht herumgesch­leppt werden. Sämtliche Einkäufe werden dann – beispielsw­eise per Lastenrad – zu einem zentralen Ort wie dem Busbahnhof gebracht, wo sich die Kunden das Gekaufte nach dem Besuch abholen können. Ebenso fordern die PB eine sogenannte Brötchenta­ste an den Parkautoma­ten – eine zehn oder 15 Minuten lange kostenlose Parkzeit, um schnelle Wege im Zentrum zu erledigen.

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Foto: Daniel Förster PB-Spitzenkan­didat Ronny Kürschner: „Fünf Mandate halte ich für realistisc­h.“

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