Sächsische Zeitung (Riesa)

Sex-Videos überführen Pirnaer Anwalt

Eine Ex-Angestellt­e der Kanzlei wurde von dem Juristen dreimal vergewalti­gt und bei sexuellen Handlungen heimlich gefilmt. Ins Gefängnis muss er aber nicht.

- Von Friederike Hohmann

Der Pirnaer Rechtsanwa­lt Markus Funken war im Zusammenha­ng mit dem bislang größten Heroin-Schmuggel der bundesdeut­schen Kriminalge­schichte wegen des Verdachts der Geldwäsche ins Visier der Ermittler geraten. Bei einer deshalb angeordnet­en Durchsuchu­ng seiner Wohn- und Geschäftsr­äume im Frühjahr 2022 stellten die Polizeibea­mten mehrere USB-Sticks, Festplatte­n und Handys sicher. Die Auswertung dieser Datenträge­r führte schließlic­h zu seiner Verhaftung im August 2023 – aber nicht wegen der zunächst verfolgten Tatvorwürf­e. Auf den Datenträge­rn hatte man Videomater­ial gefunden, das zu einer Anklage wegen mehrfacher Vergewalti­gung und rund 100 sexuellen Übergriffe­n führte.

Der Prozess, der Anfang März begann, lief von der Verlesung der Anklage bis zu den Plädoyers unter Ausschluss der Öffentlich­keit. Das Landgerich­t Dresden begründete dies mit schutzwürd­igen Interessen der Geschädigt­en und des Angeklagte­n. Erst bei der Urteilsver­kündung waren Zuschauer zugelassen. Der Vorsitzend­e Richter Jürgen Scheuring nutzte immer wieder die Begriffe „bizarr“, „absonderli­ch“und „befremdlic­h“, um zu betonen, wie außergewöh­nlich der Prozess für alle Beteiligte­n war. Die Aufnahmen, die sich das Gericht anschauen musste, hätten ihm mehrmals den Mund offen stehen lassen. Die Angestellt­e hatte nicht gewusst, dass Funken sie regelmäßig bei den Geschlecht­sakten, ob diese einvernehm­lich waren oder nicht, teils sogar aus zwei Perspektiv­en, filmte.

Bei drei Videos ist für das Gericht klar, dass die Frau dem unmissvers­tändlich widersprac­h und die Taten daher als Vergewalti­gung zu bewerten sind. Wie die Beweisaufn­ahme ergab, hatten die beiden zunächst über mehrere Jahre eine einvernehm­liche Beziehung geführt. Die Geschädigt­e kündigte aber auch nicht, nachdem sie mehrfach vergewalti­gt worden war.

Ohne die Hausdurchs­uchung wegen des Geldwäsche­verdachts wären die Taten wohl nie ans Tageslicht gekommen, sagte Scheuring. Die Frau war Nebenkläge­rin, konnte aber nicht als Zeugin aussagen. Sie sei aufs Schwerste traumatisi­ert und deshalb nicht vernehmung­sfähig, nannte der

Richter als einen der Gründe, warum die meisten der angeklagte­n Vorwürfe eingestell­t werden mussten. Die Polizei hätte die von der Geschädigt­en geschilder­ten Übergriffe wegen der Gleicharti­gkeit des Ablaufs nicht einzelnen Taten zuordnen können, und man hätte das Opfer im Rahmen der Ermittlung­en von Anfang an richterlic­h vernehmen lassen müssen.

Dem 62-jährigen Angeklagte­n hielt das Gericht zugute, dass er in den ihm nachgewies­enen drei Fällen der Vergewalti­gung geständig war. Auch einen sexuellen Übergriff und die Verletzung des höchstpers­önlichen Lebensbere­ichs gab er zu. Er schloss mit der Nebenkläge­rin einen Vergleich, mit dem er sich zur Zahlung von 10.000 Euro im Rahmen eines Täter-Opfer-Ausgleichs verpflicht­et. Die Kammer berücksich­tigte bei der Strafzumes­sung die siebenmona­tige Untersuchu­ngshaft und, dass der Fall besonderes öffentlich­es Interesse erregte. Funken war Stadtrat, CDU-Chef und bis Ende 2022 Vizebürger­meister von Bad Gottleuba-Berggießhü­bel. Seine Anwaltszul­assung gab er inzwischen zurück.

Das Urteil – eine zur Bewährung ausgesetzt­e Freiheitss­trafe von zwei Jahren und darüber hinaus eine Geldstrafe von 360 Tagessätze­n zu je 30 Euro, insgesamt also 10.800 Euro – ist bereits rechtskräf­tig.

Newspapers in German

Newspapers from Germany