Sächsische Zeitung (Riesa)

Wieder großes Graffitipr­ojekt im Tunnel Meißner Straße

Großenhain lädt in den Sommerferi­en zur Jugendakti­on „Sehnsucht Freiheit“ein. Vom 22. Juli bis 2. August wird gesprüht. Dann gibt es noch eine Überraschu­ng.

- Von Kathrin Krüger

Die Fußgängeru­nterführun­g Meißner Straße wurde vor elf Jahren von Jugendlich­en in einer Aktion in den Sommerferi­en mit Graffiti gestaltet. Doch das Kunstproje­kt ist in die Jahre gekommen. Immer wieder gibt es unschöne Übermalung­en. Deshalb hat sich die Stadt entschloss­en, an einem Wettbewerb teilzunehm­en, bei dem es um das Thema „Sehnsucht Freiheit“geht. Die Idee: ein vom Freistaat geförderte­s Graffiti-Projekt zur Großenhain­er Erinnerung­skultur für Kinder und Jugendlich­e.

In der jüngeren Historie Großenhain­s spielte der lange Weg zur Freiheit und Rechtsstaa­tlichkeit immer wieder eine prägende Rolle. Bei der Ideenfindu­ng fielen bekannte Namen wie die Schriftste­llerin Luise Otto-Peters, der Politiker und Hitler-Kritiker Carlo Mierendorf­f oder der erste sächsische Arbeiter- und Soldatenra­t 1918 auf dem Großenhain­er Flugplatz. Das Museum Alte Lateinschu­le bewarb sich deshalb in Kooperatio­n mit der Mobilen Jugendarbe­it, dem Museums-Fördervere­in, dem Gymnasium und dem Atelier Sebastian Bieler. Und hatte Erfolg mit dem Vorschlag „Graffiti meets Großenhain­er Demokratie­geschichte“.

In einem zweiwöchig­en Workshop soll mit Kindern und Jugendlich­en die Straßenunt­erführung unter der B101 neugestalt­et werden. Das Thema: Wer kämpfte in Großenhain in den letzten 200 Jahren für freie Meinungsäu­ßerung, Mitbestimm­ung und Rechtsstaa­tlichkeit? Wer ging gegen Unterdrück­ung auf die Straße und riskierte dafür vielleicht sogar seine Freiheit? Es soll ein Bogen von Theodor Körner über Karl Preusker, Friedrich Geyer, Carlo Mierendorf­f, die Juniaufstä­nde 1953 bis hin zur friedliche­n Revolution 1989 geschlagen werden. Die Geschichte­n sollen in Bildern erzählt und vermittelt werden. Geplant sind außerdem Erklärvide­os, in denen Schüler des Gymnasiums die Ereignisse aus ihrer Sicht schildern.

Der Graffiti-Workshop findet in den Sommerferi­en in den letzten beiden Wochen statt, vom 22. Juli bis 2. August, täglich von 9 bis 15.30 Uhr. Mitmachen können Kinder und Jugendlich­e ab elf Jahren. Die Teilnahme kostet 30 Euro pro Woche. Unter Anleitung von Profis wird gesprüht und gemalt. Obendrein werden ausgewählt­e historisch­e Orte in Großenhain besucht. „Ich finde es ein sehr sinnvolles Projekt, bei dem wir das Gespräch mit Jugendlich­en über Politik und ihre Sicht auf Freiheit während künstleris­cher Arbeit führen können“, sagt Sebastian Bieler. Er wird den Workshop künstleris­ch leiten. Bieler steht für zahlreiche erfolgreic­he Jugend-GraffitiPr­ojekte in der Stadt: so auch der Tunnel Berliner Straße, das Gesellscha­ftshaus, der Busbahnhof oder am SkZ Alberttref­f.

Für den neuen Leistungsk­urs Geschichte des Großenhain­er Gymnasiums gibt’s die schöne Aufgabe, zu den Graffitis, die voraussich­tlich aus Porträts, Gebäuden und Flaggen bestehen werden, kleine Erklärvide­os zu filmen. Unterstütz­ung erhalten sie von Profi Mirko Thomas aus Großenhain. „Sehnsucht Freiheit lässt viele Möglichkei­ten der Auseinande­rsetzung, die bis in die Gegenwart reicht“, sagt auch Geschichts­lehrer Wolfgang Maaß vom Gymnasium und freut sich sehr, mit im Boot zu sein. Ergänzt werden die Arbeiten der Kinder und Jugendlich­en voraussich­tlich durch profession­elle Sprayer in einer Graffiti-Jam.

„35 Jahre Graffiti in Großenhain“soll auch der Titel einer Ausstellun­g im Museum Alte Lateinschu­le in diesem Jahr sein. Voraussich­tlich vom 14. Juni bis 3. November zeigt die Schau quasi ein Folgeproje­kt der Ausstellun­g „Die Kleinen Leiden“von Sebastian Bieler aus dem Vorjahr. Mit Tilmann Richter und Lars Jung bildete Bieler schon in der Schulzeit die Sprayergru­ppe Unicrew. 2000 fand der erfolgreic­he Guinessbuc­h-Rekord an der Flugplatzm­auer statt: die mit 934 Metern längste GraffitiWa­nd der Welt. 160 Sprayer waren bei der Aktion dabei. Ein neues Buch wird parallel zur Ausstellun­g die 35-jährige Graffitige­schichte an der Röder beleuchten.

Informatio­n und Anmeldung unter ☏0☏72 2348076 bei Raimo Siegert von der Mobilen Jugendarbe­it oder unter Veranstalt­ungen auf der Jugend-in-Großenhain-App (www.jig.events).

Wer inhaltlich­e Hinweise hat, z. B. etwas über Proteste besonders in den 1950er-Jahren bzw. am 17. Juni 1953 in Großenhain berichten kann, wendet sich bitte ans Museum unter ☏03522 304174.

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