Zwei Brüder erobern Deutschlands Kartbahnen
Marcel und Janik Axmann aus Oberau bei Meißen sind Sachsens erfolgreichste Brüder im Kartsport, und sie haben ein gemeinsames Ziel.
Wenn Marcel und Janik Axmann in ihr Kart steigen, dann sind sie in ihrem Element. Mit mehr als 100 Kilometer pro Stunde drehen die Brüder ihre Runden und das in einem Gefährt, das nur reichlich zwei Zentimeter über dem Boden aufsitzt. Federung? Fehlanzeige. „Manche verstehen gar nicht so richtig, was wir da machen“, erzählt Janik Axmann. Der 16-Jährige hat das Kart von seinem Opa übernommen. Dieser hatte leider nicht mehr erlebt, wie Janik dann mit neun Jahren sein erstes Rennen bestritt, stolz wäre er aber allemal auf seine Enkel gewesen.
Der Motorsport hat Tradition in der Familie. Nach dem Opa fuhr auch Papa Sven Axmann Kart. Dutzende Pokale in der heimischen Garage in Oberau bei Meißen erinnern an diese Zeit. Nun sind die Söhne an der Reihe. „Sie leben dafür“, sagt er. Regelmäßig fährt er mit den Jungs zu Kartbahnen in Lohsa oder in die Nähe von Glauchau. Das Training zahlt sich aus. Beide sind mehrmalige Sachsenmeister, teilweise mit 15 Sekunden vor der Konkurrenz. „Das ist im Motorsport eine Welt“, sagt Vater Axmann stolz.
Mittlerweile starten seine Söhne deutschlandweit auf der Langstrecke. Marcel Axmann feierte im vergangenen Jahr seinen größten Erfolg mit einem Sieg bei einem 24-Stunden-Rennen in der mittleren Kategorie bei den German Team Championship (GTC), in der auch der Dresdner DTM-Pilot Maximilian Paul startete. Diese Saison fährt Marcel in der höchsten Kategorie und hat dort zum Saisonstart Ende April in Belleben mit seinem Team den vierten Platz erreicht. Auch sein jüngerer Bruder trainiert bereits in der höchsten Klasse der GTC. Alle paar Wochen brechen die Axmanns dann zu Rennen auf. Meist sind sie schon donnerstags unterwegs, denn die Kartbahnen sind in ganz Deutschland verteilt. Die Schule von Janik macht ab und an eine Ausnahme, da die Noten des Zehntklässlers stimmen. Sein Bruder Marcel studiert an der Technischen Universität in Dresden Maschinenbau mit Richtung Fahrzeugtechnik. Das kann ihm auch für sein Hobby nützlich sein.
Denn, wer im Kartsport gewinnen will, muss nicht nur Kraft und Reaktionsvermögen mitbringen, sondern auch ein leistungsfähiges Gefährt haben. Immer wieder sind kleinere oder größere Reparaturen nötig. Ein Rennteam investiert gemeinsam etwa 25.000 bis 30.000 Euro im Jahr, schätzt Sven Axmann. „Das ist viel Geld, um einfach nur im Kreis zu fahren“, sagt Marcel.
Jeder Euro, den er durch einen Nebenjob in einer Autovermietung verdient, fließt in sein Hobby. Der Sport ist zweifelsohne ein teurer, der nur von denen durchgezogen wird, die wirklich dafür brennen. Denn Preisgelder gibt es keine, die Teilnehmenden sind auf Sponsoren angewiesen. „Andere hätten schon längst aufgehört“, sagt Marcel.
Doch der Oberauer hat ein Ziel vor Augen. Die Deutsche Meisterschaft ist sein Traum, am liebsten will er gemeinsam mit seinem Bruder in einem Team starten. „Wir fühlen uns wohler im Team“, sagt der 21-Jährige. „Man pusht sich gegenseitig“. Marcel liebt es, sich eine Taktik auszudenken und beispielsweise zu überlegen, wann der beste Zeitpunkt für einen Boxenstopp ist. Schon Wochen vor den Rennen analysiert er die Zeiten der Safety-Cars. Der Student ist ein echter Perfektionist, was ihm schon oft geholfen hat. Denn nur, wer über mehrere Stunden die Konzentration aufrechterhält, ist vorn dabei. Dem kleinen Bruder imponiert das. „Ich habe schon von Marcel seiner Erfahrung profitiert“, sagt Janik, der nebenbei noch Gitarre spielt. Auch Marcel nimmt sich Zeit für einen Ausgleich zum Kartsport und geht Tischtennis spielen. „Die beiden sind immer ein Herz und eine Seele“, freut sich Vater Sven, was die Jungs nur bestätigen können. Sie helfen sich, teilen sich einen Computer und: „Wir denken dasselbe“, sagt Janik.
Die beiden können nicht nur auf die Unterstützung des anderen setzen, sondern auch auf ihre Eltern. „Sonst könnte man das nicht so intensiv betreiben“, sagt Marcel. Wenn ein Rennen ansteht, sind Sven und Katrin Axmann immer mit dabei. Dann fahren sie gemeinsam mit dem Wohnwagen nach Karlsruhe, Templin oder Belleben. Während Sven Axmann am Kart tüftelt, hält seine Frau die Rennen in Bildern fest.
Mittlerweile kennen sich die Familien der Teammitglieder, sodass ein Wettkampfwochenende auch immer eine Art Kurzurlaub mit alten Bekannten ist. Passenderweise trägt die Rennserie den Beinamen „Willkommen bei Freunden“. „14 Tage Urlaub ohne Kart hat meine Frau aber eingefordert“, sagt Sven Axmann und lacht. Angst um ihre Kinder haben die Eltern nicht. Bis auf einen Ausrutscher auf einer Ölspur sei Marcel und Janik noch nie etwas passiert.
„Die Jungs fahren schnell, aber vorausschauend“, sagt Sven Axmann. Marcel und Janik sitzen seit ihrem sechsten Lebensjahr im Kart. Doch erst zwei, drei Jahre später, als der Vater das Okay gab, durften sie bei Rennen starten. Ihm ist die Sicherheit seiner Jungs wichtig. „Vati zieht auch immer noch dreimal die Schrauben nach“, beobachtet der jüngere Sohn. Erst dann gehen Janik und Marcel an den Start – den Sieg fest im Blick.