Festung Königstein bekommt Gemälde geschenkt, das es gar nicht geben dürfte
Maler Ernst Ferdinand Oehme hat 1830 die Festung gemalt. Nicht von außen, sondern von innen. Das war seinerzeit streng verboten – und gibt bis heute Rätsel auf.
Die Schatzkammer der Festung Königstein ist um eine Rarität reicher. Zumindest, wenn es um Kunstschätze geht. Ein fast 200 Jahre altes Gemälde des deutschen Malers Ernst Ferdinand Oehme (1797-1855) darf die Festung ab sofort ihr Eigen nennen. Dabei handelt es sich um eine „Ansicht der großen Kaserne auf der Festung Königstein“, die 1830 von Oehme gemalt wurde. Und genau das macht das Bild so besonders.
Der Maler der deutschen Romantik hat sich die heutige Alte Kaserne, das vermutlich älteste erhaltene Kasernengebäude in Deutschland, als Motiv ausgesucht. Darauf zu sehen ist eine von Weinlaub umrankte Pergola, darunter sitzt eine strickende Frau in Biedermeiertracht. Davor erstreckt sich ein sommerlicher Garten. Ein gewöhnliches Bild, könnte mancher Kunstbanause denken.
Doch weit gefehlt. Ernst Ferdinand Oehme, ein Schüler des bekannten Malers Caspar David Friedrich, hätte dieses Gemälde offiziell nie malen dürfen. Der Grund: Die Festung Königstein wurde Anfang des 19. Jahrhunderts noch militärisch genutzt. Aus Gründen der militärischen Geheimhaltung durften innenliegende Gebäude nicht gemalt werden. „Das Bild zeigt die Bergfestung, als man sie noch nicht sehen durfte“, sagt Festungschef André Thieme. Innenansichten aus dieser Zeit seien äußerst selten. Deshalb habe das Gemälde einen außergewöhnlichen Wert. Auch als Zeitdokument, denn es zeigt detailreich den damaligen Zustand der Alten Kaserne und im Hintergrund das unter August dem Starken erbaute Neue Garnisonshaus, das heute nicht mehr existiert.
Bis heute ist es ein Rätsel, wie es der Maler geschafft hat, auf dem Königstein zu Stift und Zettel oder gar Pinsel und Staffelei gegriffen zu haben - obwohl es streng verboten war. Oehmes Freund, der Maler Caspar David Friedrich, bekam seinerzeit eine gesonderte Genehmigung, um in der Sächsischen Schweiz malen zu können. Davon ausgenommen war die Festung Königstein. Wenn er es doch getan hätte, wäre seine Genehmigung passé gewesen.
Die Festung hat das auf Papier und Pappe gemalte Bild am Dienstag geschenkt bekommen. „Ein völlig unverhofftes Geschenk“, wie Thieme sagt. Das Werk befand sich zuletzt in Privatbesitz. Es stammt aus der Sammlung von Fritz Busche (18901964) aus Nordrhein-Westfalen. Busche sammelte zwischen 1949 und bis zu seinem Tod bedeutende Werke der Malerei der Romantik und des Realismus, darunter Bilder von Caspar David Friedrich oder Carl Gustav Carus. Etwa 500 Stücke gehören zu seiner umfangreichen Sammlung, die Hälfte davon sind Gemälde, der andere Teil
Zeichnungen und Aquarelle. „Mein Großvater hat mit den Bildern gelebt“, sagt Christoph Großpietsch, ein Enkel von Fritz Busche. Er ist froh, dass das Kunstwerk nach fast 200 Jahren wieder zurück an den Ort kommt, wo es entstanden ist - die Festung Königstein. Anlässlich des 60. Todestages seines Großvaters sei es ein ausdrücklicher Wunsch der Familie gewesen, es der Festung zu schenken. Und auch, dass das Bild auf dem Königstein öffentlich zugänglich gemacht wird.
Ein Wunsch, dem Festungskommandant André Thieme und sein Team gern nachkommen. Noch dazu, weil das Oehme-Gemälde in die neue Sonderausstellung passt, die am 15. Juni eröffnet wird. Unter dem Titel „Entlang der Elbe - Das Alte Sachsen in Gemälden“befasst sich diese mit Bildern genau aus dieser Zeit. Auch diese Sonderschau ist dank einer Schenkung zustande gekommen. Dafür gesorgt hat der Dresdner Kunstsammler und -fanatiker Wolfgang Donath. Er hat sein Leben lang wertvolle Kunst gesammelt: nicht nur Gemälde, auch Porzellan, Uhren, Skulpturen und Möbel. An die 500 Exponate sind es, die Donath der Festung im vergangenen Jahr überlassen hat.
„Solche Schenkungen kommen äußerst selten vor“, sagt André Thieme. Dass sich innerhalb von zwei Jahren gleich zwei häufen, sei Zufall. Oder besser gesagt ein „Glücksfall“, wie es der Festungschef sagt.